Kapitel 24

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"Was, wenn sie mich nicht mögen?" Meine Freundin spielte nervös mit einer Haarsträhne. Ich lachte auf.
"Liza, sie werden dich lieben. Ich mochte dich doch auch von Anfang an." Meine Worte schienen sie nicht zu beruhigen.
"Das war ja auch nicht so schwer. Außer uns beiden wurde schließlich nur Samantha in Ravenclaw eingeteilt - die Jungs mal ausgeschlossen. Und selbst da hatte ich gedacht, du magst sie mehr als mich." Liza war mittlerweile so unruhig, dass sie im Abteil auf und ab lief. Mir entfuhr ein Geräusch, das einer Mischung aus Schnauben und Lachen gleichkam.

"Als ob ich diese Zicke mögen könnte. Weißt du noch, wie sie direkt in den Schlafsaal gerannt ist und sich ohne unser Einverständnis das Bett am Fenster gekrallt hat?" Liza verdrehte die Augen - wohl etwas abgelenkt von ihren Sorgen.
"Ja, oder als sie von dir direkt nach der ersten Stunde die Hausaufgaben abschreiben wollte. Wie hat diese hohle Nuss es eigentlich nach Ravenclaw geschafft?" Meine Freundin grinste mich an.
"Ich weiß es nicht. Vielleicht ist sie ja besonders kreativ?", schlug ich ernst vor, wurde aber trotzdem von Lizas Grinsen angesteckt.

"Kreativ? Worin denn? Ausreden ausdenken?" Nun kicherten wir um die Wette. "Nein, ich glaube sie hat den Sprechenden Hut irgendwie bestochen."

Ich lächelte zufrieden. Wenigstens für einen kurzen Moment war Liza abgelenkt gewesen, doch jetzt begann sie erneut: "Oh man, wir sind gleich am Bahnhof. Was, wenn sie nicht auftauchen, weil sie mich in den Ferien doch nicht bei euch haben wollen?" Wieder ging sie auf und ab und ich musste mir ein Lachen verkneifen. Wie konnte man sich nur so viele Sorgen machen?
"Keine Angst", lächelte ich aufmunternd. "Meine Eltern kommen garantiert. Und sie freuen sich schon darauf dich kennenzulernen. Sie werden dich wirklich mögen."

"Aber ich weiß doch gar nicht, wie man sich bei den Eltern von anderen verhält. Seit Jahren war ich bei niemandem mehr zu Besuch. Ich kannte nur meine Tante." Liza klang wirklich besorgt. Wir kannten uns jetzt seit einem halben Jahr. Erst vor kurzem hatte sie mir erzählt, dass sie seit dem Tod ihrer Eltern bei ihrer Tante lebte. Sie meinte, es sei eine sehr unfreundliche Frau, die sehr strenge Regeln aufgestellt hatte. Gefühlt alles, was Spaß machte, war Tabu. Deshalb hatte ich gefragt, ob sie in den Winterferien zu mir kommen könnte. Liza war natürlich sofort begeistert von der Idee, meine Eltern hatten es glücklicherweise auch erlaubt und sogar die Tante hatte nach einem Briefwechsel mit meinem Vater zugesagt. Als wir die Nachricht bekommen hatten, waren wir beide mehr als aus dem Häuschen, doch jetzt war Lizas einzige Sorge, dass meine Eltern sie nicht mögen und den ganzen Aufwand bereuen würden.

"Mach dir bitte keine Sorgen", sagte ich zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Tag. "Es ist gar nicht so schwer, jemanden davon zu überzeugen, wie toll du bist." Liza warf mir ein mattes Lächeln zu.
"Danke, aber du hast einfach keine Ahnung, was das für ein Gefühl für mich ist." Nach einem traurigen Seufzer fragte sie: "Kannst du mir nicht irgendwelche Tipps geben, wie ich mich verhalten sollte?"

Ich wollte ihr sagen, sie solle einfach sie selbst sein, doch ihr Blick verriet mir, dass sie so eine Antwort nicht brauchen könnte.
"Also auf jeden Fall solltest du nett sein", fing ich erstmal mit dem Offensichtlichsten an. "Und Höflichkeit ist natürlich wichtig. Sie achten sehr auf Bitte und Danke. Du darfst ihnen auch jederzeit widersprechen, wenn du ihre Meinung nicht teilst. Besonders Mum mag es, wenn Leute ihre eigenen Ansichten vertreten. Solange du dabei freundlich bleibst und ihre Meinung trotzdem akzeptierst, sollte alles in Ordnung sein. Dann noch ... las mich überlegen ..." Automatisch wanderte meine Hand zu meinem Kinn. Liza sah mich abwartend an. "Ehrlichkeit. Das ist ein absolutes Muss. Glaub mir, sie durchschauen jede noch so kleine Lüge."

Meine Freundin nickte. "Okay. Sonst noch irgendwas?"

Anstatt weitere ihrer Charaktereigenschaften aufzuzählen, von denen ich wusste, dass Liza sie sowieso besaß, sagte ich: "Du schaffst das schon!" Doch dadurch wurde sie nur wieder nervös.
"Und was ist, wenn ich ihnen zu aufgedreht bin? Du hast mal gesagt, sie seien sehr diszipliniert und würden da auch bei dir großen Wert drauf legen. Was, wenn ich das falsche Besteck benutze, wenn mir etwas runter fällt oder wenn ich ihnen einfach zu laut bin?" Beruhigend legte ich einen Arm um meine Freundin.
"Auch darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Mum und Dad wissen, dass du anders aufgewachsen bist. Es stört sie auch nicht, wenn wir draußen im Garten mal etwas lauter werden. Immerhin sind wir Kinder. Meine Eltern sind keine Unmenschen, die uns alles verbieten werden. Und solltest du trotzdem irgendwas ganz doll falsch machen, dann werde ich dich rechtzeitig darauf hinweisen, okay?"

Bis ich vom Gegenteil überzeugt werde ... / George Weasley FFWhere stories live. Discover now