45

1.4K 56 2
                                    

Tyler

Ich brauchte einen Moment bis ich meine Stimme wiederfand.

„Hat er das zu dir gesagt?" hinterfragte ich das ganze nochmal. Lia würde natürlich nicht lügen aber ich wollte es nicht glauben, dass ein Vater so etwas zu seinem Kind sagte. Lia nickte aber leider, um meine Frage zu beantworten. Jetzt ergab vieles noch so viel mehr Sinn. Natürlich wussten wir, dass Lia Angst vor unseren Reaktionen hatte, wenn sie irgendwas tat, ob jetzt falsch oder richtig. Aber das war jetzt nochmal eine ganz andere Nummer.
Ich versuchte meiner kleinen Schwester noch ein paar mal zu erklären, dass unser Vater nicht Recht hatte und das sowas auch nicht richtig ist. Aber ich glaube kaum, dass sie das so richtig verstanden hat.

„Wir werden da später nochmal drüber reden, in Ordnung Prinzessin? Auf dem Tisch steht schon dein Müsli, wir müssten allerdings in 20 Minuten schon losfahren. Schaffst du das?" als sie es mit einem Nicken bestätigte, gehe ich hoch in mein Zimmer. Dort lasse ich mich erschöpft auf meine Couch fallen.

„Wie kann so etwas zu seinem Kind sagen?" überrascht blicke ich auf. Max steht im Türrahmen.
„Ich weiß es nicht, ich will es auch nie verstehen." antworte ich ihm betroffen.

„Kommt so etwas öfter vor, dass Lia solche Sachen erzählt?" erkundigt er sich und setzt sich neben mich.

„Ja fast täglich. Und jeden Tag trifft es mich erneut."

„Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll." murmelt mein kleiner Bruder vor sich hin.

„Glaub mir ich auch nicht. Aber wir müssen es, du nicht Max. Also zerbrich dir bitte nicht den Kopf darüber. Wir können die Taten von ihm nicht wieder gut machen, das kann niemand. Aber wir können Lia helfen mit diesen Taten zu leben, zu zeigen wie schön das Leben sein kann und wie toll es ist eine Familie zu haben."

„Es tut mir leid, dass wir euch und Lia so behandelt haben. Klar wussten wir nicht, was passiert ist aber trotzdem ist das keine Entschuldigung für unser Verhalten. Ich weiß nicht wie wir das gut machen können." antwortet Max mir geknickt. Schon seit gestern Abend merkte ich, wie getroffen er von dem allen ist.

„Max ihr seid Jung, wir sind Jung. Ihr macht Fehler, wir machen Fehler. Euer Verhalten hat uns mehr als nur enttäuscht aber wahrscheinlich könnt ihr das gleiche über uns sagen. Wir sind alle nur Menschen und nicht unfehlbar. Lass uns alle einfach mit der Vergangenheit abschließen und gemeinsam in eine bessere gemeinsame Zukunft starten, als Familie." mit diesen Worten umarme ich ihn.

„Danke" flüstert er mir zu.

„So und jetzt auf zur Schule. Ich weiß du hast erst zur dritten allerdings musst du dich jetzt trotzdem beeilen und ich muss mit Lia auch los."

***

Während der fahrt nach Hollywood zu Dr. Michaels, erklärte ich Lia alles was wir gestern geklärt haben. Sie schien damit einverstanden, dass jeder von den Jungs sie bringen und abholen wird. Wenn ich richtig gesehen habe, freut sie sich sogar. Auch mit unseren neuen Regeln schien sie einverstanden. Als letztes redeten wir nochmal über den Vorfall mit dem Abholen und Cole gestern.

Nach 50 Minuten Fahrt stehen wir vor einem sehr modernen Gebäudekomplex.
„Lia kannst du mir einen Gefallen tun? Ich kann mir vorstellen, wie schwer es ist sich jemanden zu öffnen. Aber bitte tue das. Du musst es nicht heute tun und auch nicht nächste Woche aber gebe Dr. Michaels einfach eine Chance. Es wird dir helfen, versprochen."

Lia P.O.V.

Irgendwie hatte ich Angst, ich wusste nicht, was mich dort erwartet. Wir saßen noch eine halbe Ewigkeit im Auto bis ich meinem Bruder das ok gab aus zusteigen und reinzugehen.
Mit zittrigen Beinen betraten wir das weiße Gebäude, anscheinend war die Praxis im Erdgeschoss. Worüber ich sehr froh war, denn Treppensteigen hätte ich jetzt nicht gehabt.
Die Tür, die zur Praxis führte war überseht mit ganz vielen bunten Farbklecksen, es stellte einen deutlichen Kontrast zum Rest des Hauses dar. Das Haus wirkte steif, neu, einfarbig weiß und sehr nobel. Die Tür war allerdings locker, bunt und sehr einladend. Keine Ahnung wieso aber irgendwie nahm mir diese Tür ein wenig von der Angst als wir dann auch noch durch die Tür gingen, wurde sie noch weniger.
Wir standen in einem sehr offenem farbenfrohen Raum. An den wänden waren Tiere, Blumen, Menschen, Gegenstände, Lebensmittel und so weiter in den buntesten Farben gezeichnet. Links vom Raum war eine neonpinke Theke, wo eine eher rundlichere Frau uns jetzt anlächelte. Der Rest des Raums war mit Stühlen und Sofas ausgestattet in allen möglichen Farben. Tyler steuerte direkt auf die Theke zu.
„Guten Tag ihr seid bestimmt die Andersons?" begrüßte sie uns direkt mit einem warmen Lächeln. Mein Bruder stimmte der Aussage zu und unterhielt sich kurz mit der Frau. Mein Blick schweifte wieder durch den Raum, ich konnte nicht anders als alles anzustarren.
„Lia?" holte mich Tyler aus meiner Faszination. Ich drehe mich wieder zu ihm um. „Wir sind noch ein wenig früh dran, sollen wir uns solange hinsetzen?" auf mein Nicken hin, zog er mich leicht zu einer roten alten Ledercouch. Ich war ihm dankbar dafür, hätte er mich auch noch gefragt, wo wir uns hinsetzen wollen, wäre ich überfordert gewesen. Mit welchen Kriterien sucht man sich denn auch aus, wo man sich hinsetzt?
„Könnten Sie mir das noch ausfüllen?" unterbrach eine weibliche Stimme meine Gedanken. Verwirrt blickte ich auf, die Frau von dem Tresen stand vor uns und hielt ein Klembrett in der Hand. „Es geht sich lediglich um ein paar generelle Informationen, Krankheiten, Medikamente, Kontaktdaten und so weiter."
„Natürlich" antwortete ihr mein Bruder.

„Kann ich das ausfüllen?" fragte ich vorsichtig, ich wollte wissen, welche Informationen die Ärztin von mir wissen wollte. Tyler drückte mir das Klemmbrett mit dem Zettel drauf in die Hand.
Als erstes waren natürlich diese Basicinformationen: Name, Adresse, Telefonnummer, Hausarzt.
Beim nächsten brauchte ich Hilfe, denn ich hatte absolut keine Ahnung unter welchen Krankheiten ich litt. Zwar hatte mir meine alte Therapeutin alles erklärt und ich habe auch schön öfter mit meinen Brüdern drüber geredet aber ich konnte mir das einfach nicht merken. „Depressionen, Angststörung, Magersucht und PTBS" flüsterte mir mein Bruder zum Glück zu, anscheinend hatte er gemerkt, dass ich keine Ahnung hatte. Oh man ich glaube er denkt auch regelmäßig, dass ich dumm bin. Den Rest des Zettels konnte ich auch nur mit meinem Bruder ausfüllen, teilweise mussten wir sogar googeln, da wir die Adressen von meiner alten Therapeutin und von der Ergotherapie nicht auswendig wussten.

Wir wurden gerade fertig, als sich eine der vielen bunten Türen öffneten und eine ziemlich junge Frau mit einem ziemlich bunten weiten Kleid und pinken Haaren in den großen Raum mit den Sofas trat.

„Du bist bestimmt Lia, oder?" kam sie lächelnd auf mich zu.

Heute gibt es wieder einen Lesetag, leider bin ich von mittags bis abends unterwegs aber es werden wieder 5 Kapitel kommen

shit happens - my complicated lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt