39. Kapitel

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4 Jahre später

Kaden POV

,,Komm schon, beeil dich!", drängt Jane und zieht ungeduldig an meiner Hand. ,,Ich komm ja schon.", sage ich tadelnd und versuche sie auszubremsen. ,,Mach schneller!", treibt sie mich an und ich stöhne nur genervt. ,,Was ist denn überhaupt so wichtig, dass wir alle ,,sofort zu einer Notfall-Versammlung" erscheinen sollen?", frage ich grummelig.

Ich bin etwas schlecht gelaunt, da Nick heute nach einer Woche von einem Schulausflug zurück gekehrt ist und ich heute eigentlich etwas Zeit mit ihm verbringen wollte. Dann aber kam diese Nachricht und wir mussten Nick schnell zu Lauren und Lance bringen.

Jane zuckt mit den Achseln. ,,Wenn Dad direkt eine Notfall-Versammlung ausruft, dann muss es ernst sein." Ein besorgter Ausdruck erscheint auf ihrem Gesicht. Leider muss ich ihr da sogar Recht geben. In meinen Jahren bei den Sereni habe ich einiges über ihren König gelernt. Etwas, dass ihn auszeichnet und so beliebt macht, sind seine Ruhe und Gelassenheit. Egal wie schlimm die Situation ist, er behält immer einen kühlen Kopf. Es sieht ihm nicht ähnlich eine Versammlung des höchsten Ranges auszurufen. 

Zum höchsten Rang gehören im Moment nur acht Leute. Darunter ich, Jane, leider Gottes auch Enzo und vier weitere wichtige Generäle. Es muss also wirklich ernst sein.

Allerdings breitet sich auch ein mulmiges Gefühl in mir aus. Wenn es so ernst ist, lässt sich nicht ausschließen, dass mein Vater involviert ist. Und wenn das der Fall ist, dann könnte meine Tarnung in Gefahr sein.

Alarmiert beschleunige ich nun doch meine Schritte. Innerhalb weniger Minuten erreichen wir den Konferenzraum. Wir sind die ersten, abgesehen von Matthew, der schon an seinem Platz am Kopf des runden Tisches sitzt. Als er uns bemerkt lächelt er und steht auf um seine Tochter zu umarmen. Auch mich begrüßt er mit einem kurzen Handschlag. ,,Was ist denn los, Dad?", fragt Jane ihren Vater besorgt, ,,Ist etwas passiert?"

,,Ich erzähle es euch wenn die Anderen auch da sind. Setzt euch doch schon mal, damit wir nachher gleich anfangen können.", sagt er und deutet auf unsere Stühle. Wir setzen uns und warten dann auf die Ankunft der verbleibenden Berufenen.

Nach und nach trudeln alle ein. Genau wie wir sehen sie etwas gehetzt aus, wahrscheinlich um rechtzeitig hier zu sein. Als dann endlich alle da sind, fackelt Matthew nicht lange und startet die Versammlung. ,,Gut, dass ihr euch alle so kurzfristig einfinden konntet.", beginnt er und lächelt uns entschuldigend an, ,,Ich weiß, dass ihr euch wundert, warum ich euch her berufen habe. Aber die Lage ist ernst." Ein beunruhigender Unterton begleitet seine Worte und ich, sowie alle anderen sehen ihn erwartungsvoll an. 

,,Henrik, einer unserer besten Agenten bei den Averanti, ist aufgeflogen." Ungläubig sehe ich auf. Auch alle anderen scheinen erstaunt. Ich kannte Henrik nie persönlich, doch ich weiß, dass er ein guter Agent war und immer zuverlässige Informationen übermittelt hat. Er war einer der Wenigen, die die Sereni in meinem Heimatland einschleusen konnten. Seine Arbeit war ausgezeichnet und er war immer besonders vorsichtig. 

Wie konnte er auffliegen?

Matthew wartet, bis er unsere Aufmerksamkeit wieder hat. ,,Seine Leiche wurde uns heute morgen zu geschickt.", sagt er düster und ich höre Jane neben mir erschrocken nach Luft schnappen. ,,Wie furchtbar!", entfährt es ihr entsetzt und ich rücke näher zu ihr ran um meine Hand beruhigend auf ihre zu legen.

Ein gezwungenes Lächeln erscheint auf dem Gesicht des Königs. ,,Aber was das Beunruhigenste daran ist, ist die Nachricht, die ihm beigelegt wurde." Er tippt kurz auf dem Laptop vor ihm herum, bevor ein Bild auf der Leinwand über seinem Kopf erscheint. Das Bild zeigt ein kleines, nicht größer als A5 großes, etwas vergilbtes Blatt Papier. Seine Ränder sind zerfranst und in eine dunkelrote Farbe getüncht. Ich ahne worum es sich dabei handelt. 

,,Ihr glaubt wohl, ihr könntet uns täuschen? Da irrt ihr euch gewaltig. Spione einschleusen kann nicht jeder. Überlasst das  lieber den Profis."

Ich brauche einen Moment um den Inhalt des Papiers zu verstehen. Bis es mir endlich klar wird.

Er will mich verraten.

Mein Vater hat also nach all den Jahren seine Rache noch immer nicht aufgegeben.

,,Aufgrund des Inhalts der Nachricht und der Tatsache, dass unser bester Agent aufgeflogen ist, gehe ich stark davon aus, dass auch wir einen ihrer Spione im Land haben." Ein Keuchen geht durch den Raum und ich merke, wie ich Jane's Hand stärker drücke.

,,Glaubst du wirklich, dass es hier einen Spion gibt?", fragt Jane besorgt und spielt nervös mit meinen Fingern.

Matthew nickt traurig. ,,Es scheint so. Niemand kann über Henriks wahre Identität Bescheid gewusst haben. Jemand muss es den Averanti gesagt haben. Doch der Zugang zu einer Information wie dieser ist beschränkt und nur wenige Leute haben Zugriff darauf, weshalb ich glaube, dass sich dieser Spion in einer der höheren Reihen befindet. Wenn nicht sogar unter uns.", fügt er kaum hörbar noch hinzu.

Sofort bricht eine rege Diskussion aus. Man merkt, dass sie dieser Fakt verunsichert und sie schnellstmöglich eine Lösung finden wollen.

Nun mischt auch Enzo sich ein, der bisher geschwiegen hat. ,,Was ich jedoch nicht verstehe, ist der Zettel. Der König hat jetzt praktisch verraten, dass es einen Spion gibt. Wieso sollte er das tun?"

Matthew legt nachdenklich den Kopf schief. ,,Da hast du Recht, Enzo. Auch ich habe mir darüber schon den Kopf zerbrochen."

Ich atme erleichtert aus. Zum Glück wissen sie es nicht. Aber darauf darf ich mich nicht ausruhen. Ich muss etwas tun. Irgendwie muss ich sie davon überzeugen, dass es keinen Spion gibt. Oder sie zumindest von der richtigen Fährte abbringen.

,,Vielleicht will er uns auch einfach nur verunsichern.", werfe ich nun ein.

,,Willst du damit etwa sagen, dass es keinen Spion geben soll?", fragt Enzo scharf und mustert mich abschätzig.

Um Enzo herum muss ich vorsichtig sein. Er kann mich eh schon nicht leiden und er würde wohl alles tun um mich loszuwerden. Das beruht allerdings von Anfang an auf  Gegenseitigkeit. Nur kann ich ihn nicht aus dem Weg räumen, da das viel zu auffällig wäre. Und da er jetzt vermutet, dass es einen Spion gibt, wird er mir gegenüber noch misstrauischer sein.

,,Nein, dass will ich damit nicht sagen. Ich versuche nur die Möglichkeiten durchzugehen. Wie du schon sagtest: Wir wissen nicht was sie vorhaben.", antworte ich kühl und so gelassen wie möglich.

,,Das stimmt wohl.", meint einer der Generäle nachdenklich. Alle stimmen zu und mutmaßen weiterhin die Pläne ihrer Feinde. Enzo hingegen scheint sich damit nicht zufrieden zu geben. Ich spüre weiterhin seinen eindringlichen Blick von der Seite. Wahrscheinlich sagt er nur nichts, weil er weiß, das das nichts bringen würde.

,,Bleibt auf höchster Alarmstufe und haltet Ausschau nach verdächtigen Aktivitäten. Wir wissen nicht was ihr Plan ist, also ist höchste Vorsicht geboten." Matthew schaut jedem von uns ernst in die Augen. ,,Wenn es wirklich einen hohen Spion in unseren Reihen gibt, dann muss er gefährlich sein."

,,Und er muss unter allen Umständen unschädlich gemacht werden."

Undercover enemy (Abgeschlossen)Where stories live. Discover now