Kapitel 4

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Seoul, 27. Oktober

Jimin war sich erst ziemlich unsicher gewesen, ob er dem Fremden folgen sollte. Einerseits hatte er ihm geholfen und vor ein paar Schlägen bewahrt, aber auf der anderen Seite, wusste er so gut wie nichts über den mysteriösen jungen Mann mit dem Lippenpiercing und der schwarzen Tättowierung am Hals.

Doch letzten Endes wurde ihm nicht einmal die Wahl gelassen, sich großartig zu entscheiden und außerdem hatte bei Jimin mittlerweile schon die Neugier gesiegt. 

Die Beiden brauchten tatsächlich nur wenige Minuten, um die Wohnung des Schwarzhaarigen zu erreichen. Sie befand sich über einem Minimarkt direkt im Stadtzentrum. Doch die unzähligen Hochhäuser ließen das Gebäude ziemlich mickrig und spröde erscheinen. Jimin schien sich daran allerdings nicht sonderlich zu stören.

Nachdem er seine triefenden Klamotten losgeworden war und sich in dem kleinen, weiß gekachelten Bad einen neuen Pulli und eine Jeans übergeworfen hatte, betrachtete er die wenigen Fotos, die im Flur angebracht waren. Die meisten von ihnen zeigten den Schwarzhaarigen, zusammen mit einem weiteren jungen Koreaner, der nicht so viel älter sein durfte, als er selbst.

Im Gegensatz zu dem Mann, den Jimin geradeeben kennengelernt hatte, lächelte dieser auf den Bildern, als sei er der glücklichste Mensch auf der Welt.

„Und? Passen dir die Klamotten?", ertönte plötzlich eine raue Stimme vom anderen Ende des Flurs, was Jimin kurz aufschrecken ließ. Er entdeckte den Schwarzhaarigen, wie er sich an einen Türrahmen lehnte und ihn mit verschränkten Armen musterte.

Auch wenn ihm die Hose am Bund etwas zu weit war und auch der Kapuzenpullen ruhig eine Nummer kleiner hätte sein können, wollte Jimin in keinem Fall unhöflich gegenüber seinem verschlossenem Gastgeber sein. Also nickte er einfach und rang sich ein Lächeln ab.

„Warum hast du mir überhaupt geholfen?", wollte der Blonde nun wissen, da ihm diese Frage schon seit seiner Ankunft unter Nägeln brannte.

Der Schwarzhaarige zuckte nur gelassen mit den Schultern. „Weil du keine Chance gegen den Kerl gehabt hättest. Und wenn es eins gibt, das ich nicht leiden kann, dann sind es irgendwelche Halbstarken Arschlöcher, die sich an Schwächeren vergreifen."

Verwundert blinzelte Jimin und kratzte sich verlegen am Nacken, wobei er zuerst seine Hand aus dem eigentlich viel zu langem Ärmel befreien musste. „Naja...das war sehr nett von dir. Danke."

Der Fremde winkte ab. „Lass gut sein. Wir müssen ja nicht gleich sentimental werden", entgegnete er und musterte Jimin mit einem undefinierbaren Blick. „Hast du jemanden der dich abholen könnte?"

Jimin schüttelte langsam den Kopf, auch wenn es genug Leute gab, denen er Bescheid sagen konnte. Er wusste selbst nicht so ganz warum, aber irgendetwas schien ihn an diesen Ort zu fesseln. Sein Verstand wollte nicht zulassen, dass er sich so einfach wieder aus dem Staub machte.

Der Dunkelhaarige seufzte. „Dann musst du dich wohl mit der Couch zufrieden geben. Ein Gästezimmer hab ich nämlich nicht."

„Das macht nichts. Ich finde deine Wohnung eigentlich ziemlich..."

„Trist? Eintönig? Oder einfach nur beschissen?", lachte er verbittert, doch Jimin schüttelte hastig den Kopf. „Gemütlich. In unserer WG hängen so viele Schränke, dass ich schon überfordert damit bin, das richtige Geschirr zu finden."

Der Fremde verzog jedoch keine Miene. „Auf dem Polster sind vielleicht ein paar Hundehaare. Solltest du Durst oder Hunger bekommen nimm dir einfach was aus der Küche. Ach und übrigens...", er kramte in seiner Hosentasche und zog eine versilberte Kette daraus hervor. Jimin erkannte sie sofort und griff sich instinktiv an den Hals, wo das Schmuckstück tatsächlich fehlte.

„Die lag im Flur. Und sie kann eigentlich nur dir gehören", meinte er monoton und wollte sie gerade an Jimin übergeben, doch dieser drehte ihm, wie aus einem Reflex, den Rücken zu.

„K-kannst du sie mir umhängen?"

Der Schwarzhaarige brummte etwas Unverständliches, doch Jimin spürte schon die hauchdünne Kette auf seiner Haut, genauso wie die kühlen Finger, die dort überraschenderweise ein angenehmes Kribbeln hinterließen. Jimin hielt geschockt seinen Atem an und verkrampfte sich in seiner Haltung. Unruhig spielte er mit dem kleinen Anhänger, der aus einem silbernen Kreis bestand.

„Mach ich dich etwa nervös, Kleiner?", raunte die tiefe Stimme an Jimins Ohr, was ihm eine Gänsehaut bescherte. Er verkrampfte seine Finger und drehte sich langsam zu dem Schwarzhaarigen um, der noch immer ein Pokerface aufgesetzt hatte. Doch am Klang seiner Stimme, hatte Jimin erkannt, dass diese plötzliche Nähe auch etwas in seinem Gegenüber ausgelöst haben musste.

Jimin realisierte erst jetzt, wie nah sich die Beiden eigentlich gegenüber standen. Er spürte den warmen Atem auf seinen Lippen und auch wenn er nichts lieber getan hatte, als sie zu verbinden zuckte er schüchtern zurück.

Diesmal stahl sich sogar ein angedeutetes Grinsen auf die Lippen des Schwarzhaarigen. „Gute Nacht, Kleiner."

Er lief an Jimin vorbei, doch der Blonde sah ihm perplex hinterher. „I-ich heiße Jimin."

Er drehte sich kurz um, bevor er schließlich im Schlafzimmer verschwand. „Yoongi. Min Yoongi."



Ich hab mir noch nicht überlegt in welchem Rhythmus ich immer ein neues Kapitel hochlade, aber wenn ich das mache werden es auf jeden Fall immer gleich 3-4, weil ich die Geschichte schon letztes Jahr angefangen habe und fast fertig damit bin. Ich war die ganze Zeit am Zweifeln, ob ich etwas hochladen soll, aber gestern hab ich  endlich dazu aufgerafft.

Und damit bedanke ich mich schon mal fürs lesen😊

Your Eyes Tell //YoonminDonde viven las historias. Descúbrelo ahora