Chapter Thirteen

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Good morning, good morning.

Heutiger Plan: Zimmer aufräumen. Mal schauen ob das was wird.

Bis dahin wünsche ich euch aber viel Spaß beim lesen!

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Dalia Sanderson

»❃«

Fesselnde, beängstigende Augenblicke

An manchen Tagen wird man wach, weil so viel Lärm um einen herum ist. Weil irgendeiner gegen irgendetwas rennt, Kinder auf der Straße schreien oder lachen oder weil es der Wecker ist, der einen unbarmherzig weckt.

An manch anderen Tagen allerdings ist es das komplette Gegenteil. Als ich kleiner war, habe ich mal ein Gespräch meiner Mutter mit einer ihrer Freundinnen belauscht. Die besagte Freundin ist zum zweiten Mal Mutter geworden und hat sich darüber amüsiert, dass sie die ersten Nächte nicht schlafen konnte, weil das Baby nicht geschlafen hat und dann konnte sie nicht schlafen, weil das Kind geschlafen hat. Sie musste sogar einmal nachschauen ob es noch atmet. Sie hat es Urängste genannt und dann darüber gelacht, als sei sie selbst verrückt. Damals konnte ich es nicht sonderlich verstehen, wie man denn aufwachen konnte, wenn es doch leise war, mit der Zeit allerdings versteht man irgendwie solche Dinge – ganz ohne ein Kind in der Nähe zu haben.

Und es scheint genau so ein Moment zu sein, als ich nichts wahrnehme. Keinen Atem, keinen Körper neben mir, keine Wärme. Aber ich spüre die Panik als der blitzende Gedanke durch mich hindurch rast, dass es das war. Das er einfach schon wieder abgehauen ist. Das ich es nicht geschafft habe. Das unsere Freundschaft versagt hat und das Lionel da alleine durchgehen möchte.

Ohne mich.

Meine Augen reißen sich augenblicklich auf und blicken auf eine verschleierte Gestalt, die direkt neben mir steht und ihre Arme unter dem Bettlaken ausstreckt. Der Schreck ersetzt die Panik und lässt mich so hastig auf Lionels freie Bettseite rutschen, dass mir selbst das Fluchen im Hals stecken bleibt.

"Lionel verdammt!" Meine nackten Füße berühren den kalten Boden, als er noch immer unwirsche Bewegungen und Anstalten macht auf mich zuzukommen. "Das ist nicht witzig, hör auf damit!" Trotz meines Rufes mischt sich ein Zucken um meinen Mundwinkel dazu. Ich hasse es zwar wenn er das macht, aber genau das war noch mein Wunsch vom Montag. Das er einfach wieder der kleine zehn Jährige ist, der mich nach jeder Übernachtung erschreckt hat. Und ich habe mich auch immer wieder erschrecken lassen.

"Dann musst du erst aufhören zu Grinsen." Zwanghaft versuche ich meine Lippen unten zu halten, als er das Bett umrundet hat, muss mich aber dahingehend geschlagen geben. "Kann ich nicht. Aber du musst dennoch aufhören." Als er nach rechts ausschlagen möchte, um mich mit seinen eingewickelten Armen zu erreichen, springe ich nach links und entwische ihm damit um ein Haar.

Als ein tosendes Brüllen seinen Mund entwischt, beginne ich kreischend zur Tür zu rennen und bereue es, dass ich nicht ins Bad gegangen bin, um mich dort in Sicherheit zu wiegen.

Sobald ich meine Zimmertür erreicht habe, um sie hastig aufzuziehen, stemmt sich seine Hand gegen das Holz und lässt mich nur wieder so sehr kreischen, dass es in seinem grollenden Lachen untergeht. Sein Arm wickelt sich um meinen Bauch, während seine andere Hand sich dran macht mich an meinen Rippen zu kitzeln. Meine Arme schlagen um mich, damit ich ihn irgendwie loswerden kann, aber er ist unbarmherzig in seiner Tortur. Selbst als ich mich von der Tür abstemme und damit der Sackgasse entkomme, hält er mich fest an sich gepresst. So sehr, dass ich spüren kann, wie sich das Bettlaken in seinen Füßen verfängt und wir zu Boden stürzen. Ich auf ihn und er auf den harten Boden, der selbst mir für einen Moment die Luft aus den Lungen saugt.

Sein ächzendes Stöhnen lässt mich augenblicklich umdrehen und das Bettlaken über seinen Kopf ziehen, wodurch sich seine Haare elektrisch aufladen. "Geht es dir gut?" Seine zusammengekniffenen Augen haben zwar etwas schmerzhaftes an sich, aber ich erkenne deutlich das Funkeln in ihnen, wodurch meine Mundwinkel wieder nach oben gleiten. "Passt schon." Erneut ein Ächzen als er seine Hand an seinen Hinterkopf hebt und über die Stelle streicht. "Das hast du verdient, das weißt du oder?" Seine Augen fixieren mich, ehe er seinen Finger so schnell erneut in meine Rippen stößt und mich so näher zu ihn zucken lässt. Mich so seinen Finger ausweichen lässt. Mich so meine Finger zur Stützte auf seine Brust ablegen lässt.

Mich die wulstige Narbe spüren lässt.

Mein Blick gleitet zu seiner Brust und lässt mich in dem leichten Licht, dass durch und unter den Gardinen schimmert, die Wunden erkennen. Mein Finger fährt über die Schnittwunde die von seinem Bauchnabel bis unter das Tattoo geht. Es ist als hätte er erst hier überhaupt angefangen sich zu wehren oder was auch immer er eben getan hat, dass er solch eine Wunde besitzt. Es ist als hätte er nicht gewollt, dass das Tattoo davon etwas abbekommt – das ich etwas davon abbekomme. Denn nichts anderes zeigt die Dahlie. Ihre Blüten sind schattiert, mächtig, elegant, während die geometrischen Zeichen sie einschließen und doch schauen einige Spitzen der einzelnen Blätter hinaus. Ich habe es geliebt, seitdem ich das erste Mal die Vorlage gesehen habe.

Die Wunde ist sicherlich schon einige Tage alt, da sich bereits eine neue Hautschicht darüber gelegt hat. Eine Hautschicht auf der sich eine Gänsehaut bildet, je länger mein Finger darüber fährt. Eine Hautschicht dessen Atem so flach geht, dass ich selbst nicht bemerke wie mir die Anspannung meinen eigenen nimmt.

Mein Finger gleitet weiter nach oben, bis zum Ende der Erhöhung und über das Tattoo. Ich möchte, nein falsch, ich kann meinen Blick nicht davon lösen, wie sich die Gänsehaut bildet und immer weiter gleitet – ganz gleich wie brennend sich meine Wangen anfühlen. Ganz gleich wie starr ich bin, es ist ... belebend. Elektrisierend. Beängstigend.

Meine Augen gleiten nach oben, als sich Finger unter mein Kinn legen und meinen Kopf anheben. Als sie über meine Wange gleiten und mir die Haare hinter mein Ohr streichen. Ein zitternder Stoß meines Atem verlässt meine Lippen, als ich seine Augen dabei beobachte wie sie Stück für Stück dunkler werden. Das helle Eis wird zu einem stürmischen Meer. So stürmisch, dass ich nicht weiß ob ich mich in das Auge begeben oder ganz weit, ganz schnell rennen sollte. Die röte kriecht meinen Hals hinunter bis zu meinem Dekolleté.

Und sie zerbricht als das Klopfen mich härter als davor auf dem Boden aufkommen lässt.

Ich springe augenblicklich auf und habe nicht einmal eine Ahnung wovor ich jetzt gerade Herzklopfen habe. Davor das jemand rein kommt, davor dass Lio mich anschaut, davor dass ich ihn anschaue? Mein Blick fixiert eisern die Tür, bis sie aufgeht und Helen uns skeptisch, gar amüsiert mustert.

"Ihr seid beide spät dran. Ich fahre gleich einkaufen – euer Frühstück steht sicher im Kühlschrank."

Alles was ich zustande bekomme ist ein nicken, als Lionel sich aufrichtet und ich aus dem Augenwinkel einen Bluterguss über sein Schulterblatt erkenne. Es kommt definitiv nicht von gerade. Sobald die Tür sich wieder schließt kehrt die Stille zurück – und damit auch irgendwie das Bewusstsein, dass das gerade absolut nicht freundschaftlich war.

"I-ich ..." Lios Stimme jagt einen weiteren Schauder durch mich durch. Sie ist rau, so rau und kratzend, dass er sich erst räuspert, bevor er weiterspricht. "Ich gehe nicht zur Schule – Harvey braucht mich heute." Erneut ein nicken von mir, ehe ich mich umdrehe und meinen Kleiderschrank ansteuere. "Ich werde erst morgen Abend wieder hier sein können."

Sobald ich ein weißes Shirt, meinen Schulrock, sowie passende Unterwäsche und eine dunkle Strumpfhose rausgesucht habe drehe ich mich ihm wieder zu. Sein Ellenbogen liegt auf der Matratze, da er noch immer auf dem Boden sitzt, dass Bettlaken um ihn herum ausgebreitet, während seine Augen auf mir liegen. Nachdenklich. Hart. Unnachgiebig. "Ich werde morgen nicht können." Erneute Röte übersteigt mich und lässt mich meinen Blick von seinem fragendem Gesicht abwenden. "Wieso–"

"Ich werde ausgehen. Mit Cohen."

»❃«

Phaha ... Überraschung!

Dalia hat ein Date ... und das besagte Date ist nicht Lionel.

Was glaubt ihr wie er darauf reagieren wird?

Und wie sie mit diesem kleinen Moment umgehen? Ignorieren oder besprechen?

Shattered HeartsWhere stories live. Discover now