Kapitel 36

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"Hey Mum." Ich musste dringend mit irgendwem reden. "Es ist viel passiert in letzter Zeit, weißt du? Da ist dieser Junge. Letztes Mal habe ich dir schon von ihm erzählt. Er - er ist jetzt mein Freund. Mein richtiger, fester Freund." Ich machte eine kurze Pause. Es klang immer noch seltsam, George als meinen Freund zu bezeichnen, aber es war dennoch ein gutes Gefühl. Ein sehr gutes.

"Sein Name ist George. Wahrscheinlich hat Liza ihn mal erwähnt. Er macht mich glücklich. So unglaublich glücklich wie seit Jahren keiner mehr. Und er sagt, das ist auch andersrum so, aber ... ich weiß nicht. Was, wenn ich ihm nicht genug bin? Wenn ich seine Erwartungen nicht erfülle? Ich kann das nicht. In wenigen Tagen ist Weihnachten und er will mich seiner Familie vorstellen. Morgen soll es losgehen. Vielleicht kannst du dich noch an die Weasleys erinnern. Dad sprach damals ab und zu über sie, du weißt schon. Die Zaubererfamilie." Eine Gänsehaut überkam mich und das lag sicher nicht an den kalten Dezembertagen.

"Was soll ich denn da, Mum?" Ein leises Schluchzen entkam mir. "Ich habe mich nicht umsonst von der Zauberei losgesagt. George hat das verstanden und akzeptiert - bisher. Jetzt erwartet er sogar, dass wir apparieren. Hallo? Was denkt der sich denn dabei? Ich habe seit Jahren keinen Zauberstab mehr angerührt. Klar, er kann mich mitnehmen, aber über so eine große Distanz? Was, wenn das nach hinten losgeht? Ich habe wirklich keine Lust, nur mit halbem Körper im Fuchsbau anzukommen. Warum können wir nicht einfach fliegen? Mit einem Flugzeug versteht sich. Nicht mit einem Besen oder was ihm sonst noch so in den Sinn kommt." Bei dem Gedanken daran verzog ich das Gesicht. Fliegen hatte ich schon damals nicht leiden können. Dann seufzte ich tief. Ich musste erstmal zur Ruhe kommen, hatte ich mich doch gerade viel zu sehr in Rage geredet. Zum Glück war ich allein auf dem Friedhof.

"Es ist nur so, seit ich dem Besuch zugestimmt habe, hat George sich verändert. Plötzlich spielt Zauberei wieder eine Rolle. Vorher war alles gut. Wir konnten ein normales Leben führen, ohne den ganzen Hokus Pokus. George hat akzeptiert, dass ich nichts mehr mit Magie zu tun haben möchte und obwohl ich ihn nicht darum gebeten habe, hat auch er seitdem nicht mehr gezaubert. Er war so rücksichtsvoll und lieb. Und jetzt? Jetzt hat er sogar seinen Zauberstab wieder hervorgeholt, Mum. Er benutzt ihn nicht in meiner Gegenwart, aber ich weiß, dass er zaubert, wenn ich schlafe, dusche oder einfach mal nicht da bin. Er sagt mir das nicht mal. Er verheimlicht es. Denkt wohl, ich bin so blöd und merk das nicht!" Bevor ich mich wieder zu sehr aufregen konnte, atmete ich tief durch.

"Ich weiß einfach nicht, ob ich das schaffe, Mum. Ob ich es aushalten kann. Zauberei hat Liza getötet. Und Dad. Und noch so viele andere. Ich kann einfach nichts Gutes mehr daran sehen. Ich - es, es tut mir leid, Mum. Ich sollte dich mit diesen ganzen Sorgen nicht belasten. Und ich sollte George vertrauen. Ich hab nur so große Angst davor, verstehst du?"

Eine ganze Weile schwieg ich, dann sprach ich das nächste Thema an: "Sorry, dass ich das alles jetzt so bei dir rauslasse, aber ich habe sonst niemanden, den ich vollquatschen kann. Meine - meine Haushälterin hat mich auch all die Zeit nur angelogen." Ich erzählte die ganze Geschichte. Alles, was ich wusste, bis hin zur Freiheitsstrafe, die Rosie und der Kerl erhalten hatten. Ich weinte nicht. Vermutlich hatte ich einfach keine Tränen mehr übrig, aber es schmerzte trotzdem noch.

Erst als es dämmerte und die Sonne langsam verschwand, erhob ich mich von der kalten Bank.
"Nun ja, ich sollte langsam gehen. Es war schön, mit dir zu reden ... irgendwie. Du weißt schon. Es hat geholfen. Ich werde wohl einfach abwarten, was die nächsten Tage so hervorbringen. Ich sollte mir wohl nicht so viele Gedanken machen, oder?" Ich strich noch einmal kurz über die eingravierte Rose auf Mamas Grabstein. "Wie dem auch sei, ich wünsche dir schon mal frohe Weihnachten. Ich hoffe, es geht dir gut. Hab dich lieb."

Mit diesen Worten wandte ich mich ab und verließ den Friedhof. Auch so einseitige Gespräche konnten dazu führen, dass man sich besser fühlte. Man redete sich die ganze Last von den Schultern und den Kummer aus dem Herzen. Ich hatte neuen Mut gefasst. War jetzt etwas optimistischer und nun bereit, mich auf Georges Sichtweise auf die Welt einzulassen. Auch wenn das für mich bedeutete, dass ich wieder mit Zauberei konfrontiert wurde.

Bis ich vom Gegenteil überzeugt werde ... / George Weasley FFWhere stories live. Discover now