Kapitel 13

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"Jay, schau mal was ich für dich gemalt habe." Mit einem bunten Blatt Papier kam Paul auf mich zugelaufen. Bei jedem Schritt wippten seine dunkelblonden Locken umher. Schneiden deine Eltern dir gar nicht die Haare?, überlegte ich, schob den Gedanken dann aber schnell beiseite, da es mich sowieso nichts anging.
"Oh, das sieht aber schön aus", lächelte ich, als er mir das Papier reichte. Ich setzte mich auf den nächsten Stuhl, nahm den Vierjährigen auf meinen Schoß und gemeinsam schauten wir auf das Bild.

"Ist das hier vorne ein Roboter?", fragte ich neugierig. Wieder wippten seine Locken auf und ab.
"Ja. Das bin ich und der Roboter daneben bist du."
"Ach, das sind zwei Roboter?" Für mich sah es so aus, als wäre es nur ein großer, doch als Paul mir das Bild erklärte, konnte ich alles erkennen. Er hatte uns beide gemalt, wie wir als Roboter auf einer Blumenwiese spielten.
"Das ist wirklich ein schönes Bild", lobte ich.
"Ich schenke es dir."
"Wirklich? Willst du es nicht lieber selbst behalten?" Ich lächelte den Kleinen an und er grinste zurück.
"Nein, ich kann doch ein neues malen. Das sollst du mit nach Hause nehmen." Er drückte mir das Papier in die Hand und ließ mir gar keine Chance, es ihm wiederzugeben.

"Na gut", gab ich nach. "Danke Paulchen, ich werde es mir aufheben." Begeistert sprang Paul von meinem Schoß und rannte zu Nele, die versuchte einen Turm aus unseren Holzbausteinen zu bauen.
"Nele, weißt du was?", hörte ich Paulchen erfreut rufen. "Jay hat versprochen, mein Bild aufzuheben. Das habe ich nur für sie gemalt."
"Toll", antwortete die Dreijährige konzentriert und versuchte dann einen großen Stein auf einen kleineren zu stapeln.
"Oh je", sagte ich noch, doch zu spät, denn der ganze Turm schwankte und fiel in sich zusammen.

Nele sah sehr traurig aus, fast so, als würde sie gleich weinen, doch Paul munterte sie sofort auf: "Nicht schlimm. Ich helfe dir, einen neuen Turm zu bauen." Ich wandte mich lächelnd ab. Genau wegen solchen Momenten liebte ich diesen Job.

Dann ging ich umher und beobachtete die anderen Kinder beim Spielen. Julia und Jasmin saßen mit Natalie auf unserem grünen Teppich - wegen der Farbe nannten wir ihn immer unsere Wiese.
"Los Tina! Amadeus ist doch bestimmt noch schneller", rief die eine.
"Amadeus ist das schnellste Pferd auf der Martins-Ranch", quietschte die andere. "Du gewinnst nur, weil du geschummelt hast. Du sollst doch nicht zaubern!" Offensichtlich spielten die drei Mädchen ein Wettreiten aus der Kinderserie "Bibi und Tina" nach. Ein Blick zu Christopher und Finn verriet mir, dass auch die beiden friedlich miteinander spielten.

Ich gesellte mich zu meiner Kollegin, die an einem Tisch abseits der Gruppe saß und Äpfel schnitt.
"Kann ich dir irgendwie helfen Verena?", fragte ich freundlich. Sie lächelte dankbar. "Die Kinder sind heute alle so lieb", merkte ich an, als ich mir einen Teller holen wollte, um Mandarinen zu pellen. Doch wie auf Stichwort hörte ich das Brüllen eines Kindes. Seufzend stellte ich den Teller beiseite und ging zu Nele und Paul. Vor ihnen lag ein riesiger Berg Bausteine und daneben stand Lukas.

"Was ist denn hier los?", fragte ich streng.
"Lukas hat unseren Turm kaputt gemacht", beschwerte sich Paul.
"Hab ich gar nicht! Der sah sowieso hässlich aus. Meiner ist viel schöner oder Jay?" Ich sah zu dem Turm, der ein paar Meter von uns entfernt aufgebaut war. Lukas hatte sogar an Säulen gedacht, die das Dach stützten. Ziemlich beeindruckend, selbst für einen Fünfjährigen.
Trotzdem sagte ich: "Ihr könnt alle drei schöne Türme bauen. Deswegen darf man aber trotzdem nicht den Turm von anderen kaputt machen."
"Genau", stimmte Nele mir zu und streckte Lukas die Zunge entgegen.
"Und anderen die Zunge rausstecken macht man als anständiges Kind auch nicht", mahnte ich. Beschämt sah Nele zu Boden. "'tschuldigung."

Jetzt fing Lukas an zu protestieren. "Aber ich brauche doch noch mehr Steine für meinen Turm!"
"Also gibst du zu, dass du den von Paul und Nele kaputt gemacht hast?", entgegnete ich nur. Lukas sah mich wütend an. "Wie wäre es denn, wenn ihr alle zusammen an einem Turm baut?", schlug ich vor und ging in die Hocke, um mit den Kleinen auf derselben Höhe zu sein. Sofort ertönte Protestgeschrei: "Nein! Mit so einem blöden Jungen wollen wir nicht spielen." und "Die beiden können doch nicht mal einen Stein gerade auf einen anderen legen!"
"Dann nicht." Ich hob die Hände. "War nur ein Vorschlag. Aber dann hast du Pech gehabt Lukas. Nele und Paulchen hatten die Bausteine zuerst, also dürfen sie jetzt damit spielen und du musst warten, bis sie fertig sind oder bis du bei ihnen mitspielen darfst", erklärte ich ruhig. Rot vor Wut trat Lukas noch einmal in den Haufen Bausteine und verzog sich dann in eine Ecke. "Das ist unfair", hört ich ihn meckern, bevor er sich auf den Boden fallen ließ und dort schmollend sitzen blieb.

Bis ich vom Gegenteil überzeugt werde ... / George Weasley FFOnde histórias criam vida. Descubra agora