I5.IHelp me, please

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Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Langsam verließen mich meine Kräfte und meine Augen fielen Stück für Stück zu. Benommen versuchte ich bei Bewusstsein zu bleiben und blickte durch die Gegend. Oben auf der Klippe sah ich etwas.

Es war ein Wolf. Mit undeutbarer Miene betrachtete es mich. Diese goldenen Augen gehörten ihm. Ich hatte mich also doch nicht getäuscht. Ein grauer Wolf.

Vielleicht war es gar nicht gefährlich. Vielleicht wollte es mir nur helfen. Abrupt drehte es sich um und betrachtete die Umgebung. Ein letztes Mal blickte es zu mir über und verschwand. Das erste Mal wollte ich nicht, dass es ging und jetzt verschwand es einfach.

"Bitte! War..te..." Meine Stimme brach in der Mitte des Satzes ab. Ich hörte ein lautes Aufheulen. Mindestens zwei Kilometer entfernt. Es hatte mich gehört. Ich spürte, dass es mir was mitteilen wollte, doch ich verstand ihn nicht. Ich legte mich auf den Boden und rührte mich nicht. Ein kalter Wind blies und das Rascheln der Blätter übertonte jedes andere Geräusch. Ich schloss meine Augen. Sie würden mich finden. Schließlich wurde ich vermisst. Und Zoey...was mit ihr passiert war, wusste ich nicht.

Ich fühlte mich leer, empfand nichts und fühlte nichts. Ich wartete worauf auch immer. Es sollte endlich was geschehen. Diese Stille war zu verdächtig. Wie auf Kommando hörte ich ein weiteres Rascheln, aber kümmerte mich nicht darum. Es hätte einfach alles sein können, außerdem war mein Körper vollkommen taub, als wäre es gelähmt.

"Amber?!" hörte ich eine besorgte nahezu schreiende Stimme.

"Amber...hörst du mich?! Was ist passiert!?" Ich sah eine schwarze Gestalt zu mir runterklettern, doch ich konnte die Stimme niemandem zu ordnen. Ich war zu müde, um zu antworten und mein Mund war auch zu trocken.

"Amber?" die Stimme klang brüchiger. Wer war das bloß? Ein grelles Licht wurde gegen meine Augen gehalten. Ich zuckte leicht zusammen und wimmerte vor Schmerzen. "Das wird schon wieder." die Person atmete tief aus. Das Licht ging wieder aus und die Gestalt nahm mich auf die Arme. Ein leises Stöhnen entging mir, denn mein ganzer Körper schmerzte bei jeder Berührung.

"Amber es tut mir leid. Ich hätte besser auf dich aufpassen sollen. Dein Knie ist verstaucht." Ich antwortete nicht. "Wenn du mich hören kannst, gib mir irgendein Zeichen. Ich mach mir schreckliche Sorgen um dich." Mit großer Mühe schaffte ich es "Ich..." zu stottern.

"Okay, das genügt mir. Überanstrege dich nicht. Wir sind gleich da. Es dauert nicht mehr lange." teilte mir die tiefe Stimme mit. Für einige Sekunden schlossen sich meine Augen. Mit Bemühung konnte ich sie wieder öffnen und sah wie wir am Campingplatz angekommen waren. Wie war das überhaupt möglich? Ich hörte wie ein Germurmel ausbrach, aber da ich immer noch nicht richtig bei mir war, konnte ich nur verschwommen sehen.

"Oh Gott Noah, wo hast du sie gefunden?! Ah, Amber was ist mit dir passiert!" fragte Julie unter Tränen. Sie war immer so fürsorglich. Wenn ich könnte, hätte ich ihr mitgeteilt, dass es nicht so schlimm war, wie es aussah, doch ich brachte keinen Ton raus.

"Julie, hey, Amber wird es wieder gut gehen. Sie ist halb bei Bewusstsein. Ich glaube, dass sie die kleine Schlucht in der Dunkelheit nicht gesehen hat und dort runtergefallen ist. Deshalb ist ihr Knie verstaucht und von dem Sturz hat sie diese Wunden. Außerdem ist sie stundenlang durch den Wald geirrt." sagte Noah beruhigend. Noah hatte mich gefunden, bloß wie? Wie er schon sagte ich bin stundenlang durch den Wald geirrt.

"Noah, bringen sie Miss Cromwell zügig an das Lagerfeuer. Wir haben dort ein Liegeplatz für sie vorbereitet und Miss Hunter, bringen sie bitte den Erste-Hilfe-Kasten. Wir müssen die Wunden behandeln und das Knie vorübergehend binden." Mr. Ashton zeigte Julie noch wo der Kasten lag und ging vor Noah zum Lagerfeuer.

"Gleich geht es dir viel besser. Hab' keine Sorgen. Ich bin bei dir." flüsterte Noah in mein Ohr und legte mich auf die Decke. Langsam erkannte ich sein Gesicht wieder.

"Schlafenszeit! Bis auf Noah und Julie will ich jeden in ihren Zelten sehen. Ach und Mia nehmen sie bitte Acht auf Zoey. Ihr ist zwar nichts besonderes passiert, aber sie hat heute auch einen Schock erlebt." nickend verließ Mia das Lagerfeuer und ging in das Zelt von Zoey. Ich hatte wieder mein ganzes Sehvermögen wieder. Noah saß direkt neben mir und Mr. Ashton kommandierte noch die Schüler herum. "No..Noah..."

"Schh...ist okay. Ruhe du dich erst einmal aus. Julie und ich sind hier." unterbrach Noah mich. Ich schloss meine Augen und driftete in einen unruhigen Schlaf.

*

Ich wachte in meinem Zelt auf und bemerkte, dass Julie nicht mehr da war. Stöhnend stand ich auf und verließ mein Zelt. Auf einem Baumstamm, nahe unseren Zeltes, bemerkte ich Noah und Julie reden. Als ich zu ihnen gehen wollte, trat ich fest mit meinem verstauchten Knie auf und wimmerte leise.

Wie konnte ich so schnell vergessen, dass mein Knie verstaucht war?

Mit meinem Wimmern drehten sich Noah und Julie überrascht direkt in meine Richtung und kamen mit schnellen Schritten auf mich zu.

"Amber! Was soll das. Du kannst doch nicht einfach so aufstehen." entgegnete mir Julie. Ihre Stimme kam verzerrt zu mir über, aber das konnte auf jeden Fall nicht von einer Überanstregung kommen. Ich wusste nicht was ich ihr antworten sollte. Ich hatte nicht wirklich etwas gehört.

"Was?" fragte ich vorsichtig nach, um nicht aufzufallen.

"Du sollst nicht einfach so aufstehen Amber." wiederholte Julie nochmal. Ich hörte aber wieder nur ein Gemurmel. Als ich nicht antwortete, führte Noah mich sanft zum kleinen Bach.

"Geht es dir wirklich besser Amber? Du siehst nicht gut aus." sagte Noah und blickte mir direkt in die Augen. Was hatte er bloß gesagt? Ich runzelte verwirrt die Stirn und trat besorgt von einem Fuß auf den anderen.

"Noah, ich. .. Ich verstehe nicht was du sagst. Ich höre nur ein Gemurmel." gab ich letztendlich zu. Ungläubig musterte er mich. Julie war am Bach, wusch ihre Hände und bekam nichts von allem mit.

"Was, wie meinst du das? Verstehst du gar nichts?!" Wieder war es mir ein Rätsel, was er da sagte. Ich schüttelte einfach nur meinen Kopf, weil mir sonst keine Antwortsmöglichkeit einfiel. Besorgt hielt er seine Hand an meine Stirn. Ich schwitzte, doch meine Stirn war eiskalt. Plötzlich fiel mir etwas wieder ein. Die Beeren, die ich gegessen hatte. Sie waren bestimmt giftig, aber nicht so stark, um jemanden zu töten.

"Noah, ich glaube, dass ich durch Beeren vergiftet bin." sagte ich mit brüchiger Stimme. Seine Augen weiteten sich vor Schock. Schnell deutete er mir mich hinzusetzten und verschwand mit Julie.

Ich saß auf einem Baumstamm und wartete auf "Hilfe". Die letzten Tage waren äußerst ungewöhnlich gewesen...seit...Mr.Ashton aufgetaucht war. Noch nie hatte ich in meinem Leben so etwas erleben müssen und plötzlich stapelten sich die Ereignisse aufeinander.

Während ich in meinen Gedanken vertieft war, bemerkte ich das mich jemand besuchen gekommen war.

Der Wolf war wieder aufgetaucht. Sein graues Fell leuchtete samtig im Sonnenlicht und seine vertrauten goldenen Augen beäugten mich voller Neugier.

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Hunted || #Wattys2015-WinnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt