Die Aussprache

840 27 2
                                    

Einige Stunden der Ungewissheit vergingen. Harry und Draco schwiegen sich noch beide die ganze Zeit an, bis Harry die Stille unterbrach.
„Hast du keinen Hunger?" fragte Harry ihn. Er hatte sein Sandwich bereits vor Stunden aufgegessen. Draco aß jedoch nichts.
„Doch." sagte er nur.
„Warum isst du dann nichts?" fragte Harry.
„Ich hebe es für Lucy auf. Sie wird hungrig sein, wenn sie aufwacht." antwortete Draco.
Harry schwieg und dachte über Dracos Worte nach.
„Du liebst sie wirklich, oder?" fragte Harry ihn.
„Ja." antwortete Draco und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. Er nahm wieder Lucys Hand und streichelte sie.
„Wäre sie wirklich für mich ins Feuer gerannt?" fragte er Harry.
„Wäre sie. Wenn ich sie nicht zurückgehalten hätte. Ich konnte ehrlich gesagt nie verstehen, was sie an dir findet." erwiderte Harry.
„Ich auch nicht.." sagte Draco in einem leiseren Ton.
Harry hatte es jedoch trotzdem gehört.
„Weißt du, falls sie aufwacht, dann gebe ich euch meinen Segen." sagte Harry zu ihm. Draco sah ihn daraufhin verwirrt an.
„Auch wenn ich es nicht verstehen kann oder jemals verstehen werde, sie liebt dich. Und ohne dich ist sie nicht glücklich. Das habe ich in dem Moment gemerkt, als sie für dich ins Feuer gerannt wäre. Sie liebt dich vom ganzen Herzen. Was wäre ich für ein Bruder, wenn ich ihr das verbieten würde, was sie am glücklichsten macht?"
„Trotz allem, was zwischen uns vorgefallen war?" fragte Draco leicht beschämt.
Harry nickte.
„Ja, trotz allem, was zwischen uns war." sagte Harry zu ihm.
„Ich verspreche, dass ich sie nie wieder enttäuschen oder verletzen werde. Das Schlimmste für mich war ihr das Herz zu brechen. Es hat selbst einen Teil in mir zerbrochen. Ich wollte sie aus alledem hier raushalten. Vor allem, da Snape ebenfalls mit mir darüber sprach. Und trotzdem ist sie in diese Sache hier reingerutscht." antwortete Draco.
„Ich weiß, dass sie es für mich getan hat. Im Falle meines Scheiterns wollte sie Voldemort nahe genug sein, um ihn zu töten. Das habe ich nun verstanden. Ich hätte nie an ihr zweifeln sollen.."
„Ich habe allerdings auch für einen Moment daran gezweifelt." erwähnte Draco.
„Dann hat sie ihre Rolle wohl perfekt gespielt." sagte Harry und lächelte Lucy an.
„Das hat sie.. und nun liegt sie hier und kämpft um ihr Leben."
„Darf ich dich etwas fragen?" fragte Harry Draco. Dieser nickte daraufhin.
„Du hast mir meine Frage im Raum der Wünsche nicht beantwortet. Warum hast du zu Bellatrix nichts gesagt, obwohl du wusstest, dass ich es war?" fragte Harry interessiert.
„Wenn ich dich verraten hätte, hätte all das nie ein Ende gefunden. Ich wollte nie, dass es jemals so weit kommt. Auch wenn ich früher einen anderen Eindruck gemacht habe. Ich weiß, dass wir in der Vergangenheit unsere Differenzen hatten-"
„Kann man so sagen." unterbrach Harry ihn.
„Es tut mir leid, was du und deine Freunde all die Jahre von mir anhören mussten. Das war nicht ich. Nicht wirklich. Bei Lucy konnte ich so sein, wie ich war. Sie ist ein sehr besonderer Mensch und die schwere Zeit hat mir gezeigt, dass ich mein Leben mit ihr verbringen möchte. Bei ihr kann ich so sein, wie ich bin. Sie stand immer hinter mir. Selbst als wir getrennt waren, wollte sie immer nur das Beste für mich. Obwohl ich ihr das Herz brach.."
„Wenn ihr zusammen seid, akzeptiere ich das. Wir werden keine Freunde werden, Draco. Aber ich weiß, dass du der einzige bist, den sie möchte. Und das akzeptiere ich." sagte Harry.
„Da gibt's nur ein Problem.." sagte Draco.
„Was meinst du?"
„Ich schätze, meine Familie und ich werden die nächsten Jahre in Askaban verbringen. Ich möchte noch so lange in Lucys Nähe sein, wie möglich. Vielleicht sieht sie mich noch bevor-"
„Ich denke darüber brauchst du dir keine Gedanken machen."
„Aber wir.."
„Ihr wart nicht am Kampf beteiligt. Ich sorge dafür, dass man euch frei spricht. Ihr habt nicht an der Seite von Voldemort gekämpft."
„Das würdest du tun? Nach all dem, was ich dir angetan habe?"
„Ich tue es für sie." sagte Harry und sah zu Lucy. Duncan, der neben ihr im Bett lag, streckte sich. Er sprang vom Bett und kuschelte sich an Harrys Beine.  Harry, der noch nie vorher ein Kniesel gesehen hatte, war beeindruckt von Duncan.
„Dieser kluge Kerl hätte mich beinahe in der großen Halle ertappt." lachte Harry und streichelte Duncan.
„Ich habe übrigens noch etwas, was dir gehört. Den brauche ich nicht mehr." sagte Harry und übergab Draco seinen Zauberstab.
Er hielt den Elderstab in der anderen Hand.
„Du bist jetzt im Besitz des mächtigsten Zauberstabs der Welt.." sagte Draco erstaunt.
„Ich werde ihn nicht behalten. Er gehört nicht mir, sondern Dumbledore. Sobald Lucys Zustand klar ist, werde ich meinen Zauberstab mithilfe des Elderstabs reparieren und ihn Dumbledore zurück ins Grab legen."
„Was, wenn jemand den Elderstab aus dem Grab wieder klaut?" fragte Draco ihn.
„Darüber mache ich mir keine Gedanken. Kaum jemand glaubt an seine Existenz und selbst wenn, weiß niemand, wo er sich befindet. Kein Zauberer würde auf die Idee kommen in einem Grab danach zu suchen." sagte Harry zuversichtlich.
Lucy atmete laut aus.
Draco und Harry sahen sie sofort an.
„Luce? Kannst du mich hören?" fragte Harry sie.
Sie reagierte nicht.
Draco und Harry waren ein wenig enttäuscht.
„Ich könnte es nicht ertragen Lucy zu verlieren." sagte Draco traurig. Er hoffte so sehr, dass sie wieder aufwachte. Genau wie Harry.
„Sie ist die einzige Familie, die ich noch habe. Neben meiner Muggelfamilie meine ich.."
„Dafür, dass ihr von Muggeln abstammt, ist sie eine fantastische Hexe." sagte Draco.
„Wann hörst du mit diesen Schlammblutquatsch endlich auf?" fragte Harry genervt.
„Nein. Versteh mich nicht falsch. Ich denke nicht mehr so. Wirklich! Es zeigt doch einfach, dass auch nicht reinblütige Zauberer und Hexen gut im zaubern sind." erklärte Draco.
„Woher kommt so plötzlich diese Denkweise?" fragte Harry und zog eine Augenbraue skeptisch nach oben.
„Ich habe mich einfach geändert. Ich möchte ein anderes Leben. Ich werde mich auch noch bei Granger entschuldigen für all das, was ich in den Jahren zu ihr gesagt habe. Es war nicht richtig und das habe ich jetzt auch verstanden. Ich liebe Lucy. Mir war ihre Herkunft egal, weil sie so ein unfassbar besonderer Mensch ist. Ich habe begriffen, dass es nicht auf die Herkunft ankommt, sondern auf das Innere. Sonst hätte ich mich wohl kaum in eine Halbblüterin verliebt."
„Darf ich fragen seit wann du sie liebst?" fragte Harry neugierig. Draco hatte direkt am Anfang von Hogwarts bereits solche Vorurteile gegenüber Muggelstämmigen und Harry konnte sich nicht vorstellen, dass ihm dort bereits Lucys Herkunft egal war. 
Draco dachte zurück an die Zeit, als er Lucy im Hogwarts-Express kennenlernte, als sie zusammen Quidditch auf dem Anwesen übten oder als sie auf dem Yule Ball zusammen tanzten. Er dachte an ihr schönes herzliches Lachen und ihre wunderschönen grünen Augen.
„Seit ich sie das erste Mal sah." sagte Draco verträumt.
„Aber du wusstest damals bereits, dass sie von Muggeln abstammte?"
„Einem Teil von mir war es egal. Und dieser Teil war größer als mein Ego oder meine Ansichten. Ihretwegen habe ich nicht mehr schlecht über Halbblüter gedacht. Nur noch über Schlamm.. Ich meine Muggelstämmige. Sie hat eine andere Seite in mir zum Vorschein gebracht. Daher werde ich mich auch von meinem Vater und seinen Ansichten in Zukunft distanzieren. Falls ich jemals selber Vater werde, werden meine Kinder nicht so aufwachsen wie ich. Dafür sorge ich."
„Ich bin beeindruckt von deiner Entwicklung. Es ist schön, dass wir uns das erste Mal normal unterhalten können. Ich verstehe langsam, was Lucy in dir immer sah. Diese Seite von dir hast du immer verborgen, doch Lucy hast du an ihr teilhaben lassen. Sie hat mich immer versucht zu überzeugen, dass du kein schlechter Mensch bist. Wenn ich ehrlich bin, konnte ich ihr nie glauben. Doch langsam verstehe ich sie. Du hast nur gehandelt, wie es dir beigebracht wurde. Und sie hat dir die Augen geöffnet."
„Das hat sie." sagte Draco und nahm wieder Lucys Hand. Plötzlich sah Draco überrascht aus.
„Was ist los?" fragte Harry sie.
„Sie hat gerade meine Hand gedrückt." sagte Draco positiv überrascht.
Harry sah auf Lucys Hand, die Draco hielt. Tatsächlich drückte sie wieder zu.
„Das ist doch ein gutes Zeichen oder?" fragte Draco ihn.
„Ich denke schon." lächelte Harry.

Und doch liebt sie ihnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt