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„Ich habe 1 1/2h Stunden gebraucht, um an sie heran zu kommen und dann noch mal eine weitere bis sie endlich schlafen konnte. Weißt du eigentlich, was du Lia mit dieser scheiß Aktion angetan hast?" schreie ich meinen Bruder an.
„Du hattest eine Aufgabe, eine. Unsere kleine Schwester von der Schule abzuholen. Was ist daran bitte so schwer!?"

„Ich war doch schon auf dem Weg zu ihr, dann ist aber ein Notfall reingekommen und ich musste sofort dorthin." schrie mein Bruder zurück.

„Und wozu gibt es Handys? Ein einziger Anruf bei mir hätte gereicht, damit ich in der Schule Bescheid gebe und schnellstmöglich selber dorthin fahre. Aber nein. Du lässt sie lieber komplett alleine an dieser Schule stehen. Das gibt es doch nicht!"

„Man ich weiß doch wie scheiße das war. Es tut mir leid Tyler, ich weiß wirklich nicht, wie das passieren konnte." Cole ließ sich erschöpft auf den Stuhl sinken.

„Entschuldige dich nicht bei mir, sondern bei Lia." murrte ich.

„Ich habe meine kleine 14-jährige Schwester alleine in einer fremden Stadt vergessen." murmelte er vor sich hin und vergrub sein Gesicht in den Händen, „scheiße."

„Das kannst du laut sagen." kommentierte ich seufzend und ließ mich ebenfalls auf die Couch sinken.

„Was machen wir jetzt?" mein Bruder setzte sich neben mich.
„Wir brauchen einen besseren Plan, wer Lia wann bringt und abholt. Einen der funktioniert. Ich werde mir diese Woche frei nehmen und am Freitag mit ihr einmal mit dem Bus fahren. Damit sie zumindest im Notfall nach Hause kommt. Morgen haben wir zum Glück noch einen Termin bei Dr. Michaels bekommen. Ich würde mich gerne mit ihr aber auch mit der Schultherapeutin kurzschließen, was das beste für Lia ist."

„Stimmt der Termin wäre ja auch heute gewesen. Ich bin so ein schlechter Bruder." murmelte Cole neben mir.
„Cole, ja es war scheiße aber du kannst es nicht mehr ändern. Mir hätte sowas auch passieren können, Fehler passieren. Aber damit sowas nicht mehr passiert muss ein Plan her, ohne das geht es nicht. Wir machen das gleich alle zusammen." rede ich ihm gut zu. Ich war immer noch sauer auf ihn aber er ist halt auch nur ein Mensch. Jetzt wo es zu spät es bringt es auch nichts mehr darüber zu reden, wir es hätten vermeiden können. Was geschehen ist, ist geschehen. Punkt. Wir können die Vergangenheit nicht mehr ändern, dafür aber in der Zukunft besser vorbereitet sein.

Eine Stunde später sind alle meine Brüder im Wohnzimmer versammelt, Max, Henry, Liam und Alex sahen nicht wirklich begeistert aus. Es dauerte auch nicht lange, da kam der erste Kommentar von Alex.
„Was machen wir überhaupt hier und warum kann Lia mal wieder das ganze Schwänzen."

„Alex." zischte Fynn.

„Lia schläft, ihr ging es nicht so gut. Und der Grund warum wir alle zusammensitzen ist, dass wir einen genauen Plan machen, wer wann Lia zur Schule bringt und auch wieder abholt. Wir werden diesen Plan immer am Ende des Monats für den kommenden Monat machen. Getauscht wird nur im Notfall in Absprache mit Lia, Cole und mir." beginne ich. Kurz darauf hörte ich meine kleinen Brüder aufstöhnen.
„Wieso kann sie nicht mit dem Bus fahren?" fragte Liam genervt.

„Es ist eine ziemlich lange Strecke, weswegen wir ihr das ungern zumuten wollen. Wenn es nicht anders geht, muss Lia mit dem Bus fahren." mischte sich Cole ein.

„Ja und warum geht sie dann nicht einfach an eine normale Schule, die in der Nähe ist. Zum Beispiel unsere?" konterte Alex. „Weil Prinzessin sich zu fein für eine öffentliche Schule ist." kommentiert Henry.

„Henry" zischte nun ich. „Wir haben da schonmal drüber gesprochen. Lia geht nicht grundlos auf diese Schule. Denkt ihr nicht, wir hätten sie lieber hier in der Nähe auf einer Schule? Denn für uns bedeutet das auch wahnsinnig viel Planung und nimmt viel Zeit in Anspruch. Aber manchmal geht es halt nicht anders. Und lasst diese Anschuldigungen einfach sein. Lia macht sich bezüglich der Schule eh schon genug Vorwürfe. Anstatt sie dauernd zu ignorieren und runter zu machen, könntet ihr sie einfach mal mehr unterstützen, das würde eure Schwester nämlich deutlich helfen."

„Immer heißt es Lia hier, Lia dort. Wir haben auch unsere Eltern verloren. Machen wir deswegen so einen Aufstand? Nein! Lia ist nicht die einzige, die darunter leider." bricht es aus Alex plötzlich ziemlich wütend heraus. Cole wirft mir einen kritischen z zu. Ich glaube, wir haben, zumindest bei Alex, schon mal den Auslöser für sein Verhalten gefunden. Wir haben es schon vermutet aber dieser Satz zeigte, dass unsere Vermutungen nicht ganz falsch lagen.

„Seid ihr deswegen so zu Lia? Denkt ihr, wir bevorzugen sie, weil Mum und Dad tot sind?" hinterfragt jetzt Cole.

„Nein. Aber Lia ist 15 Jahre alt und ihr behandelt sie wie ein Baby. Wie Alex schon gesagt hat, es geht immer nur im Lia. Wie jetzt auch. Sie geht auf eine Privatschule? Ok. Aber wir müssen jetzt hier wieder zusammen sitzen, und uns kümmern, dass Lia dorthin kommt und auch wieder zurück. Ich weiß, wir sind ihre Familie aber wir sind auch nur Teenager, die ihre Freizeit haben möchten. Stattdessen müssen wir aber über eine Stunde ‚opfern', weil sie nicht, wie wir, auf eine normale Schule im Umkreis geht. Wir möchten gerne unsere Freunde zu uns einladen aber es geht nicht, weil es Lia nicht so gut geht.
Wir würden uns freuen, wenn wir mal alle wieder etwas machen würden oder ihr alle zum Spiel kommt. Aber es geht nicht, weil Lia nicht mit kann oder möchte, jedoch nicht alleine bleiben soll. Oder ihr bekommt kein frei mehr, weil ihr Minusstunden gemacht habt, um für Lia da zu sein.
Ich könnte die Liste noch stundenlang weiter führen. Und ich weiß auch, dass ihr das aus gutem Grund macht. Ihr ging es nicht, gut, dass könnt ihr nicht verheimlichen. Das sah ein Blinder aus 50 Meter Entfernung.
Wie die anderen schon gesagt haben, nicht nur Lia hat ihre Eltern verloren, sondern wir alle auch. Ja sie ist vielleicht Jünger und saß mit im Auto drin. Und jeder geht auch anders mit der Trauer um.Trotzdem wird Lia schon immer bevorzugt. Wir Jungs sind alle hier bei euch aufgewachsen, ohne Eltern. Versteht mich bitte nicht falsch, wir haben euch lieb und ich denke auch, dass wir dadurch gewisse Vorteile hatten. Aber wisst ihr, wie es sich anfühlt, wenn alle immer nur über die Eltern reden aber man selber nicht wirklich welche hat. Man hat schon welche aber man muss bei den Brüdern leben während die kleine Schwester den Luxus hat bei den Eltern auf zu wachsen?
Versteht ihr, was ich meine? Es geht nicht wirklich darum, dass ihr Lia bevorzugt. Sondern eher, dass wir schon immer zurückstecken, während Lia all das bekommt, was sie möchte und was wir uns wünschen würden. Wir haben auch Probleme. Wir sind Jugendliche. Ich gehe bald aufs College, muss mich entscheiden, was ich studieren möchte, was ich aus meinem Leben machen möchte. Die Zwillinge sind schlecht in der Schule, weil sie kein Bock haben, zu lernen. Alex kompensiert seinen Stress mit irgendwelchen Drogen, weil er falsche Freunde gefunden hat. Ihr nehmt diese Probleme ernst, dass weiß ich, und versucht auch zu helfen. Vielleicht nicht auf die Art und Weise, wie wir uns das wünschen würden aber ihr seid schließlich unsere Erziehungsberechtigten. Doch sobald Lia etwas habt, springt ihr auf und versucht die Welt zu retten."

shit happens - my complicated lifeOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz