KAPITEL 12

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KAPITEL 12




ERLING.




*

Ich öffne meine Augen blinzelnd und fahre mir mit meiner linken Hand verschlafen über mein Gesicht.
Als ich meinen rechten Arm bewegen will, merke ich, dass Gewicht auf ihm abgelegt ist.
Ich drehe meinen Kopf nach rechts, wo ich einen Lockenkopf auf meiner Brust liegen sehe.
Sofort spüre ich wie in meinem Bauch sowas wie ein kribbeln aufkommt.
Ihr Kopf lehnt an meiner Brust und ihre Beine sind aneinander gepresst und angewinkelt.
Ihr Atem ist ruhig und gleichmäßig.
Ich lächele sanft bei diesem Anblick.
Vorsichtig drehe ich meinen Kopf zu meinem Handy und sehe, dass es 00:55 Uhr ist.
Ich lege mein Handy leise zur Seite und greife dann ganz vorsichtig nach der dünnen Felldecke und breite sie mit meiner freien Hand über Madelyn und mich aus.
Danach lege ich vorsichtig meinen rechten Arm vernünftig über ihre Schulter und drücke sie sanft gegen meine Brust.
Das Gefühl, sie in meinen Armen halten zu können, ist unbeschreiblich. Ich wünsche mir in diesem Moment, es könnte immer so sein.
Aber nein - es ist falsch.
Ich schließe meine Augen wieder und schlafe irgendwann ein.


*

"Erling. Erling."
Ich höre eine sanfte Stimme, die mich aber eher hektisch weckt.
Verschlafen öffne ich meine Augen und blicke zu Madelyn, die an der Couch steht und zu mir runter sieht.
"Wir kommen zu spät zur Vorlesung.", sagt sie und läuft dann zum Tisch, um ihre Sachen zusammenzupacken.
Ich stehe langsam von der Couch auf und fahre mir übers Gesicht.
Sie läuft zur Tür und zieht sich die Schuhe an.
Sie trägt immer noch die Klamotten wie gestern - so wie ich.
Ich stehe von der Couch auf, greife meinen Rucksack nachdem ich meinen Laptop eingepackt habe und verlasse mit Madelyn das Apartment.
"Keine Sorge, wir werden es sicher pünktlich schaffen.", sage ich als wir auf den Fahrstuhl warten.
Sie nickt langsam und sieht mich an.
"Sorry, dass ich einfach so eingeschlafen bin."

"Dafür musst du dich nicht entschuldigen.", lasse ich sie wissen. Eigentlich müsste ich ihr sogar danken.
Sie in meinen Armen halten zu dürfen war so ein unbeschreiblich schönes Gefühl.
Ich wünsche, es könnte immer so sein.


*



Madelyn und ich gehen zügig Richtung Eingang. Wir sind durch den Verkehr bestimmt 10 Minuten verspätet.
Für mich kein Problem, aber ich weiß, dass Madelyn das anders sieht.
Madelyn klopft an der Tür und wartet auf das „herein" und drückt dann die Türklinke runter.
"Oh, wen haben wir denn da?" der Professor zieht eine Augenbraue hoch.
"Wundert mich nicht, dass gerade sie mal wieder zu spät sind."
Ich spanne meinen Körper an und blicke in seine alte, widerliche Fresse.
Was ist sein beschissenes Problem?
"E-es tut mir leid. Wir standen im Stau."

"Dann fahren Sie früher los - oder kommen Sie gar nicht erst. Es scheint sowieso so, dass sie kein Wort von dem verstehen was ich hier erzähle."

"Ey!", platzt es aus mir raus. Alle Blicke - auch der des Professors liegen auf mir. "Wie reden Sie mit ihr?"

"Wie bitte?", entgegnet er geschockt. "Reden Sie nie wieder so mit ihr.", sage ich ernst und habe Mühe meine Wut unter Kontrolle zu halten.
"Raus hier!", sagt er sauer und zeigt mit seinem Finger zur Tür.
Ich grinse in mich hinein.
Madelyn dreht sich geschockt zu mir um und flüstert: "Erling ...-"

"Schon gut. Wir sehen uns später.", lasse ich sie etwas leiser wissen und sehe dann wieder zum Professor, der mich abwartend und voller Wut anblickt.
Ich drehe mich um und verlasse den Raum.
Mit angespanntem Körper stürme ich aus dem Gebäude bis ich auf den Parkplätzen ankomme.
Das Blut in mir kocht.
Das wird der Wichser bereuen.




*



«Und du bist dir sicher?», gehe ich sicher und spreche ins Telefon.
«Ja, das sind seine Arbeitszeiten und seine Adresse.», antwortet Kevin.
«Gut, danke. Bis später.»
Ich lege auf und stecke mein Handy in meine Hosentasche. Wenige Augenblicke später sehe ich wie Madelyn auf das Auto zuläuft.
"Was war das eben, Erling?", fragt sie sichtlich aufgebracht.
Als sie vor mir stehen bleibt, sehe ich zu ihr runter.
"Was denn? Hätte ich ihn so mit dir reden lassen sollen?"

Sie seufzt und fährt sich durchs Haar. "N-nein-ja. Er ist unser Professor. Was wenn er dich rausschmeißen  lässt?"

"Wird er nicht."

"Wie kannst du dir da so sicher sein?"

"Ich weiß es einfach.", antworte ich knapp. "Mach dir bitte keinen Kopf, Madelyn."

"Wie soll ich das tun? Wenn du deinen Platz verlierst, ist das meine Schuld."

"Nein. Nein, ist es nicht. Du bist nicht für mich verantwortlich."
Sie seufzt erneut. "Trotzdem ...-"

"Madelyn, vertrau mir einfach, okay? Ich weiß, was ich tue."
Sie sieht mich von unten an. In ihren Augen sehe ich Zweifel aber auch Traurigkeit.
Ich hasse es, dass ich schuld an ihrer Traurigkeit bin.
"Wir sehen uns, Erling.", murmelt sie und will an mir vorbei, doch ich stelle mich ihr in den Weg. "Ich kann dich fahren."

"Schon okay. Mein Termin ist nur 5 Minuten entfernt."

"Bist du dir sicher?", frage ich nochmals nach. Sie nickt und sieht mich beruhigend an.
"Bis bald.", lächelt sie schwach und läuft dann an mir vorbei. Ich sehe ihr nach bis sie um die Ecke verschwindet.

Dann kann ich ja früher als gedacht dem Wichser eine Abreibung verpassen. 

*


Ich stehe gelassen an einer Wand gelehnt und lausche.
«Ja, schatz. Ich bin Unterwegs. (...) Stressig. (...) Du weißt doch diese schwarze Idiotin, die jedes Mal zu spät kommt. Heute hat sie es nochmal übertroffen. (...) Nicht, dass sie meiner Vorlesung ohne hin folgen kann. In ihrem Land gibt es wahrscheinlich sowas wie eine Universität nicht.» Er lacht die letzen Worte ins Telefon. Ich balle meine Hände zu Fäusten und spanne meinen Kiefer an.
«Bis gleich, Schatz.» Er legt auf und seine Schritte nähern sich mir.
Als er gerade an der Wand vorbeigeht, an welcher ich gelehnt bin, packe ich ihn mit beiden Händen von hinten und drücke ihn mit meinem Unterarm gegen seine Brust pressend gegen die Wand.
In seinen Augen sehe ich Furcht und empören.
"W-w-was ...-"

"Du hörst mir jetzt ganz genau zu, du rassistischer Bastard.", sage ich scharf während ich meinen Arm weiter in seine Kehle drücke, was ihm die Luft zum Atmen nimmt. "Du verlierst kein einziges schlechtes Wort mehr über Madelyn. Wenn sie zu spät kommt, dann begrüßt du sie mit einem Lächeln in deiner Fresse und fährst dann mit deiner langweiligen Vorlesung fort.", Spucke ich ihm so gut wie jedes Wort in den Mund. "Und wenn ich nochmal höre, dass du irgendwas annähernd rassistisches von dir gibst, mach ich dich fertig, kapiert?"

Er zögert mit seiner Antwort. Vielmehr schaut er mir mit Furcht in die Augen.
"Kapiert, hab ich gefragt!", zische ich und verpasse ihm eine Ohrfeige mit meiner freien rechten Hand.
Er zittert unter mir.
"J-ja. Verstanden."

Ich schaue zufrieden. "Und du verlierst bei niemanden ein Wort darüber, was hier passiert ist, klar?"
Er nickt hastig.
Ich grinse und lasse ihn los.
Er beginnt stark zu keuchen und hält sich den Hals.
"Verpiss dich.", zische ich.
Er sieht zu mir hoch und nickt schnell.
Mit zügigen Schritten läuft er los zu den Parkplätzen.
Ich fahre mir mit meiner Hand durchs Gesicht und gehe dann entspannt zu meinem Auto.

HEART LIKE YOURS  - EIN HERZ WIE DEINES Where stories live. Discover now