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TW Selbstverletzung, traumatische Erlebnisse etc.

Lia POV
Panisch wache ich auf, diese blöden Albträume ich kann einfach nicht mehr. Meine Tränen fließen mit lautlos über die Wangen, ich weiß nicht wie lange ich so in Tylers Bett liege, mein Kopf ist komplett leer auch meine Emotionen sind leer. „Hey Prinzessin was ist los?" höre ich auf einmal Tylers Stimme. Ich weiß nicht warum aber er löste bei mir noch mehr leere aus und ich fange bitterlich an zu weinen, er zieht mich sofort in seine Arme und streicht mir beruhigend über den Rücken. Nachdem wir so einige Minuten auf seinen Bett saßen, ich mich aber immer noch nicht beruhigt habe, nehme ich meinen kompletten Mut zusammen „Tyler ich kann nicht mehr"
Ich merkte wie er schlucken musste, mein großer Bruder atmete tief ein und fragte mich „Was kannst du nicht mehr?" „Diese blöden Albträume, jede Nacht holt mich die Vergangenheit immer und wieder ein. Jede Nacht erlebe ich den Unfall mit jeder Faser meines Köpers, wie ich die Diskussion anfange, Dad sich deswegen nach Hinten dreht und von der Fahrbahn abkommt. Diese ganzen Schmerzen, wie Mum vor meinen Augen stirbt, das ganze Blut. Diese ganze Angst, wenn ich nach Hause gekommen bin. Jede Nacht erlebe ich diese ganzen Schmerzen, die er mir zugefügt hat, seine Worte. Tyler ich kann nicht mehr, ich will das nicht mehr" brach es heulend aus mir raus. „Beruhige dich, du musst langsam atmen. Einatmen und wieder ausatmen." Langsam beruhigt sich meine Atmung wieder „Wolltest du deswegen die Schlaftabletten nehmen?" ich nicke stumm, mein Gesicht ist tränenüberströmt trotzdem kommen immer und immer welche nach. „Und warum hast du dich selbst verletzt?" „Vor einem Jahr habe ich eine schlechte Note geschrieben in Mathe, alle waren enttäuscht von mir. Es war einfach zu viel damals, es sollte nur eine einmalige Sache werden in dem Moment hat es geholfen. Dieser Schmerz hat mich lebendig gefühlt, er hat mir gezeigt das ich am Leben bin und das ich zu etwas fähig bin. Anfangs habe ich es nur im Notfall gemacht aber es wurde immer öfter. Dann kam der Unfall, an dem ich Schuld bin. Ich habe es einfach nicht verdient noch am Leben zu sein, ich habe alle enttäuscht und gleichzeitig euch eure Eltern genommen und bin euch zur Last gefallen.
Das Blut und die Bewusstlosigkeit, ich habe es einfach verdient. Doch einmal bin ich abgerutscht es war nicht beabsichtigt das musst du mir glauben. Ich habe angefangen alles zu bereuen, ich wollte euch nicht enttäuschen. Aber die Schule und diese ganzen Erinnerungen wurden wieder schlimmer und ich konnte diesem Druck einfach nicht standhalten. Deswegen habe ich wieder angefangen, es tut mir so leid. Am Montag kamen alle Erinnerungen wieder hoch, ich konnte wieder alles spüren, als würde ich alles nochmal durchleben. Ich wollte euch nicht mehr zur Last fallen, nicht mehr ein Klotz am Bein sein, ihr habt es ohne mich deutlich einfacher. Die Erinnerungen an das alles, machen mich so fertig" prasselt es aus mir raus. Auf der einen Seite fühlt es sich gut an, endlich alles los zu werden aber auf der anderen Seite habe ich Angst. Was ist wenn meine Brüder mich jetzt in die Klinik stecken? Wenn sie mich ins Heim geben? Was ist- Tyler unterbricht meine Gedanken „Prinzessin wieso hast du uns das denn nicht schon früher gesagt? Wir hätten dir doch helfen können. Also erstmal bist du nicht Schuld an dem Unfall, es war Dads Entscheidung sich zu dir umzudrehen außerdem wurde ihm Alkohol im Blut nachgewiesen und das nicht gerade wenig. Trotzdem ist und bleibt es ein Unfall. Ich kann verstehen, dass du diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf bekommst, das ist nach so einem traumatischen Erlebnis total normal. Wahrscheinlich hast du eine traumatische Belastungsstörung. Es tut mir beziehungsweise uns unfassbar leid, dass Dad dich dazu gebracht hat, dir selber schaden zu zufügen, ohne das wie gemerkt haben. Aber es ist jetzt vorbei, Dad ist tot er kann dir nichts mehr tun.

Mit den Albträumen finden wir auch eine Lösung, aber bitte versprich mir nie Schlaftabletten zu nehmen, sie machen ganz schnell abhängig und sind auch noch nicht für so junge Menschen wie dich geeignet.

Wie kommst du eigentlich auf die Idee, dass du uns zur Last fällst? Du gehörst zur Familie, du bist unsere kleine Schwester und wir lieben dich. Wir hätten dich am liebsten schon viel früher bei uns gehabt, aber Dad hat sich geweigert. Also sage so etwas nie wieder hörst du. Ich kann verstehen, dass es momentan alles andere als leicht ist aber wir bekommen das hin, zusammen.

Jetzt komm Versuch noch etwas zu schlafen, die letzten Tage waren unfassbar anstrengend für dich." Dankbar und müde für die Worte meines Bruder kuschele ich mich an ihn und schlafe auch direkt ein.

Am nächsten Morgen werde ich von der Sonne, die mir ins Gesicht scheint, geweckt. Langsam öffne ich meine Augen, Tyler sitzt schon am Schreibtisch und arbeitet. Gähnend richte ich mich auf, waraufhin Tyler mich bemerkt. „Guten Morgen Prinzessin" begrüßt er mich und gibt mir einen Kuss auf den Scheitel. „Hast du Hunger?" eigentlich wollte ich mit den Kopf schütteln aber meinem Bruder zu liebe stehe ich langsam auf, damit wir gemeinsam runter gehen können. Plötzlich tanzen schwarze Punkte vor meinen Augen, kurz bevor ich hinfallen konnte, wurde ich am Arm gepackt. „Ist dir schwindelig?" fragt mein Bruder besorgt, ich nicke stumm. „Das kommt wahrscheinlich von deinem hohen Blutverlust, der Mangelernährung und zu wenig Schlaf. Ich gebe dir gleich etwas, damit es dir besser geht." und schon befinde ich mich in seinen Armen. „Bitte keine Nadeln" flüstere ich ihm ängstlich zu, er sieht mich an „Keine Sorge, dein Zugang liegt noch, ich muss dich nicht extra spritzen." Ich atme erleichtert aus, auch wenn dieser blöde Zugang mich echt panisch macht.
Unten wartet schon Cole auf uns, der im Wohnzimmer auch mit seinem Laptop sitzt,  er wünscht mir ebenfalls einen guten Morgen. Tyler bringt mich sofort auf die Couch, damit er mir die Infusion wieder anschließt.
Prompt steht mein anderer Bruder mit einer Müslischüssel vor mir, er drückt mir diese in die Hand und setzt sich zu uns auf die Couch.

„Wir möchten gerne mit dir reden." Ich wusste das so etwas kommt aber trotzdem steigt Panik in mir hoch „Lia du brauchst professionelle Hilfe, wi-" „Ich muss in eine Klinik, oder?" unterbreche ich ihn und versuche meine Tränen zurückzuhalten. „Nein, wie kommst du dadrauf? Wir würden dich lieber hier bei uns lassen oder möchtest du in eine Klinik?" fragt Tyler mich jetzt, Ich schüttele heftig den Kopf. Alles nur nicht in die Klinik. „Ok dann wäre das geklärt. Du wirst aber zweimal die Woche zur Therapie gehen, wenn du möchtest kannst du noch zusätzlich zur Gruppentherapie gehen, das ist dir überlassen." Ich gucke ihn schockiert an, auch wenn die Therapie beim letzten Mal nicht so schlimm war, möchte ich das nicht. Ich habe es einfach nicht verdient, dass es mir besser geht und außerdem soll kein Fremder wissen wie schwach ich bin. „Lia wir möchten dir nur helfen, du kannst nicht mehr und Dr. Wingston ist auf solche Krankheitsbilder, wie deins spezialisiert und kann dir helfen. Probiere es wenigstens ein bisschen aus, ok?" ich reagiere nicht auf ihn „Die nächsten Tage oder Wochen gehst du erstmal nicht zur Schule, deine Lehrer geben Max deine Schulsachen mit und wir können die dann hier gemeinsam durcharbeiten. Wir wissen wie wichtig dir die Schule ist aber es ist aktuell einfach zu viel Druck, den wir erstmal rausnehmend. So kannst du in Ruhe gesund werden. Es soll keine Bestrafung sein, sondern wir möchten dir Helfen wieder ein normales Leben zu führen. Kannst du das verstehen?" Ich nicke stumm, ich weiß ehrlich gesagt nicht was ich dazu sagen soll. „Versprichst du uns etwas?" fragt mich jetzt Tyler, ich gucke ihn abwartend an „Höre bitte auf dich selbst zuverletzten. Ich weiß es ist schwer und es ist auch eine Sucht geworden aber es hilft dir nicht. Vielleicht in diesem einem Moment aber danach nicht mehr.

Wir machen einen Deal, ok? Immer wenn du den Druck verspürst doch zu Ritzen oder dir sonst in irgendeiner Art Schaden zuzufügen, kommst du zu uns oder wenn du unterwegs bist, rufst du uns an. Wir sind jederzeit für dich erreichbar und du brauchst dich vor uns nicht zu schämen. Wir werden dir nicht böse sein und wenn du uns 10mal am Tag anrufst, dann ist das auch  in Ordnung. Verstehst du das?" erneut nicke ich wieder. „Die alten Regeln bleiben bestehen, du gehst erstmal nicht alleine raus, du schließt dich bitte auch nicht ein und zusätzlich hätten wir gerne all deine Scheren, Rasierklingen oder was du sonst noch hast."

shit happens - my complicated lifeWhere stories live. Discover now