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„Tyler hat mir gesagt, wie sehr es dir an der Schule gefallen hat aber auch von deinem Zweifeln. Aber weißt du, wenn wir uns dazu entscheiden, dir diese Schule vorzuschlagen, dann mit der Perspektive, dass du auch dorthin gehen kannst." beginnt Cole das eigentliche Gespräch.

„Natürlich ist die Schule deutlich weiter weg als deine jetztige. Aber dafür haben wir schon eine Lösung gefunden, oder eigentlich mehrere. Entweder fahren wir dich jeden Morgen, solange bis wir uns alle sicher fühlen, dass du alleine mit dem Bus fahren kannst. Dann musst du vielleicht ein wenig früher aufstehen aber ich denke daran sollte es nicht scheitern. Zweite Möglichkeit wäre, dass du auf das Internat gehst und du mindestens für die Wochenenden, Ferien und Feiertagen zu uns kommst. Oder Möglichkeit drei wäre eine Fahrgemeinschaft. Die Schulleitung hat erzählt, dass du nicht die einzige Schülerin hier aus der Gegend bist, außerdem kannst du in drei Jahren auch schon selber Auto fahren. Natürlich wäre das für uns alle zeitaufwendiger, das möchte ich nicht leugnen aber wir machen das alle gerne für sich, wenn du auf diese Schule gehen möchtest. Rede dir bitte nicht immer ein, dass du eine Extrawurst von uns bekommst. Für jeden anderen dieser Familie würden wir das gleich tun und nur weil  du auf eine andere Schule gehst oder wir uns ein wenig mehr um sich kümmern, bekommst du keine Extrawurst. Nenn es einfach liebevolle Führsorge deiner Brüder." Cole zwinkert mir zu.

„Prinzessin, natürlich ist die Schule teurer als deine jetzige. Aber das ist kein Problem, denn erstens haben wir das Geld, zweitens haben Mom und Dad Geld für deine Schulbildung zurückgelegt und testamentarisch festgelegt, dass dieses Geld ausschließlich dafür gedacht ist. Aber auch wenn das nicht so wäre, würden wir das Geld schon irgendwie zusammenbekommen. Kommen wir jetzt zum Punkt, was wir damit sagen wollten. Wir können natürlich nachvollziehen, dass du Bedenken hast, aber hätten wir keine Möglichkeit dir diese Schule zu ermöglichen, dann hätten wir dir das nicht vorgeschlagen." beendet Cole seinen Monolog und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.

Nachdenklich starre ich auf den Boden. Meine Gedanken werden immer lauter. Jetzt wo ich mit meinen Brüdern drüber geredet habe, wirkt alles einmal so klar. Aber diese ganz kleine Stimme in meinen Kopf sagt mir, dass irgendetwas falsch ist.

„Hey Prinzessin worüber denkst du nach? Lass uns an deinen Gedanken teilhaben." stupst Cole mich an.

„Ich weiß auch nicht, ich verstehe das alles und ich möchte unbedingt auf diese Schule. Ich möchte gerne wieder Sport machen, Freunde finden aber auch weiter lernen. Die jetztige Schule ist einfach total blöd. Die Lehrer sind unfair und die Schüler interessieren sich nicht für mich. Außerdem ist der Unterricht immer so langweilig und nicht informativ. Aber die andere Stimme in meinen Kopf sagt mir, dass irgendwas falsch ist. Ich weiß nicht, worauf ich hören soll." lege ich meine Gedanken klar auf den Tisch.

„Was hältst du davon wenn du es einfach mal ausprobierst? Du kannst nur herausfinden, ob es falsch ist, wenn du es ausprobierst." schlägt Tyler vor.

„Ok. Ich möchte gerne auf die Schule gehen." mit diesem Satz, bringe ich meine Brüder zum Lächeln. Cole gibt mir einen Kuss auf den Scheitel und flüstert mir ein ‚Ich bin stolz auf dich zu'

„Dann rufe ich morgen mal Mrs. Deckster und sage ihr für eine Probewoche zu. Aber du wirst erst gehen, wenn es dir besser geht."

„Und jetzt machen wir ein Spieleabend mit allen." verkündet Tyler glücklich. „Keine Sorge, wir erklären dir alles."

***

Zwei Monate ist unser Spieleabend jetzt her. Meine jüngeren Brüder waren gar nicht begeistert aber ein Blick von Tyler und Cole reichte aus und sie waren still. Mich würde echt mal interessieren, was die getan haben aber das wird wahrscheinlich immer ein Geheimnis für mich bleiben.

Heute ist mein erster Schultag auf der neuen Schule, die letzten Wochen war ich durchgängig mit mindestens einen meiner älteren Brüder zu Hause. Wir haben Ausflüge gemacht, viele Spiele gespielt, gemeinsam gelernt, gelacht und viel geredet. Unser Verhältnis ist mittlerweile unfassbar gut, ich vertraue ihnen. Manchmal gibt es Situationen, wo ich in meinen Brüdern, meine Eltern erkenne. Das wird wahrscheinlich nie ganz weg gehen, genauso wie die Albträume in der Nacht.
Die Therapie bei Dr. Wingston habe ich erstmal abgebrochen. Sie hat mir in vieler Hinsicht sehr geholfen, doch ich konnte mich ihr nicht öffnen, da es aber keine freien Therapieplätze gibt, stehe ich nur auf der Warteliste bei ziemlich vielen Psychologen und Psychiatern. Meine Brüder haben mich mit der Entscheidung unterstützt, stellten aber als Voraussetzung, dass ich weiterhin zur Ergotherapie gehe.

Langsam geht es mir immer besser, ich nehme zu und fange an es zu akzeptieren. Gemeinsam mit einem Gesundheitsberater haben wir einen Essensplan aufgestellt, wo auch Sport enthalten ist. Zwar fällt mir das Essen manchmal noch schwer und ich traue mich noch nicht außerhalb der drei Mahlzeiten etwas zu essen aber ich weiß, dass ich zu jederzeit essen darf und vor allem es auch kann. Einmal die Woche gehe ich mit Tyler laufen und an einem anderen Tag mache ich mit Cole Sport, meistens in unserem Fitnessraum.
Auf der neuen Schule kann ich in mehrere Sportteams reinschauen, muss meinen Brüdern aber versprechen, dass es im Rahmen bleibt. Trotzdem freue ich mich, dass sie mir so viel Vertrauen schenken, dass ich das alleine entscheiden kann.

„Bist du soweit?" fragt mich Tyler, als ich zu ihm ins Auto steige.
„Weiß ich noch nicht." murmele ich vor mich her. Auf der einen Seite freue ich mich riesig auf die neue Schule aber auf der anderen Seite habe ich Angst und bin nervös. Was ist, wenn ich eine Panikattacke bekomme? Oder mich niemand mag?

„Lia, du kannst mich oder Cole jederzeit anrufen und wir bekommen dich sofort abholen. Und ich weiß du schaffst das!" er lächelt mir aufmunternd zu.

Die Fahrt bis Los Angeles zieht sich ziemlich, aber jetzt stehen wir vor dem riesigen Gebäude.

„Na komm, du schaffst das schon." gemeinsam mit Tyler steige ich auf und laufe auf die Schule zu. Im Sekretariat werde ich schon erwartet. Dort wird mir der Stundenplan ausgehändigt und meinen Spind.

„Im Spind befinden sich auch deine Bücher, die kannst du jederzeit auch dadrin lassen. Auf der Schulapp findest du nämlich alle möglichen Bücher, sodass du jederzeit Zugriff darauf hast. Hailey hast du letztes Mal schon kennengelernt, sie hat sich bereit erklärt, dir alles zu erklären und zu zeigen. Also keine Sorge, wenn du in den nächsten Stunden erstmal nicht mit der App klar kommst.
Dann brauche ich noch ein paar Unterschriften von Ihnen Mr. Anderson und du, Lia, kannst dir schonmal überlegen welche Sportteams du dir anschauen möchtest. Den Rest der Stunden, hast du ja schon gewählt." erklärte uns die nette Sekretärin.

Nachdem endlich der ganze Papierkram erledigt war, geht die Tür auf und Hailey kommt hinein. Sie begrüßt meinen Bruder und die Sekretärin und zieht mich direkt Mietsicherung. Ich kann nur noch schnell meinen Bruder winken, da stehe ich schon auf dem Flur und werde von Lee zugequatscht.

shit happens - my complicated lifeWhere stories live. Discover now