Kapitel 22

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Seoul, 7. November

Jimin/Pov

„Vorsicht heiß!", warnte Jin uns, als er die dampfende Pfanne auf dem kleinen Couchtisch abstellte. Taehyung, der schon sehnsüchtig auf das Bulgogi gewartet hatte, schnappte sich hastig seine Stäbchen und schob sich genussvoll das Fleisch zwischen die Zähne.

Schmunzelnd rückte ich ein Stück zur Seite, damit Jin genug Platz hatte und sich ebenfalls zu uns gesellen konnte.

„Wie war eigentlich euer Date gestern?", fragte Taehyung kauend und fächelte sich augenblicklich ein wenig Luft zu. Wahrscheinlich hatte er sich an dem heißen Gericht die Zunge verbrannt.

Ich sah gedankenverloren auf die blubbernde Brühe. „Naja...es war in Ordnung schätzte ich."

„Es war ‚in Ordnung'? Was soll das denn jetzt heißen? Ich dachte du wärst hin und weg von dem Kerl. Oder bist du jetzt schon untervögelt?", mein bester Freund grinste neckend, während Jin sich beinahe an seinem ersten Bissen verschluckte.

Kopfschüttelnd verdrehte ich die Augen und klopfte dem Ältesten beruhigend über den Rücken. „Sei nicht albern. Der Abend war wirklich schön. Nur gegen Ende hat Yoongi sich ein bisschen komisch verhalten."

Vor meinem inneren Auge tauchte wieder sein verstörter Gesichtsausdruck auf. Zu gern gerne hätte ich gewusst was seine überstürzte Flucht zu bedeuten hatte, aber aus Yoongi konnte ich nichts herauskitzeln. Er verhielt sich seitdem seltsam distanziert. Nicht mal auf meine unzähligen Anrufe hatte er reagiert.

„Vielleicht bin ich ihm ja zu langweilig geworden", meinte ich kleinlaut und spürte schon Jins Hand auf meiner Schulter. „So was darfst du dir gar nicht erst einreden, Chim! Yoongi liebt dich, das hat man in den letzten Tagen deutlich gesehen. Aber er sollte sich eine gute Erklärung parat legen, warum er dich heute so ignoriert hat, sonst werde ich ihn eigenhändig mit meiner Pfanne verprügeln!"

„Dabei schließ ich mich gerne an", bekräftigte Taehyung und hielt kämpferisch seine Stäbchen in die Luft.

Ein amüsiertes Kichern entwich meiner Kehle, wurde allerdings sofort von dem dumpfen vibrieren meines Smartphones unterbrochen. Aufgeregt griff ich nach dem Mobiltelefon, als ich Yoongis Namen auf dem Display entdeckte.

„Yoongi? Wieso hast du dich denn nicht mehr bei mir gemeldet? Ist alles in Ordnung?"

Ein dumpfes Knistern ertönte am anderen Ende der Leitung. „Ich weiß Jimin es...es tut mir unglaublich leid aber...ich hatte wirklich gehofft unsere Beziehung würde funktionieren. Ich möchte es nicht verantworten, wenn dir etwas passiert, also...i-ist es besser, wenn wir die ganze Sache zwischen uns wieder beenden. E-es tut mir leid, Jimin."

Das Telefonat war so schnell gekappt worden, wie es angefangen hatte. Vor Entsetzten öffnete ich den Mund und spürte schon wie die ersten Tränen hinter meinen Augen brannten. Mein Handy glitt mir aus den Fingern wie rieselnder Sand und zog somit die Aufmerksamkeit meiner Mitbewohner auf sich.

„Was ist passiert, Jiminie?", fragte Taehyung bestürzt und trennte sich abrupt von seinem Essen. Auch Jin war sichtlich besorgt, als er mir einen Arm um die Schultern legte.

„Y-yoongi er...e-er hat...schlussgemacht", fing ich unbeholfen an zu stammeln, doch, gerade, als ich anfing die Situation richtig zu realisieren, waren bei mir schon sämtliche Dämme gebrochen. Die Tränen strömten nur so aus meinen Augen und benetzten meine Wangen. Hilflos fing ich an zu schluchzen und wurde prompt von Jin in den Arm genommen. Ich krallte mich wie ein Ertrinkender an ihm fest und weinte erbarmungslos in seine Schulter, als würde mein ganzes Leben davon abhängen. Was hatte ich denn nur falsch gemacht?!

„Dieser elende Mistkerl! Ich werde ihm den Hals umdrehen!", knurrte Jin unter zusammengebissenen Zähnen und drückte mich schützend an seinen Körper.

Ich konnte hören wie jemand gegen den Couchtisch stieß und wütend durch unser Wohnzimmer sprintete.

„Taehyung?! Was hast du vor?", rief Jin über seine Schulter hinweg.

„Ich leih mir mal kurz deine Pfanne aus!"

„Das lässt du schön bleiben! Glaubst du etwa, dass du Jimin damit helfen könntest?"

„Klar tu ich das! Der Wichser denkt wohl, er könnte sich alles erlauben! Ich werde nicht zulassen, dass er Jimin behandelt, wie einen abgenutzten Kaugummi!", der Zorn in Taehyungs Stimme war wirklich beängstigend. So aufbrausend hatte ich ihn zuvor noch nicht erlebt.

„Ich würde gerade auch nichts lieber tun, aber Jimin braucht uns jetzt!", mahnte Jin lautstark und strich mir sanft über den zitternden Rücken. Die Schluchzer erschütterten meinen Körper so stark, wie bei einem Erdbeben.

„Was für ein Arschloch!", fauchte Taehyung wütend.

„Mein armer kleiner Mochi. Bitte mach dich nicht so fertig. Ich weiß, dass ist für einen Außenstehenden leicht zu sagen", flüsterte Jin besänftigend in mein Ohr.

„Vor allem nicht für einen Kerl, der dich sowieso nicht verdient hat!", schimpfte Taehyung schon wieder, weshalb ich mich schniefend an Jins Pulli festkrallte.

„Kim Taehyung!", zischte dieser sofort und vergrub seine Finger in meinen Haaren. Er wollte scheinbar noch etwas zu mir sagen, doch im selben Moment ertönte die Klingel unserer Haustür, weswegen er sich augenblicklich versteifte.

„Na der kann was erleben!", knurrte Taehyung auch schon und stürmte hörbar in den Flur.

„Ich weiß, dass es wehtut, Chim. Aber du bist etwas Besonderes, vergiss das nicht", hauchte Jin liebevoll, weshalb ich mich schwerfällig zu einem Nicken animierte. Was war gestern Abend nur vorgefallen, dass Yoongi so eine Entscheidung gefällt hatte?! Bislang war doch noch alles harmonisch zwischen uns beiden gewesen. Für mich ergab das alles keinen Sinn!

„Jin? Namjoon meinte er will dich abholen", kam es plötzlich von Taehyung, weshalb Jin sich nach hinten drehte. „Sag ihm er soll mich später mal anrufen. Ich kann jetzt nicht weg."

„Hyung", flüsterte ich tränenerstick und löste mich langsam von dem Älteren. Durch den Tränenschleier sah ich wie er lächelnd den Kopf schüttelte und mit beiden Daumen über meine Wangen wischte. „Ich lass dich nicht alleine."

Taehyung nickte wissend und rief das besagte in den Flur. Einen Wimpernschlag später stand Namjoon auch schon im Türrahmen und musterte uns besorgt. „Alles okay?"

Jin nickte lächelnd. „Tut mir leid, Schatz. Aber Jimin braucht uns jetzt."

„Ist irgendwas passiert?"

Taehyung lachte verbittert und beobachtete den Blonden abschätzig. „Frag das doch deinen tollen Freund Yoongi."

Namjoon sah irritiert in unsere Richtung, doch Jin ergriff auch sogleich das Wort. „Ist schon gut, Joonie. Wir reden später, ja?"

Der Blonde nickte lächelnd und verschwand auch schon wieder in den Flur. Auch wenn mich schon die ersten Schuldgefühle plagten, war ich heilfroh, dass Jin sich entschlossen hatte nicht das Haus zu verlassen.

„Ich werde Jungkook auch absagen. Wir können uns ja auch ein anderes Mal verabreden. Wir müssen unseren Mochi doch wieder zum Lachen bringen", meinte Taehyung schmunzelnd und ließ sich neben uns auf das Polster nieder.

Auch wenn ich gerne näher auf seinenAufmunterungsversuch eingegangen wäre, kullerten schon die nächsten Tränen übermein Gesicht und veranlassten mich dazu, meinen Kopf wieder in Jins Halsbeugezu vergraben. Taehyung legte seine Arme von hinten um uns beide, weswegen ich nunso eingekesselt war, als wären die Beiden mein persönliches Schutzschild. Wobeisie in dieser Situation oder in jeder anderen auch eine ähnliche Funktion fürmich hatten.


Vielen lieben Dank fürs lesen😊💜

Your Eyes Tell //YoonminDonde viven las historias. Descúbrelo ahora