Kapitel 23

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Was ich auch tat, nichts half, um meine innere Wut zu bändigen. Die halbe Packung Minzbonbons, beruhigte mich nicht. Das sonst so erholsame Bad brachte mir keine Ruhe. Und nicht mal durch einen schönen Roman konnte ich mich entspannen.
Nachdem ich das Buch wieder ins Regal gestellt hatte, ließ ich mich auf mein Bett fallen. Das konnte doch nicht wahr sein! Normalerweise hatte ich meine Gefühle besser unter Kontrolle.

Weil ich so sehr in meinen Gedanken versunken war, bemerkte ich das Vibrieren unter meinem Kopfkissen nicht. Erst als ich mich auf die Seite drehte -und somit genau auf meinem Handy lag- hörte ich das surrende Geräusch. Ich zog das Gerät hervor und starrte auf das Display. Ein Anruf von George.
Die Entscheidung, ob ich rangehen sollte oder nicht, wurde mir abgenommen, als das Surren von allein aufhörte. Seufzend lehnte ich mich zurück. Er konnte lange darauf warten, dass ich zurückrief.

Kaum hatte ich mein Handy beiseitegelegt, klingelte es auch schon wieder. Beim dritten Surren raffte ich mich auf und ging ran.
"Was?!", blaffte ich in das Gerät.
"Minze, ich ..."
"Nein. Nichts Minze! Was glaubst du denn, was das soll?", schrie ich schon fast und klang dabei genauso unfreundlich wie ich es vorgehabt hatte. Warum ich unfreundlich sein wollte, wusste ich nicht -er hatte schließlich eigentlich nichts getan- aber ich war so aufgebracht, dass ich nicht anders konnte.

"Man Jay, jetzt hör mir doch mal zu", versuchte George es erneut. "Du hast nie etwas gesagt. Ich wusste nicht, dass du so empfindlich darauf reagierst, wenn ich mich mit Ramona treffe."
"Ich reagiere empfindlich? Ich finde, ich reagiere angemessen, wenn du mit so einer Schlampe abhängst!" Meine Stimme wurde Wort für Wort lauter. Vermutlich hörte Rosie mich, aber das war mir gerade egal. "Außerdem habe ich dir gesagt, dass ich Ramona nicht mag. Wie kamst du denn darauf, dass wir Freundinnen sein könnten?"
"Sie sagte, dass sie dich richtig nett findet und meinte, sie habe sich mit dir versöhnt und ..."
"Oh ja. Und nur weil die gute Ramona Pérez das so sagt, muss es natürlich richtig sein. Warum hast du mich nicht einfach gefragt?"
"Ich dachte, du sagst von selber etwas, wenn es dich stört. Wir haben doch das Schweigen hinter uns gelassen." George klang mittlerweile wirklich verzweifelt. Seine Stimme hatte etwas Flehendes, doch das änderte nichts an meiner Wut.

"Du hättest merken müssen, dass ich mich in ihrer Nähe nicht wohl fühle." Es war unfair von mir, so mit George zu reden, doch meine Gefühle ließen momentan nichts anderes zu. Nicht mal seine Entschuldigung wollte ich hören.
"Es tut mir leid, dass ..."
Ich unterbrach ihn: "Oh, es tut dir leid, ja? Weißt du, was mir leid tut? Dass ich heute zu dir gekommen bin. Dass ich in den letzten Tagen Zeit mit dir verbracht habe. Dass ich dich nicht gleich vor der Kita weggeschickt habe, als ich noch die Chance dazu hatte. Und dass ich irgendwann mal der Meinung war, mich in dich zu verlieben. Das tut mir leid!" Mit diesen Worten legte ich auf. Ich warf das Smartphone an mein Bettende und ließ meinen Tränen freien Lauf.

Ein zaghaftes Klopfen ließ mich zusammenfahren. Ich wischte mir schnell die Tränen aus dem Gesicht und rief: "Herein." Meine Haushälterin trat mit einem freundlichen Lächeln in den Raum, den kleinen schwarzen Staubsauger im Schlepptau. Als sie mich ansah, hielt sie abrupt in der Bewegung inne - vermutlich wegen meinen verheulten Augen.
"Miss Zendia. Sie sehen aber gar nicht gut aus. Ist alles okay bei Ihnen?", fragte sie besorgt. Zeitgleich stellte sie den Sauger an die Seite und kam auf mich zugelaufen. Rosie schien noch auf meine Erlaubnis zu warten, ehe sie sich auf mein Bett setzte.
"Gibt es etwas, worüber Sie reden wollen?", fragte sie nach einem Moment des Schweigens. Ich schüttelte zwar den Kopf, begann dann aber aus irgendeinem Grund trotzdem zu erzählen:

"Ich habe mich mit George gestritten - genau genommen habe ich ihn angebrüllt. Er hatte mich einfach zurückgelassen. Als ich heute bei ihm war, da war auch seine Nachbarin da. Die wollte mit ihm Essen gehen und sie hat sich voll an ihn ran gemacht. George hat mich gar nicht mehr beachtet. Ich weiß nicht, warum mich das so doll stört. So empfindlich reagiere ich sonst nie", ließ ich meine Gedanken vollkommen verdreht hinaus. Ich war mir nicht sicher, wie viel Rosie verstanden hatte, aber sie sah mich ungläubig an.

"Nach allem, was Sie mir über diesen George erzählt haben, hätte ich ihn gar nicht so eingeschätzt. Hat er sich denn nicht mal dafür entschuldigt?"
Meine Wangen wurden warm. "Naja, ich glaube er hat es versucht, aber ich habe ihm nicht zugehört." So erzählte ich meiner Haushälterin auch noch von dem Telefonat. "Ich weiß, dass das unfair von mir war. Sowas hat er nicht verdient. Aber Ramona bringt mich einfach auf die Palme und George merkt das nicht. Wie kann er nur so blind sein?", endete ich schluchzend. Es brauchte nicht mehr viel, dann würde ich wieder weinen. In Rosies Blick konnte ich Mitleid erkennen.

"Sie lieben ihn wirklich, nicht wahr?" Die Frage überraschte mich. Eigentlich wusste Rosie doch, was ich für George empfand. Ich hatte schon so oft mit ihr über den Weasley geredet. Als Antwort nickte ich nur stumm.
"Weiß er das denn auch?" Mein Schluchzen wurde lauter.
"Ich wollte es ihm heute Morgen sagen."
"Na da haben Sie doch eine Antwort." Verwirrt blickte ich auf. Was meinte Rosie damit?
"Eine Antwort worauf?"
"Warum es Sie so sehr stört, dass George Zeit mit dieser Spanierin verbringt. Sie lieben ihn und sind daher eifersüchtig, wenn er einer anderen Person mehr Aufmerksamkeit schenkt als Ihnen - erst Recht, wenn diese andere Person ihn ganz offensichtlich verführen will." Bei diesen Worten zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Natürlich war mir klar gewesen, was Ramona vorhatte, aber es zu hören tat fast doppelt so weh. "Und dann sind Sie auch noch wütend ..."
Diesmal unterbrach ich mein Dienstmädchen. "Nein, eigentlich bin ich nicht wütend. Nur frustriert ... und vermutlich auch enttäuscht." Den letzten Teil des Satzes sprach ich mehr zu mir selbst.

"Miss Zendia, Sie verstehen nicht. Natürlich sind Sie wütend. Nicht auf Ihren Freund, nicht auf die Nachbarin, sondern auf sich selbst. Sie denken, es sei Ihre Schuld und das macht Sie wütend." Ich musste schlucken. Hatte Rosie damit recht? Gab ich mir selbst die Schuld? Einen kurzen Moment dachte ich darüber nach, entschied dann aber, dass es keine Rolle spielte. So oder so war es George, der mich mit seinem Verhalten enttäuscht hatte.

"Rosie, würdest du jetzt bitte gehen?", fragte ich erschöpft. Erschrocken sprang das Dienstmädchen auf.
"Verzeihen Sie mir, Miss. Es stand mir nicht zu, so etwas zu sagen. Ich wollte nicht zu weit gehen", versicherte sie schnell. Sie klang ängstlich. Mit einem matten Lächeln erklärte ich: "Keine Sorge, das bist du nicht. Ich wäre jetzt einfach gerne allein. Das Zimmer hier kannst du morgen auch noch machen."
Nach weiteren entschuldigenden Worten, nahm sie den Staubsauger und verließ mein Schlafzimmer.

Obwohl es noch nicht spät war, suchte ich mir ein Top und meine Schlafhose. Die Klamotten vom heutigen Tag warf ich achtlos in eine Ecke.
Die Ereignisse vom Tag hatten mich ausgelaugt. Erschöpft sank ich in meine Kissen und ungewöhnlich schnell war ich eingeschlafen.

Bis ich vom Gegenteil überzeugt werde ... / George Weasley FFWhere stories live. Discover now