11. Davon träumst du

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POV Anella:

Ich schnappe nach Luft und kann nicht anders als Kuno aus großen Augen und mit offenem Mund anzustarren. 

Was hat er da eben gesagt? Tyrian ist hier? Hier in dieser Welt? Vor der Schule am Waldrand? Hier und jetzt?

„Was?"

Ich kann nicht verhindern, dass mein Atem vor Aufregung schneller wird und das Herz in meiner Brust wilde Purzelbäume schlägt. Niemals, wirklich nie hätte ich gedacht, dass ich ihn wirklich und wahrhaftig einmal in echt sehen werde. 

Er hatte mir zwar angekündigt, dass er kommt, doch war das bisher immer noch nicht so wirklich greifbar für mich.

„Er hat es geschafft", hauche ich fassungslos und versuche dabei irgendwie bei klaren Gedanken zu bleiben. „Er ist tatsächlich durch die Pforte gekommen. Er ist da..."

Sofort wirbele ich herum und starre in Richtung Fenster. Von hier aus kann ich den Wald nicht erblicken. Im Augenblick kann ich nicht wirklich begreifen, was meine Augen selbst noch nicht gesehen haben, darum sollte ich das schleunigst mal ändern.

Ich will schon loslaufen, als mir Kuno wieder einfällt, welcher wie erstarrt hinter mir im Gang steht und aussieht, als... Oh nein...

Mein Herz setzt aus, als ich ihn so sehe. Er wirkt zutiefst verloren. Als wäre ihm gerade das Herz gebrochen worden und er würde aus tiefsten Schmerzen, durch eine triste Nebelwand zu mir durchblicken. 

Sofort bekomme ich ein schlechtes Gewissen, wegen meiner Reaktion. Nicht dass er sich denkt, ich wäre so aufgeregt, weil Tyrians Anwesenheit irgendeine Bewandtnis zwischen Kunos und meiner Beziehung hat. 

Sofort laufe ich zurück und greife nach seiner Hand. Sie ist ganz kalt und steht vollkommen unter Spannung, sodass sie sogar ein wenig zittert. 

„Kuno!", hauche ich und schmiege meine anderen Finger sanft an seinen Kiefer und Wange. „Ich liebe dich, das weißt du, oder?"

Er antwortet nicht. Keine Regung. Nur seine Augen, welche in meinen verzweifelt nach irgendetwas zu graben scheinen. Zugleich wirkt sein Blick aber auch belegt. Gedimmt von einer tiefen Trauer, welche mir beinahe schon wieder Angst macht. 

„Kuno", wispere ich und trete noch näher an ihn heran. „Ich. liebe. dich!

Verdammt, glaubt er mir das gerade etwa nicht? Kann er die Wahrheit denn nicht in meinem Blick erkennen? Schnell stelle ich mich auf die Zehenspitzen und ziehe ihn zu mir herunter. Sofort berührt er mich von hinten und drückt mich ebenfalls näher zu sich heran, sodass ich meine Lippen auf seine legen kann. 

„Kuno Millard, muss ich mir Sorgen machen, dass du mir nicht glaubst?", hauche ich in seinen Mund und lecke ihm vorsichtig über die Lippe, welche unter dieser Berührung leicht erbebt. Ich merke, wie er schluckt.

„Dass Tyrian jetzt da ist, spielt keine Rolle für uns! Meine Gefühle zu dir kann niemand mehr verändern, hörst du, Kuno?"

Ich merke, wie er mich noch fester hält. Als wäre ich sein Anker, der ihn davor bewahrt, gleich unterzugehen. „Vertraust du mir?"

Ich spüre, wie er tief durchatmet und dann ein krächzendes „Okay" von sich gibt.

Ich weiß nicht ganz, ob ich ihm glauben kann, darum sehe ich ihm prüfend in die Augen. „Begleitest du mich?"

Sofort schießen seine Augenbrauen zusammen. „Natürlich!" 

Ich lächele. „Gut. Ich denke, ihr könntet euch nämlich eigentlich ganz gut verstehen." Kunos Lippen pressen sich aufeinander und er sieht so aus, als würde er etwas sagen wollen, lässt es dann aber doch.

Tanz mit dem Morgentau - Das Geheimnis der Tränen ~ Band 3Onde histórias criam vida. Descubra agora