Die Trauer, die innerlich zerfrisst

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Sirius war tot und Lucy war am Ende. Sie weinte bitterlich die ganze Nacht in ihrem Bett. Für sie war eins klar: Harry war Schuld am Tod von Sirius. Ihre Trauer wandelte sich schnell in Wut. Wut gegen ihren eigenen Bruder. Ihre Augen waren rot und aufgequollen, ihr Gesicht und ihr Kissen waren durchnässt von Tränen. Kurz bevor Zeit zum Aufstehen war, war Lucy bereits auf den Beinen. Sie wollte sich frisch machen gehen, wollte im Badezimmer der Vertrauensschüler ein Bad nehmen. Lucy nahm sich ein Handtuch und einen Bademantel und stiefelte in der Dämmerung zum Badezimmer. Sie ließ sämtliche Düfte und Schäume in das Wasser hinein fließen. Sie zog sich aus und ging in die riesige Badewanne. Ihre Augen taten ziemlich weh vom vielen Weinen. Sie tauchte unter und schloss die Augen. Vor ihr sah sie Sirius, wie er und sie Fotos ansahen, wie er sie „Kleines" nannte, wie er sich gefreut hatte, dass die drei nun eine Familie waren. Nun wurde ihr klar, dass es nur Erinnerungen von Momenten sind, die nie wieder passieren werden. Sie tauchte wieder an die Oberfläche und holte Luft. Lucy blieb so lange im Wasser, bis ihre Haut total weich und schrumpelig wurde. Sie ließ das Wasser ab, trocknete sich ab und zog den Bademantel über. Dann ging sie in ihr Zimmer. Es war gleich Zeit zum Aufstehen. Sie hatte jedoch keinen Hunger und ging nicht in die große Halle zum Frühstück. Außerdem wollte sie ihren Bruder nicht sehen. Sie zog sich trotzdem schon die Schuluniform an und ging zum Fenster. Draußen auf dem Schulgelände waren bereits einige wenige Schüler unterwegs. Lucy sah in den Himmel. Die Sonne schien und es waren keine Wolken zusehen. Es war eigentlich ein schöner Tag, wenn sie nicht in ihrer Trauer gefangen wäre. Wie gern würde sie sich auch, wie ihre Mitschüler, auf den schönen sonnigen Tag freuen, sich an den schwarzen See setzen und über alles quatschen. Ihr war jedoch nicht danach. Sie wollte ihre Ruhe, wollte niemanden sehen, wollte einfach nur den Schultag überleben.
Als es Zeit für die erste Stunde war, machte sie sich auf den Weg zu Wahrsagen. Sie spürte beim Laufen, dass sie einen Tunnelblick hatte. Sie sah beim Laufen auf den Boden, sah wie ihre Mitschüler mit ihr liefen oder an ihr vorbeiliefen, bekam jedoch nicht mehr mit. Sie hörte zwar Stimmen, hörte jedoch nicht, was sie sagten. Lucy war in ihren Gedanken gefangen. Oben im Unterrichtsraum angekommen setzte sie sich auf ihren Platz und starrte die Wand an. Eigentlich hatte Harry ebenfalls, wie sie, Wahrsagen als Pflichtfach. Lucy war es jedoch egal, ob er da war. Ihr war alles egal. Die Prüfungen waren erledigt. Und die wenigen Unterrichtsstunden, die sie noch bis zu den Ferien hatten, waren kaum noch relevant. Normalerweise saß Lucy in Wahrsagen neben Draco, jedoch bekam sie nicht mit, dass er neben ihr saß. Sie hörte nur plötzlich eine Stimme, die in ihr Ohr „Alles okay?" flüsterte.
Sie wachte aus ihren Gedanken auf.
„Hm?" fragte sie.
„Was ist los? Du siehst aus, als hättest du die ganze Nacht geweint." flüsterte Draco ihr zu. Sie wollte Draco den Grund erklären, jedoch brach sie allein bei dem Gedanken zusammen. Sie weinte fürchterlich, bevor sie überhaupt aussprechen konnte, dass Sirius tot war.
„Hey, hey. Alles gut. Ich bin da." sagte Draco leise zu ihr und nahm sie in den Arm.
„Mein liebes Kind, ist alles in Ordnung?" fragte Professor Trewlaney völlig überfordert. Lucy schüttelte den Kopf.
„Ich ähm.. am besten verlassen Sie den Unterricht. Sie scheinen mir nicht in der Lage zu sein, dem noch weiter zu folgen. Ruhen sie sich am besten aus." sagte Trewlaney zu ihr.
„Ich bringe sie auf ihr Zimmer." sagte Draco. Lucy stand auf, Draco hielt sie am Arm und gemeinsam verließen sie den Unterricht. Lucy schwieg und weinte einfach nur.
„Was hast du denn, Kleine? Was ist passiert?" fragte Draco sie besorgt.
„Er.. er ist tot. Alles nur weil Harry so dumm war." weinte sie.
„Was? Wer ist tot? Von wem sprichst du?"
„Sirius. Sirius Black. Deine Tante Bellatrix hat ihn getötet."
Draco schluckte. Er wirkte geschockt.
„Das tut mir leid. Wirklich, Lucy.. ich.. ich weiß gar nicht, was ich sagen soll." sagte er und nahm sie in den Arm.
Wieder kam ein Schub von Tränen, die Lucy überrannten. Sie weinte bitterlich in Dracos Armen.
Er sagte nichts. Er gab ihr einfach nur Nähe und das Gefühl nicht allein zu sein. Alles, was sie gerade brauchte.
„Ich... würde ..gern zu Snape. Bringst du mich zu ihm?" fragte Lucy Draco. Sie brauchte irgendwas, was sie beruhigen würde. Lucy wusste, dass es dafür einen speziellen Trank gab.
„Sicher." sagte Draco und führte sie zu Snapes Büro. Er klopfte, jedoch schien Snape nicht dort zu sein.
„Dann möchte ich gern ins Bett." sagte Lucy mit weinerlicher Stimme. Sie war müde von der Nacht und wollte sich hinlegen. Draco nickte und brachte sie auf ihr Zimmer.
„Möchtest du.. dass ich mit reinkomme?" fragte er unsicher.
Lucy schüttelte den Kopf.
„Ich möchte lieber allein sein, tut mir leid."
„Schon gut. Falls du etwas brauchst, sag Bescheid. Ich gehe wieder in den Unterricht und nachmittags bis abends halte ich mich hier in der Nähe auf." sagte Draco und gab ihr einen Kuss auf die Stirn zum Abschied. Lucy nickte mit Tränen in den Augen und ging dann in ihr Zimmer. Sie öffnete ihren Umhang und legte ihn über den Stuhl, dann ließ sie sich aufs Bett fallen und schloss die Augen. Sie schlief relativ schnell ein, hatte jedoch Albträume von Sirius. Sie war nicht dabei, als er starb. Jedoch sah sie ihn die ganze Zeit vor sich sterben. Jemand rüttelte sie wach. Es war Snape.
„Ich habe dich schreien gehört." sagte er.
„Ich.. habe geschlafen." antwortete Lucy. Ihr wurde klar, dass sie aufgrund ihrer Albträume geweint und geschrien haben muss.
„Ich braue dir etwas. Das wird dich beruhigen und dich einschlafen lassen." sagte Snape und ging wieder hinaus. Lucy war zu müde. Sie schloss die Augen und versuchte wieder zu schlafen. Doch wieder hatte sie nur Albträume und weinte. Sie wurde wach, da Snape sie wieder wachrüttelte.
„Hier. Trink das. Danach wird es dir leichter fallen einzuschlafen. Du verpasst sowieso nichts mehr im Unterricht. All deine Prüfungen hast du absolviert. Ruhe dich also aus." sagte Snape und hielt Lucy ein Fläschchen hin. Sie trank es in einem Zug aus.
„Danke." sagte sie leise und schloss wieder die Augen. Sie hörte wie Snape die Tür schloss und schon schlief sie ein. Als sie aufwachte, war es bereits Morgen. Sie hatte einen Tag verschlafen. Der Trank muss ziemlich stark gewesen sein, jedoch fühlte sie sich körperlich bereits viel fitter.
Lucy sah sich im Spiegel an. Ihre Augen waren nicht mehr so rot und verquollen. Sie schminkte sich ein wenig, um frischer auszusehen und zog sich frische Schuluniform an. Dann ging sie hinaus, um am restlichen Unterricht teilzunehmen. Sie hatte jetzt Zaubertränke bei Snape. Und es war bereits die dritte Unterrichtsstunde am Tag. Sie klopfte an der Tür und betrat den Klassenraum. Alle starrten sie an und tuschelten. Snape sah sie kurz an, drehte sich dann jedoch zur Tafel. Draco zeigte auf den Platz neben sich. Lucy setzte sich.
„Du siehst schon besser aus." flüsterte er ihr zu. Lucy lächelte erzwungen und sah dann nach vorne an die Tafel. Es war wieder Zeit einen Trank zu brauen. Trotz der Tatsache, dass sie einen riesigen Schmerz in sich trug, gab sie sich Mühe beim Brauen. Es lenkte sie von ihren Gedanken an Sirius ab. Tatsächlich war Snape auch zufrieden. Den restlichen Unterrichtstag genoss Lucy. Sie war dadurch abgelenkt. Jedoch hatte sie Angst wieder später allein zu sein. Dann würden ihre Gedanken sie wieder einholen und sie würde wieder diese Trauer spüren.
Nächste Woche waren Ferien. Eigentlich wäre sie im Sommer bei Sirius gewesen. Nun würde sie wieder bei Snape wohnen. Sie hatte kein Problem damit, jedoch hätte sie gerne Zeit mit Sirius verbracht. Sie hatten eigentlich so viel Zeit nachzuholen und nun wurde er ihr genommen.
Die letze Woche verging wie im Flug. Lucy trank jeden Abend den Trank, jedoch schwächer dosiert, um durchzuschlafen und keine Albträume zu haben. Es half ihr. Am Morgen war sie immer erholt. Nun war jedoch der Tag der Abreise. Lucy wusste nicht, wie es Harry ging. Sie wollte ihn weder sehen, noch mit ihm reden. Sie setzte ihren Tunnelblick in den Gängen Hogwarts auf und ihr waren alle Schüler egal. Im Hogwarts-Express saß sie neben Draco und starrte aus dem Fenster. Die vielen Stunden bekam sie nichts mit. Sie war in ihren Gedanken vertieft und wurde erst herausgerissen, als der Zug angekommen war. Sie schnappte sich ihren Koffer und machte sich auf den Weg nach Spinner's End.

Und doch liebt sie ihnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt