Kapitel 28

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Seoul, 15. November

Yeontan fiepte unruhig und sah seinen Besitzer aus treuherzigen Augen an, als dieser anfing, ihn hinter dem Ohr zu kraulen. Taehyung blinzelte angestrengt. Auch wenn der kleine Zwergspitz nicht verstehen konnte, was gerade passierte, bemerkte er dennoch die gekippte Stimmung seines Besitzers.

Taehyung presste das Fellknäuel an sich, während paar salzige Tränen in dessen Pelz tropften.

Durch seine wässrigen Augen sah er, wie Jin das Wohnzimmer betrat und ein Glas Wasser auf den Couchtisch stellte. Auch er schien in keiner besseren Verfassung zu sein.

„Ich hasse Yoongi! Wieso hat man ihn nicht einfach in einer Zelle verrotten lassen?!", stieß Taehyung unter zusammengebissenen Zähnen hervor.

Jin seufzte wehmütig. „Wir wissen noch gar nicht, ob er etwas damit zu tun hat."

„Natürlich wissen wir das! Wer sonst sollte sich an Jimin vergreifen wollen?!", fauchte Taehyung wütend und brachte Yeontan dazu, seine Nackenhaare aufzustellen. Der Kleine versteifte seinen Körper in Taehyungs Griff.

„Yoongi würde niemanden abstechen, Tae! Mir geht's doch nicht anders als dir, aber einfach jemanden zu verdächtigen, das hilft Jimin auch nicht weiter. Er würde bestimmt nicht wollen, dass wir Yoongi beschuldigen", rief Jin lauter als gewollt, was Yeontan dazu veranlasste aufgeregt zu bellen.

Taehyung setzte das Tier auf dem Sofa ab und erhob sich abrupt von seinem Sitzplatz. „Wahrscheinlich liegt es ja auch einfach daran, dass Namjoon schon längst den Verstand aus dir rausgevögelt hat. Wenn Jimin dir wichtig wäre, dann würdest du dich auch anders verhalten. Du warst doch Derjenige, der Yoongi am Anfang nicht leiden konnte!"

Jin gab Taehyung einen kräftigen Stoß, doch als dieser erschrocken nach hinten taumelte, packte der Ältere sich dessen Kragen und knurrte mit bebender Stimme. „Aber er hat Jimin gut getan! Ich wollte immer nur das Beste für ihn! Jimin ist wie ein kleiner Bruder für mich, ich war jede fucking Woche mit ihm auf dem Spielplatz, ich hab mit ihm Hausaufgaben gemacht, für ihn gekocht, ihn jeden Tag zur Schule gefahren, als ich endlich meinen Führerschein hatte. Ich hab einen seiner Klassenkameraden verprügelt, weil er sich über Jimin lustig gemacht hat. Meinetwegen würde ich halb Seoul für ihn zusammenschlagen, wenn es nötig ist! Also sag du mir nicht, dass er mir nicht wichtig wäre!"

Mit Mühe konnte Taehyung die Hände seines aufbrausenden Mitbewohners von seinem Hemdkragen befreien. „Ich würde genau dasselbe für ihn tun! Er ist immerhin auch mein bester Freund!"

„Das hab ich auch gar nicht in Frage gestellt! Aber du scheinst dich gegen jeden von unsren Partnern verschworen zu haben, ausgenommen deinem eigenen", keifte Jin.

„Jungkook steht wenigstens nicht mit einem Bein im Knast!"

„Namjoon und Yoongi auch nicht!"

„Noch nicht."

„Kim Taehyung! Ich weiß nicht was dein fucking Problem ist, aber wir haben gerade wohl Wichtigeres zu tun, als uns gegenseitig anzugiften. Jimin wird immer noch vermisst und wir wissen nicht was ihm überhaupt zugestoßen ist! Außer das man seine Begleitung erstochen hat! Also wurde er bestimmt nicht mit Samthandschuhen angefasst!", schrie Jin entzürnt, dass Taehyung kurz die Gesichtszüge entglitten. Doch der Brünette fing sich sofort wieder. „Vielleicht hat Namjoon ja auch seine Finger im Spiel und deckt Yoongi nur deswegen!"

Jin öffnete fassungslos seinen Mund. Es hätte nicht fiel gefehlt, dass seine Wut soweit angeschürt worden wäre, dass er mit dem befüllten Wasserglas auf Taehyung gezielt hätte. Doch er unterdrückte den Ärger so gut es ihm möglich war und presste stattdessen die Hand zu einer Faust zusammen.

„Ich muss mich hier ganz bestimmt nicht zu meinem Liebesleben rechtfertigen. Ich hab Besseres zu tun, weißt du? Ich bin auf dem Polizeirevier falls du nach mir suchen solltest."

Er schnappte sich seine Jacke und stürmte aufgebracht in den Flur, wo er krachend die Tür ins Schloss fallen ließ.

Taehyung verpasste dem Couchtisch einen deftigen Tritt, bei dem das Wasserglas vorneüberkippte und am Boden in seine tausenden Einzelteile zersprang. Frustriert ließ er sich auf das Sofa fallen und vergrub sein Gesicht in beiden Händen.

Warum hatte er nicht einfach den Mund gehalten?


Vielen lieben Dank fürs lesen😊💜

Your Eyes Tell //YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt