all my tears already fallin'

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Harry nahm am Sonntag den ersten Zug zurück, den er erwischen konnte, als er wach wurde. Es regnete in Strömen und sein Rücken tat weh, da er tatsächlich die ganze Nacht auf dem Boden geschlafen hatte.

Die Verabschiedung von seinen Eltern war kurz und knapp aus gefallen, aber keiner der beiden schien auch längere Worte übrigzuhaben und Harrys Bauch zog sich dabei unangenehm zusammen.

Als er später vor dem Campus aus dem Bus ausstieg, mit welchem er vom Bahnhof aus weiter gefahren war, wirkte dieser komplett verlassen, was aber wohl nicht verwunderlich war, bei dem Wetter. Er schob sich seine Kapuze über den Kopf und tief in die Stirn, hielt sich an den Riemen seines Rucksacks fest.

Es war noch nicht mal Mittag, aber er wusste, dass er heute rein gar nichts mehr tun würde. Er fühlte sich erschöpft und ausgelaugt.

Froh darüber, dass Oliver nicht in ihrem Zimmer war, zog er sich schnell um, legte sich in sein warmes Bett, zog die Decke bis zu seinem Kinn hoch, steckte sich die Kopfhörer rein und schaltete seinen gewohnten Podcast an. Die vertraute Stimme von zwei Männern fingen an, über die Filmfehler von Percy Jackson zu diskutieren und obwohl Harry die Filme noch nie gesehen hatte, hatte er diese Folge allein schon unzählige Male gehört.

Es beruhigte ihn zu wissen, worum es ging und über welche Themen geredet wurde, außerdem hörte er diesen beiden Stimmen schon seit zwei Jahren zu, er würde sie wahrscheinlich aus einer schreienden Menge von tausenden Menschen raushören können.

Harry bemerkte noch nicht einmal, wie er dabei einschlief, dementsprechend verwirrt war er, als er wieder wach wurde, den Podcast über die Kopfhörer hörte und dabei keine Ahnung hatte, worum es ging.

„Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du ernsthaft findest, dass Call me by your Name eine gute Repräsentation von Schwulen sei?"

Langsam drehte er sich auf den Rücken und rieb sich seine Augen, während die Stimmen weiter redeten.

„Klar doch!"

„Ben, dieser Film ist auf so viele Weisen problematisch und-"

„Ach hör auf! Es ist eine tragische Liebesgeschichte, die-"

„Eine tragische Liebesgeschichte? My Policeman ist eine verdammt tragische Liebesgeschichte! Call me by your Name ist toxischer Bullshit!"

Harry fing an zu verstehen, dass das eine neuere Folge vom Podcast sein musste, die er noch nicht gehört hatte. Er blinzelt in die Dunkelheit, drehte seinen Kopf zur Seite und stellte fest, dass er anscheinend immer noch alleine im Zimmer war.

Welche Uhrzeit es war, konnte er nicht wirklich sagen, da es schon den ganzen Tag so dunkel war, aufgrund des Wetters.

Er nahm sein Handy in die Hand und stellte den Podcast aus, legte seine Kopfhörer zur Seite und setzte sich dann langsam hin. Obwohl er bestimmt mehrere Stunden geschlafen hatte, fühlte er sich komplett gerädert und erschöpft.

Zielsicher griff er zum Schalter seiner kleinen Lampe auf dem Nachttisch und schloss kurz seine Augen, als das Licht anging, dann nahm er sein Handy wieder in die Hand, sah sich die Uhrzeit an und bemerkte die Benachrichtigungen, dass er mehrere neue, ungelesene Nachrichten in verschiedenen Chats hatte.

Es war Nachmittags, er hatte heute noch nichts gegessen, aber anstatt Hunger spürte er nur eine unangenehme Schwere in seinem Magen, die sich da schon seit mehreren Tagen eingenistet und seit gestern Abend deutlich zugenommen hatte.

Anstatt sich die Nachrichten durchzulesen, legte er sein Handy wieder weg.

Harry hasste dieses Gefühl in ihm, vor allem weil er es überhaupt nicht zu ordnen konnte. Er seufzte, drehte sich auf die Seite, starrte für einige Sekunden in das stille Zimmer und stand dann ruckartig auf.

For tonight let's just pretend • Larry StylinsonWhere stories live. Discover now