Cinnamon Rolls

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Es war ein Sonntag, im Herbst.
Die Blätter lagen in Orange- und Rottönen auf dem Gehweg und bekundeten die angebrochene Jahreszeit.

In einem kleinen Geschäft, einem Buchladen um genau zu sein, in dem ein Engel residierte, fanden sich an eben jenem Nachmittag, nicht nur der stattlich, wirkende Besitzer, sondern auch eine dunkle, hagere Gestalt ein, die eigentlich so gar nicht, in das sonst so idyllische Bild passte.

Es hatte gerade vier Uhr geschlagen, der Tee stand dampfend auf einem kleinen Beistelltisch neben der Sofas und die Lampen in der Ecke warfen ein leicht flackerndes Licht auf die beiden Personen, die es sich im Inneren des Ladens bequem gemacht hatten.

"Zimtschnecken!" entfuhr Es dem Engel mit einem Mal enthusiastischer als üblich, ehe er das alte Buch mit den vergilbten Seiten und dem Geruch nach Pergament und der schwarzen Tinte sorgfältig auf dem kleinen Beistelltisch ablegte und wie von der Tarantel gestochen aufsprang.

Natürlich war es kein Geheimnis, dass Aziraphael gutes Essen schätzte, doch schätzte er, im besonderen, vorallem eines...
Süße Speisen.
Ob es nun Crêpes waren oder doch nur ein Vanille Soufflé, mit Himbeeren spielte dabei keine große Rolle.

Und so wunderte es die Schlange auch keineswegs, dass sein bester Freund bei dem Gedanken an ein paar Süßstückchen und Plundertaschen, fast aus dem Häuschen geriet.

Seufzend lehnte sich der Rothaarige wieder zurück in seinen schwarzen Sessel, den der Engel, nach dem 'fast Ende der Welt', doch nur, zu gastfreundlichen Zwecken angeschafft hatte und nicht etwa, aufgrund der zunehmenden Besuche Crowleys, der sich gerne und lange die Menschen auf der anderen Seite, der großen Scheibe des Buchladens besah.
Manchmal Stunden,
Wenn nicht sogar Tage!

Alle waren sie am heutigen Tage in heller Aufruhr, denn draußen schüttete es wie aus Eimern.
Ein Lächeln stahl sich auf des Dämons Züge, wusste er doch genau, wessen teuflisches Werk dies war.
und so strich er sich zufrieden, durch das feuerrote Haar und züngelte erfreut, mit seiner gespaltenen Zunge.

Der Engel rollte die Augen.
Hätte er nun, irgendwo ein großes Leuchteschild aufgestellt, so würden vermutlich alle Pfeile dessen in Richtung des Dämons zeigen.
Der jedoch, sah nur glucksend und freudestrahlend, wie ein kleines Kind an Weihnachten, auf das Getümmel da draußen, und machte sich einen heiden Spaß daraus, wenn einer dieser Menschen mal wieder in eine besonders tiefe Pfütze trat oder den Bordstein übersah und der Länge nach auf den harten Asphalt fiel.
So oder so, dass Ergebnis war stets das selbe....
Ein dunkles, kehliges Lachen, welches dem Engel die Knie weich werden ließ und sein unsterbliches Herz zum rasen brachte.

Erst als das tiefe seufzen, eines gewissen Engels, auf des Dämons Ohr traf, sah dieser auf und hob fragend eine seiner gezupften Brauen (Satan bewahre,) in Richtung Himmel.

"Ach, ich habe das Rezept verlegt." stieß der Engel schließlich zerknischt aus und sah bedauernd in Richtung der gelben Augen, die ihn unentwegt ansahen.
Der Größere richtete sich misstrauisch auf.
Auch wenn er des Engels schusslige Art mochte, so trieb ihn diese manchmal fast zu Weißglut.
Doch hier und heute, war er von der vergessliche Art des Engels durchaus irritiert.... Vergaß dieser doch nur sehr selten etwas, wenn nicht, sogar eigentlich nie!

Also erhob er sich, stellte sich dicht vor seinen alten Companion und versuchte so vorsichtig wie möglich, die starren Hände des Engels aus dessen blondem Haar zu lösen, da selbst der Anblick für ihn, fast unerträglich war und ihm seelische Schmerzen bereitete.

Mit Tränen in den Augen sah dieser schließlich auf und kaute frustriert auf seiner Unterlippe.

"Engel....bist du dir sicher, dass es bei all dem wirklich nur, um diese gottverdammten Zimtschnecken geht?" Crowley tat eine ausladenden Handbewegung, was wohl oder übel das "große Ganze" darstellen sollte und sah ihn abwartend an.

Ob seiner Ausdrucksweise schenkte ihm der Engel einen tadelnden Blick.
Den Crowley jedoch nur mit einem einfachen schulterzucken und einem gemurmelten
"Gottes Pläne sind unerfindlich...." quittierte.
Nichteinmal zwei, quälend lange Sekunden später, begann sein Freund auch schon damit, nervös hin und her zu zappeln.
Hatte ihn die Frage doch völlig aus dem Konzept gebracht.

Ergeben seufzte er, blieb ihm doch keine andere Wahl.
"Nein. " brachte er schließlich hervor und sah fast schon ein wenig irritiert aus.
Hatte er doch selbst nicht mit einem solchen Zugeständnis gerechnet, dass ihm doch schneller über die Lippen gekommen war, als das Rezept seines liebsten Kirschkuchens.
Peinlich berührt stellte er fest, dass Crowley ihn noch immer an den Händen hielt und wurde schlagartig rot.
So rot, dass sich sein Haar schon fast, auf unangenehme Weise, mit seinem Tan biss.

Crowley sah ihn besorgt an, hatte er seinen Engel doch selbst in 6000 Jahren, noch nie so frustriert erlebt.

Zumal, da dies doch so garnicht zu seinem sonst so ruhigen und himmlischen Genossen passte.
Vorsichtig hob er eine Hand an dessen Kinn und zwang ihn so, ihn anzusehen.

Aziraphael schauderte, ob seiner Berührung.
War da doch stets dieses komische kribbeln in seiner Magengegend wenn ihn dieser Mann berührte.

Ein Phänomen, dass er selbst nie richtig zu deuten gewusst hatte.
Und doch glaubte er, tief in seinem Inneren zu wissen, wie die Menschen dieses Gefühl, über all die Zeit hinweg genannt hatten.
Wieder wurde ihm bang und sein Herz schmerzte ihm.
Schon vor langer Zeit, hatte sich der Himmlische Bote eingestehen müssen, dass da etwas in ihm war. Ein Gefühl.
Wenn nicht sogar mehr als das.

Und war es doch am Anfang noch so klein und schwach gewesen, so schlummerte es nun wie ein großer Drache auf seinem Goldschatz, in seinem Herzen und war kurz davor auszubrechen.

Wenn Menschen dieses Gefühl in sich trugen, so wusste er, konnten sie meist nichtmehr schlafen, essen oder den Blick von des jeweils anderen abwenden.
Und wenn er ehrlich zu sich selbst war, wollte er dies auch gar nicht mehr.
War das feuerrote Haar, die gespaltene Zunge und dessen nette Art, durchaus genug, der Verführung für ihn.

Wer brauchte da schon einen Apfel... Er wäre ihm auch so gefolgt.
Der Engel schüttelte sich, war der Gedanke doch so garnicht.... frei von Sünde.

'Ich bin nicht nett!' zischte ihn der Dämon wieder einmal in Gedanken an und ließ ihn etwas taumeln.

Gerade noch so, griff Crowley nach des Engels Körper und bewahrte ihn so, vor dem fallen.
Wie ironisch, dachte er sich und konnte sich ein kurzes grinsen nichtmehr verkneifen.

"Ich-, ich-," stammelte der Bote mit einem Mal ziemlich unbeholfen und besah sich die soeben geschehene Szenerie genauer.
Als ihm klar wurde, an welchen Körper er da gerade so eng geschmiegt stand und in welchen hochwertig aussehenden Anzug er soeben Falten gemacht hatte, sah er beschämt auf.

"Ach, oh je, es tut mir so leid ich-, dass wollte ich doch garnicht."
Mehr schlecht als recht, strich der Engel noch einmal über die entstandenen Falten und versuchte verzweifelt, diese zu glätten.
Gab dann jedoch seufzend auf und Wunderte die Falten einfach davon.

Aziraphael ärgerte sich.
Sogar gewaltig.
Fand er doch einfach nicht die richtigen Worte, um seine Gefühle für diesen Dämon zu bekennen.
Selbst nach all den Jahren nicht....
Und das obwohl Engel eigentlich wirklich Weltklasse im bekennen waren.
Nur er nicht, wie es schien.

"Na, komm.
Wir suchen das Rezept gemeinsam. Was hälst du davon?"

Erleichtert über solch ein Angebot und der Situation entkommen zu sein, nickte er eilig und nahm des Dämonen ausgestreckte Hand.

"Wusstest du, dass Zimtschnecken eine Bekundung der Zuneigung sind?" fragte Crowley ihn schließlich beiläufig, beim durchstöbern, der unter dem Gewicht, der Bücher ächzenden Regale und ließ es sich nicht nehmen, die Hand seines Freundes zu streifen.

"So? " sprach der Engel verwundert und musste sich doch selbst eingestehen, dass der Dämon natürlich recht hatte.

"Na dann, backen wir mal ein bisschen Zuneigung." rief der Engel schließlich erfreut aus und wedelte mit dem Papier, auf dem, so lang ersehnt und ersuchtes Rezept stand, vor des Dunklen, Nase hin und her.

Dieser jedoch schüttelte nur grinsend den Kopf und folgte seinem 'mehr als nur Freund' in die angrenzende Küche.

Good old fashioned Lover boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt