Kapitel 12

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Seoul, 28. Oktober

Yoongi/Pov

Dass der Kleine offensichtlich nicht mehr in meiner Wohnung war, als ich von meinem kleinen Ausflug zurückkam, wunderte mich nicht sonderlich. Viel überraschender war für mich die Tatsache gewesen, dass er überhaupt freiwillig in meiner Bruchbude übernachtet hatte.

Wäre ich nicht so ein abgebrühter Eisklotz, würde ich sogar fast zugeben, dass ich diesen Park Jimin schon ganz knuffig fand. Aber ich war überhaupt nicht der richtige Typ für Beziehungen. Bevor ich mir so ein nerviges Anhängsel beschaffte, konnte ich mir genauso gut einen Klotz ans Bein binden. Wobei mir Letzteres sogar noch lieber wäre.

Aber zumindest meine Klamotten hätte er mir hier lassen können, wenn er schon seine eigenen mitgenommen hatte.

Kopfschüttelnd nahm ich Holly an mich und setzte ihn vor seinen gefüllten Futternapf.

Ich wollte mich gerade drüber machen, das dreckige Geschirr nach Ewigkeiten mal in die Spülmaschine zu räumen, da ertönte schon die schrille Klingel von meiner Haustür.

Genervt verdrehte ich die Augen und ließ von meinem Vorhaben ab, um denjenigen reinzulassen.

Doch bevor ich überhaupt einen klaren Gedanken fassen konnte, wurde ich schon gegen die Wand gestoßen und dagegen gepinnt.

Mit aufgerissenen Augen musste ich dabei zusehen, wie ein Messer direkt vor mein Gesicht gehalten wurde. „Heute ist Zahltag, du kleiner Wichser! Ich dachte eigentlich du hast dir diesen Tag im Kalender markiert", knurrte eine bedrohliche Stimme, die ich beinahe unter tausenden erkannt hätte.

„Ich freu mich auch dich zu sehen, Kai", meinte ich betont ruhig und versuchte vehement mein Zittern unter Kontrolle zu kriegen. Was gar nicht so leicht war, wenn ein Drogendealer damit drohte, dir die Kehle aufzuschlitzen.

„Steck dir deine humoristischen Sprüche sonst wo hin, Min! Ich will meine Kohle haben. Und zwar jeden einzelnen Won. Wenn nicht musst du deine Schulden eben auf eine andere Art bezahlen", bellte er gehässig und drückte das spitze Metall so fest in meine Haut, dass ich nur mit Mühe einen Schmerzensschrei unterdrücken konnte. Ich spürte, wie ein warmer Tropfen an meinen Hals runterlief.

„K-Kai, bitte gib mir noch ein paar Tage. Ich hab die Summe so gut wie zusammen ich muss nur noch..."

„Hör auf mich zu verarschen! Wenn du nicht mit Geld bezahlen kannst, dann eben mit deinem Leben", drohte er erneut, was mein Herz einen Schlag aussetzen ließ. Zittrig stieß ich die Luft aus und überlegte fieberhaft nach einer Möglichkeit mich zu wehren. Die Tatsache, dass Kai eine Waffe bei sich hatte, machte die Sache nicht wirklich besser.

„Ich hab das Geld doch, aber nicht hier. Ich muss es erst abholen, verstehst du", flunkerte ich mit fester Stimme, in der Hoffnung er würde darauf eingehen, doch er offenbarte mir grinsend seine Zähne.

„Du wirst nirgendwo hingehen. Mich kannst du nicht so leicht reinlegen."

Er ließ abrupt von mir ab, doch bevor ich ihn überwältigen konnte, war er auch schon in die Küche gestürmt und hatte Holly auf den Arm genommen. Er zeigte drohend mit dem Messer auf meinen kleinen Zwergpudel, der wild zappelte und ängstlich angefangen hatte zu fiepen.

Zornig presste ich die Hand zu einer Faust zusammen, während sich in meinem Magen die unbändige Wut anstaute. Wie gern hätte ich diesem Bastard das Messer abgenommen und eigenhändig in die Brust gerammt.

„Die kleine Töle nehm ich mir als Pfand mit. Solltest du also auf die dumme Idee kommen mir zu folgen, kannst du bald eine Pudelmütze aus dem Vieh machen", meinte er boshaft und bewegte sich langsam zur Tür, ohne mir dabei auch nur einmal den Rücken zuzudrehen.

Hilflos und zähneknirschend musste ich in die kleinen Knopfaugen von Holly sehen, der nicht einmal begreifen konnte, was hier eigentlich vor sich ging.

„Krümm dem Kleinen ein einziges Haar und ich werde dir das Leben zur Hölle machen", brachte ich unter zusammengebissenen Zähnen hervor.

Kai lachte abfällig, doch beinahe im selben Atemzug, wurde die Tür aufgestoßen und brachte den Drogendealer zu Fall. Holly rannte bellend in meine Richtung, wo ich ihn sofort an mich nahm.

Das Messer schleuderte ich außer Reichweite des Kriminellen, der sich sofort wieder aufrappelte, allerdings von einem jungen Mann zu Boden gedrückt wurde.

„Namjoon?!", stieß ich entsetzt hervor, als ich den dunkelblonden entdeckte, der alle Mühe hatte Kai am unter Kontrolle zu halten.

„Hey, Yoongs. Ich war grad in der Nähe und wollte kurz bei dir vorbeischauen, da hab ich den Arsch schon in deine Wohnung gehen sehen. Ich hab nur auf den richtigen Moment gewartet", sagte Namjoon und versuchte dabei möglichst gelassen zu klingen, weswegen ich schon beinahe die Augen verdreht hätte. Aber dafür war ich ihm viel zu dankbar, weil er womöglich gerade Hollys Leben gerettet hatte. Und irgendwo auch mein eigenes.

Kai nutzte allerdings diesen kleinen, entscheidenden Moment, in dem Namjoon kurzzeitig abgelenkt war, um sich loszureißen und aus der Wohnung zu stürmen. Namjoon fiel fluchend auf den Hintern, wollte sich allerdings sofort wieder aufrappeln.

„Lass gut sein, Joon", beschwichtigte ich ihn und fing an, meinen kleinen Zwergpudel beruhigend zu kraulen. „Ich war noch nie so froh, dass du einfach in meine Wohnung geplatzt bist."

„Jeder Zeit", meinte Namjoon und rang sich ein Lächeln ab. Seine Gesichtszüge wurden allerdings sofort wieder ernst. „Wir sollten diesen Wichser endlich anzeigen! Was soll denn noch alles passieren?!"

Seufzend presste ich Holly an meine Brust, woraufhin sich der Kleine wieder etwas entspannte. „Ich bin ja nicht ganz unschuldig an der ganzen Sache. Am Ende handle ich mir noch selbst eine Anzeige ein."

Namjoon kniff die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, was mich darauf schließen ließ, dass meine Sorgen nicht unbegründet waren. Es gab für mich nur einen einzigen Ausweg aus dieser beschissenen Situation. Ich musste so schnell wie möglich 50 Millionen Won auftreiben!


Vielen lieben Dank fürs lesen😊

Your Eyes Tell //YoonminWhere stories live. Discover now