KAPITEL 09

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KAPITEL 09



ERLING.


*

Es ist nach Mitternacht. Ich sitze mit Kevin, Luke und ein paar Typen in meinem Haus. Normalerweise halte ich die Leute aus meiner Vergangenheit von meinem privaten Haus fern, aber heute ist mir das egal.
Ich ziehe genüsslich an meinem Joint und rauche dann den Qualm aus.
Die Musik dröhnt in meinen Ohren.
"Willst du?", fragt Kevin und hält mir ein Tütchen mit weißem Zeug hin.
Ich schüttle bloß den Kopf und ziehe erneut am Joint.
Die meisten Typen sind bekifft oder besoffen.
Sie wirken Sorgenlos.
Ich kann nicht anders als an meine beschissene Vergangenheit zu denken.
An die Menschen, die ich verletzt habe, an mein egoistisches selbst, an Madelyn.
Ich war ein Arschloch zu ihr.
Sie muss denken, ich bin ein Psycho.

"Bro, hier ist eine Sexy Lady, die dich sehen will."
Mike steht an der Treppe, in der Nähe vom Eingang.
Ich drehe meinen Kopf nach rechts und blicke erst zu Mike und dann an ihm vorbei.
Madelyn.
Sofort springe ich auf, schnipse meinen Joint weg und gehe zur Eingangstür.
"Hey - Was machst du hier?", frage ich überrascht.
Sie schaut unsicher an mir vorbei zu all den Leuten in dem Haus.
"D-du bist heute so davon gestürmt. Ich hab mir ein wenig Sorgen gemacht."
Sie ist so niedlich.
"Ist alles okay?", fragt sie.
Ich nicke langsam. "Ja. Alles gut."

"Bist du - bist du extra dafür mitten in der Nacht hierher gekommen?"

Sie nickt zögerlich. "Ich konnte nicht schlafen."

Ich atme tief durch. "Es tut mir leid, dass ich mich so benommen hab. Ich weiß nicht - was mit mir los war."
Natürlich weiß ich das.
Eine Menge ist mit mir los.
"Schon okay.", sagt sie und beißt sich auf die Lippe. "Und es tut mir leid, falls ich dir heute Angst gemacht hab."

Sie schüttelt den Kopf. "N-nein, alles okay."
Ich beiße mir auf die Unterlippe und sehe sie an.
Ihre Augen funkeln in dieser Dunkelheit während die Laternen draußen das einzige sind, was sie erhellt.
"Ich wollte dir das nur sagen.", sagt sie. "Ich sollte dann mal schlafen gehen. Gute Nacht." sie dreht sich um und will gehen, doch ich mache einen Schritt vorwärts. "Warte."
Sie dreht sich um und schaut zu mir hoch.
"Ich fahr dich nachhause."

"Ich glaube, du solltest heute nicht mehr fahren."

"Wieso nicht?"

"Du riechst nach Alkohol und deine Augen sind gerötet.", erklärt sie und wirkt dabei nicht begeistert.
Vermutlich hat sie recht.

"Okay, dann hole ich uns ein Taxi und begleite dich."

"W-was?" sie wirkt verwundert.
"Ich lass dich jetzt nicht allein nachhause laufen."

"Das brauchst du wirklich nicht machen. Deine Freunde warte...-"

"Die kommen ohne mich klar.", versichere ich ihr und drehe mich dann um, um nach meinen Schlüsseln zu greifen.
Ich verlasse das Haus und ziehe die Tür hinter mir zu.
Aus meiner Hosentasche zücke ich mein Handy und rufe bei einem Taxi Unternehmen an.


"Ein Fahrer ist unterwegs.", sage ich und stecke mein Handy weg. "Du brauchst nicht extra mit mir zu fahren. Ich kann alleine ...-"

"Ich begleite dich.", lasse ich sie wissen, dass meine Entscheidung endgültig ist.
Sie lächelt leicht und schaut dann nach oben in den Himmel. Sie scheint die Sterne zu beobachten.
Ich folge ihrem Blick und sehe dann nach ein paar Sekunden wieder zu ihrem Gesicht.
Sie sieht einfach unglaublich aus - so wunderschön und makellos.
Wie ist das überhaupt möglich?

"Machst du das öfter?", fragt sie plötzlich und sieht von den Sternen weg, in mein Gesicht.
"Was meinst du?"

Sie deutet auf meine Augen.
Ich schlucke. "Nein."'
Teilweise ist das gelogen und teilweise nicht.
Früher war es Bestandteil meines Alltags Drogen zu nehmen, Alkohol zu trinken und zu feiern.
Jetzt nicht mehr.
Heute ist eine Ausnahme.
Sie nickt leicht und reibt sich dabei die Arme auf und ab.
Ich mustere sie und ihr Outfit.
Sie trägt noch immer das Outfit von heute morgen.
Ein Outfit, das viel zu dünn für diese Uhrzeit ist.
Ich greife die Enden meines Hoodies und ziehe ihn mir mit einem Ruck über den Kopf.
Dann reiche ich ihr meinen Hoodie.
Ein schwarzes Shirt ist nun das einzige, was mich in dieser Nacht warm hält.
"N-nein, schon okay. Sonst frierst du ...-"

"Ich friere nicht.", sage ich und halte ihr den Hoodie weiterhin hin.
Sie zögert, doch nimmt dann den Hoodie an und zieht ihn sich über den Kopf.
"Danke.", kommt es leise von ihren Lippen.
Plötzlich hält ein gelbes Auto neben uns.
Ich öffne die rechte Hintertür und lasse Madelyn einsteigen und durchrücken bevor ich ebenfalls einsteige. Madelyn sagt dem Taxifahrer die Adresse und er fährt los.
Sie schaut aus dem Fenster und blickt erneut in die Dunkelheit.
Ich kann nicht anders, als sie zu beobachten, bis irgendwann mein Handy vibriert.
Ich zücke es aus meiner Hosentasche und gehe ran.

"Bro, wo steckst du?"

"Bin unterwegs. Wir sehen uns später.", murmle ich ins Telefon.

"Okay. Hau rein.", Kevin legt auf. Ich stecke mein Handy weg.
"Alles okay? Wenn ich Umstände mache, dann ...-", sagt Madelyn plötzlich, doch ich stoppe sie.
"Alles gut.", versichere ich ihr.
Sie lächelt leicht und wendet sich dann wieder dem Fenster zu.

*

Ich bezahle das Taxi und öffne dann die Autotür.
"Bin gleich zurück.", sage ich dem Taxifahrer nachdem Madelyn auch ausgestiegen ist. Ich mache die Tür zu und wende mich Madelyn zu.
"Du hättest nicht zahlen müssen."

"Ich wollte aber.", antworte ich ihr.
Sie lächelt sanft. "Danke."

"Gerne."

Ich sehe sie an und will sie eigentlich gar nicht verabschieden.
"Hast du morgen Zeit?", frage ich sie unüberlegt.
"Zeit? Wofür?"

Shit.
Das einzige woran ich gedacht habe war, dass ich sie wiedersehen will - und das nicht erst am Montag.
"Zum putzen."
Das ist das erste was mir einfällt. Ich kann sie nicht auf ein Date einladen - auch, wenn ich das so sehr will. Aber ich kann einfach nicht.

"Oh. Ja, sicher."

"Uh -", kratze ich mich am Nacken. "Vielleicht gibst du mir deine Nummer, dann muss ich dir nicht mehr über die website schreiben."

Sie nickt, und ich reiche ihr daraufhin mein Handy.
Als sie ihre Nummer samt Name eingespeichert hat, grinse ich zufrieden.

"Gute Nacht.", sage ich, bevor sie das Gebäude betritt und zum Fahrstuhl geht. Ich warte bis der Fahrstuhl nach oben fährt und gehe dann zum Taxi zurück.

Seufzend blicke ich auf mein Handy und betrachte Madelyn's Kontakt.
Ich realisiere immer mehr, dass ich mir selbst mein schlimmster Feind bin.

HEART LIKE YOURS  - EIN HERZ WIE DEINES Where stories live. Discover now