6. Märchen und Legenden

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Ich greife nervös nach Kunos Hand, welcher neben mir sitzt, während ich erfolglos versuche den richtigen Faden aufzunehmen, um meinen Eltern zu erklären, dass ich... also... 

Ich versuche ruhig zu atmen, doch diese Bemühung bleibt mir als Kloß irgendwie im Hals stecken. Verflixt, wie sage ich das denn jetzt?

Oh Gott, diese neugierig abwartenden Gesichter machen es nicht gerade leichter. „Anella du bist doch nicht etwa..." „... schwanger", wird Steve direkt von meiner Mutter unterbrochen, welche dieses Wort beinahe schon hysterisch heraus quietscht. Ich reiße erschrocken die Augen auf.

Was?", fängt jetzt auch noch mein Vater an, als hätte ich diesen Ausruf schon bestätigt.

„Oh Gott, nein! Nein, natürlich nicht", bringe ich hastig heraus, um zu verhindern, dass sie beide gleich noch irgendeinen Anfall bekommen. Sofort sackt dieser überschwängliche Ausdruck, welcher Hyperaktivität, Sorge und noch irgendetwas anderes vereint, auf dem Gesicht meiner Mutter in sich zusammen.

„Wollt ihr etwa heiraten?", ist es nun mein Vater, welcher als Nächstes seine kuriosen Theorien in den Raum wirft. Meine Augen werden noch größer. Wie bitte? Wieso kommen sie denn jetzt auf sowas?

Verzweifelt huscht mein Blick in Kunos Richtung. Wieso sagt er denn nichts. Kann er mir nicht irgendwie helfen? Sein Blick ist stattdessen auf meine Eltern gerichtet, während er ganz ruhig und aufmerksam in diesem Moment zu sein scheint. 

Seine Hand unter dem Tisch drückt mich sanft, ehe er sich leicht zu mir wendet und mich aufmunternd ansieht. 

„N-nein, wollen wir nicht!", sage ich schnell, als ich meine Stimme wiedergefunden habe und versuche abermals vergeblich genügend Sauerstoff zu inhalieren. 

„Wir... ich..., also..." 

„Wir fliegen nach Irland", spricht es nun Kuno für mich aus. Meine Eltern wechseln einen verwirrten Blick, während ich nur angsterfüllt meinen Vater anstarre. Ich habe keine Ahnung, wie er darauf reagieren wird, dass ich jetzt meinen Blutsverwandten suchen will.

„Wann, für wie lange und wieso?", fragt Steve, ehe er in meinem Gesicht wohl den Grund dafür erkennt. Ich sehe, wie er sich augenblicklich anspannt, als ihm die Antwort dafür bewusst wird. 

„Du willst...?" Ich nicke und spähe dann auch vorsichtig zu meiner Mutter. Die sieht nicht weniger geschockt aus. 

„Anella. Aber wieso? Du hast doch uns! Uns beide! Wir sind doch deine Eltern!" Fiona sieht besorgt zu Steve und ich verfolge, wie sie ihm aufbauend die Hand drückt.

Steve schluckt und sieht mich einfach nur an. Ich erkenne tiefe Angst in seinen Augen. Glaubt er etwa, ich würde meinen anderen Vater, falls ich ihn finde, ihm vorziehen? Das wird nie geschehen. Er wird immer mein Papa bleiben!

„Ich weiß. Das seid ihr und werdet ihr immer sein!" Ich greife nun über den Tisch ebenfalls nach Steves Hand. 

„Du wirst immer mein Papa sein, egal was auch geschieht. Ich liebe dich und dich kann niemand ersetzen, okay? Das kannst du mir glauben! Ich will ihn nur einmal sehen, verstehst du? Wissen, wer er ist."

Er schluckt, während Fiona wieder das Wort ergreift. „Aber Anella, wie um alles in der Welt willst du ihn überhaupt finden? Irland ist unglaublich groß und du weißt weder seinen Namen, noch wo er wohnt."

Steve sieht wieder zu meiner Mutter, als würden ihm diese Worte Hoffnung schenken, diese Flausen von mir wieder zu besänftigen. Tja, leider muss ich diese mit meinen nächsten sogleich wieder zunichtemachen. 

„Aden Brynágh." 

Meine Eltern sehen mich erschrocken an. „Was?" Der Mund meiner Mutter steht offen, während die Verwirrung eindeutig in ihrem Blick zu erkennen ist.

Tanz mit dem Morgentau - Das Geheimnis der Tränen ~ Band 3Where stories live. Discover now