Lösung

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Kenma PoV
Es war eine Woche vor Weihnachten, Kuroo war vor zwei Tagen zu Bokuto gefahren und ich hatte kein einziges Wort von ihm gehört. Den Sonntag habe ich komplett im Bett verbracht und meinen Frust und meine Wut über mich selber in mich rein gefressen. Gestern hat mich Sakura aus dem Bett geklingelt und dafür gesorgt, dass ich mich nicht sofort wieder darin verkroch.

Ich hatte ihr alles erzählt. Sie hörte mir zu, fragte nur nach, wenn sie etwas nicht verstand und kochte mir dann etwas zu Essen. Ich saß schweigend am Tisch und ließ den Löffel in meiner Tasse Tee hin und her kreisen. „Weißt du, was eigentlich der größte Witz ist?", durchbrach ich die Stille und Sakura drehte sich zu mir herum. Ich musste mich kurz räuspern, das plötzliche viele Reden tat meiner Stimme nach dem tagelangen Schweigen gar nicht gut. „Eigentlich war es immer Kuroo, der sich schwer mit Beziehungen tat. Entweder wiesen seine bisherigen Partner ihn in Schranken, die ihm nicht passten oder sie nutzten ihn schamlos aus, sodass er irgendwann aufhörte, etwas Ernsthaftes zu wollen. Das fiel ihm nicht leicht. Er ist ein Mensch der sich sehr aufopferungsvoll für seine Partner hingibt, aber das Pech hatte immer an die falschen Leute zu kommen, die es nur auf seine Beliebtheit, sein Können, sein gutes Aussehen oder was auch immer abgesehen hatten. Und jetzt... wo er sich wieder erlaubt hat, mehr zuzulassen... komme ich und mach ihm das alles kaputt." Ich schlug den Kopf hoffnungslos auf meine verschränkten Arme.

Sakura schwieg und werkelte weiter in ihrer Pfanne herum, bevor sie deren Inhalt auf zwei Schüsseln verteilte und mir eine hinstellte. "Iss", forderte sie mich überflüssiger Weise auf. Lustlos nahm ich zwei Stäbchen in die Hand und stocherte in dem herrlich duftenden Essen herum. Eins musste man ihr lassen: sie konnte super kochen... neben Zuhören, guten Ratschlägen erteilen und eine wunderbare Freundin sein. Mein Magen zog sich protestierend zusammen, als ich keine Anstalten machte, das Essen zu meinem Mund zu führen. "Dein Bauch schreit förmlich nach Essen, also iss!", sagte sie etwas nachdrücklicher und ich nahm nun einen kleinen Bissen. Es war ein seltsames Gefühl hungrig zu sein und gleichzeitig sich fast übergeben zu müssen.

Mit zufriedener Miene widmete sie sich wieder ihrer eigenen Portion und ein paar Minuten aßen wir in einvernehmlichen Schweigen. Irgendwann unterbrach sie jedoch die Stille: "Wovor hast du solche Angst, Kenma?" Ich hob meinen Kopf und sah sie an. Doch sie warf mir nur einen ausdruckslosen Blick zu und wandte sich dann wieder ihrem Essen zu. Ich setzte schon an: "Du weißt ganz genau, warum..." Doch sie unterbrach mich: "Nein. Das ist eine Ausrede. Wir leben im 21. Jahrhundert, Kenma. Die Zeiten sind vorbei, wo man euch für eure Vorlieben steinigt. Die wenigsten Menschen sind wie mein Bruder, der übrigens Grüße ausrichtet." - "Wie bitte?", stutzte ich und sie zuckte mit ihren Schultern.

"Ich glaube er hat in den letzten Monaten viel nachgedacht und sich vor allem von ein paar Hohlbirnen in seinem Freundeskreis abgekoppelt... auch wenn er sich vielleicht noch nicht zu hundert Prozent gebessert hat, sieht er, wie wichtig mir die Freundschaft zu dir ist und akzeptiert es. Er hat vor kurzem sogar rausgehauen, dass er ja einfach froh sein kann, dass du und Kuroo zwei Konkurrenten weniger seid, wenn es um Mädels geht", zwinkerte sie und kicherte leicht. Ich starrte ungläubig an. "Das hat er nicht wirklich gesagt..."

"Um zum Thema zurück zu kommen: weiß es eigentlich sonst jemand außer mir?", fragte sie. Ich nickte und antwortete: "Shoyo, von dem ich dir erzählt habe, sowie Kuroos bester Freund Bokuto, sein Freund Akaashi... ach und Yaku und Yamamoto." Ich merkte, wie sich ihre Wangen bei letzterem Namen leicht rosa färbten, doch sie ließ mir keine Zeit darauf einzugehen. "Dafür, dass du es so sehr geheim halten willst, wissen es ja ziemlich viele", sagte sie mit großen Augen und da wurde mir bewusst, dass sie Recht hatte. Ich nickte zögerlich. "Und was haben die gesagt?", fragte sie dann. Ich brauchte gar nicht überlegen.

"Die fanden... finden es gut. Sie freuen sich für uns", sagte ich nachdenklich. "Aber das ist was anderes... sie...", setzte ich an, doch sie schnitt mir wieder das Wort ab: "Das ist überhaupt nichts anderes. Diese Menschen gehören ebenso zu deinem Leben, wie deine Familie! Und wenn du es bei denen schaffst, schaffst du es bei den anderen erst recht! Sie geben dir Rückhalt, egal was passiert und sind immer für dich da... und wenn du das dann geschafft hast ist der Rest ein Klacks! Es wird immer Leute geben, die euch vielleicht nicht zu hundert Prozent unterstützen. Aber was sollen sie euch denn tun? Ihr seid niemanden Rechenschaft schuldig, außer euch selbst!" Die Heftigkeit ihrer Worte ließen mich etwas zusammen zucken.

Ich wusste, dass sie Recht hat. Und ich wusste, dass ich den nächsten Schritt gehen muss. Aber es wird unfassbar schwer. Als ob sie meine Gedanken hört, legte sie mir ihre Hand auf den Arm. "Das heißt doch nicht, dass ihr in aller Öffentlichkeit Partnerhoodies tragen und euch auf offener Straße abknutschen müsst. Ich weiß ja, dass du lieber unterm Radar bleibst", zwinkerte sie und ich wurde leicht rot. "Um Gottes Willen...", murmelte ich. "Aber Kuroo weiß das auch! Und er respektiert das... glaub mir!", sagte sie und ich schaute wieder in ihre freundlichen Augen. Ich stöhnte auf und schlug mir die Hand vors Gesicht.

"Oh man, ich hasse es, wenn andere Menschen Recht haben!", stöhnte ich und schaute sie an. "Danke, Sakura. Ich glaube... ich muss mal kurz telefonieren!"

Your way into my Heart || Kenma x KurooWhere stories live. Discover now