Bis ich vom Gegenteil überzeugt werde ... / George Weasley FF

Kapitel 47

„Ich würde Ihnen jedenfalls davon abraten, Miss Zendia", sagte mein Hauslehrer. Was ging ihn das eigentlich an? Es war doch meine Wahl, oder etwa nicht?
„Denken Sie, ich würde das nicht schaffen?", fragte ich herausfordernd.
„Doch, sicher. Es gibt nur wenige Schüler, denen ich so eine Leistung zutrauen würde. Sie sind eine davon, aber ich mache mir Sorgen um Ihre Beweggründe." Professor Flitwick blieb ruhig und gelassen, obwohl er meine Wut ganz sicher bemerkte.
„Professor. Hören Sie, ich weiß nicht, was an meinen Beweggründen falsch sein soll. Ich will das. Ich will das wirklich", beteuerte ich.
„Das glaube ich Ihnen, aber warum wollen Sie das?" Wie, warum? War das nicht egal? „Brauchen Sie all diese Fächer wirklich?", fragte er geduldig weiter. Brauchen, wer brauchte schon alle Fächer? Doch woher sollte ich jetzt wissen, welche Fächer ich später irgendwann mal benötigte?

„Sind Sie nicht eigentlich da, um mich bei meiner Wahl zu unterstützen?", maulte ich, weil ich zwar einsah, dass er recht hatte, ich mich aber trotzdem nicht umentscheiden wollte.
„Ich bin dafür da, Sie auf Ihrem Weg zu begleiten und Ihnen hilfreiche Vorschläge zu machen und das hier ist ein solcher Vorschlag: Entscheiden Sie sich für zwei oder drei Wahlfächer. Wenn es denn unbedingt sein muss auch vier, aber stellen Sie sich nicht vor unnötige Herausforderungen indem Sie alle Fächer belegen. Das ist nicht nötig. Keiner verlangt das von Ihnen." ‚Na wenn Sie wüssten', dachte ich zynisch, doch ich sprach es nicht aus. Mein Hauslehrer konnte es wirklich nicht wissen und er versuchte ganz offensichtlich nur, mir zu helfen.

„Miss Zendia, Sie haben Recht. Es ist Ihre Wahl und wenn Sie bei dieser Meinung bleiben wollen, dann gut. Dann akzeptiere ich das so und rede Ihnen nicht mehr rein. Dann finden wir eine Lösung, damit Sie alle Fächer belegen können. Aber denken Sie wenigstens noch einmal darüber nach. Schlafen Sie eine Nacht drüber. Morgen kommen Sie wieder in mein Büro und sagen mir, wie Sie sich entschieden haben. In Ordnung?" Ich nickte beklommen. Es hätte sowieso keinen Sinn, weiter mit ihm zu diskutieren und immerhin ließ er mir trotzdem noch die freie Wahl.

Auf dem Weg in den Ravenclawturm fluchte ich leise vor mich hin. Flitwick hatte Recht, eigentlich war es unnötig, alle Fächer zu belegen. Genau genommen wollte ich das nicht mal, denn ich wollte auch noch ein kleines bisschen Freizeit haben und nicht von morgens bis abends an Schularbeiten hängen. Aber das war nun mal einfacher als gesagt. Ich hatte Erwartungen zu erfüllen. Ich wollte keine Enttäuschung sein.

Im Gemeinschaftsraum angekommen hielt ich nach meiner besten Freundin Ausschau, doch ich konnte sie zwischen den ganzen Schülern nicht entdecken. Auch im Schlafsaal war sie nicht. Stattdessen traf ich dort auf Samantha, die scheinbar irgendetwas in ihrer Tasche suchte. Mit der wollte ich nun überhaupt nicht reden, deshalb fragte ich kurz angebunden: „Hast du vielleicht Liza gesehen?"

„War kurz hier, als ich rein kam. Ist dann aber sofort gegangen", antwortete meine Mitbewohnerin, ohne auch nur aufzusehen. Sie verteilte den Inhalt ihres Koffers gerade auf dem Fußboden. Na hoffentlich würde sie das Zeug auch wieder einräumen. Letztes Jahr lagen ständig Kleidungsstücke von ihr im Weg rum.

„Weißt du vielleicht, wo sie hingegangen ist?", fragte ich so freundlich wie möglich. Mir stand nicht im Sinn, einen Streit vom Zaun zu brechen, doch meine Freundlichkeit wurde nicht erwidert. Natürlich nicht, was hatte ich von Samantha auch anderes erwartet?
„Woher soll ich denn wissen, wo deine Freundin ist? Sie ist doch dein Schoßhund!" Mein Schoßhund? Wie bitte? Offensichtlich hielt Miss Ich-bin-besser-als-du das Gespräch für beendet. Sie hatte mich noch immer nicht angesehen und wühlte nun angestrengt in ihrem leeren Koffer. Was tat die hohle Nuss da eigentlich? Im Koffer ist nichts mehr, sieht man doch!, dachte ich eingeschnappt, bevor ich mich wortlos umdrehte und den Schlafsaal wieder verließ.