13. Knackendes Geäst

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An Schule ist jetzt nicht mehr zu denken. Was meinte Tyrian damit, ich solle auf Elchor Acht geben? Ich merke, wie die innere Unruhe in mir ansteigt und ich sofort zu ihm hinwill, um nachzusehen. Kuno folgt mir natürlich auf Schritt und Tritt. 

Er ist sonderbar schweigsam, als wir durch den Wald laufen, was ich erstmals darauf schiebe, dass er all die Informationen in seinem Kopf irgendwie verarbeiten muss. Genau wie wahrscheinlich die Begegnung mit zwei waschechten Feen, die sich dann auch noch vor seinen Augen in Luft auflösen. 

Hinzu kommt, dass ich befürchte, die Nähe zwischen Tyrian und mir könnte ihm nicht gefallen haben. Er war ja schon immer eher der eifersüchtigere Typ Mensch und ich weiß um seine Unsicherheiten Bescheid, auch wenn es hier überhaupt keinen Grund dafür gibt. Vielleicht sollte ich ihm das nochmals klarstellen?

Als ich ihn nach einer Weile jedoch prüfend ansehe und er immer noch stumm meinem Blick ausweicht, werde ich skeptisch.

„Was ist los?", frage ich vorsichtig und bleibe kurz vor Elchor stehen. Kuno läuft dafür noch ein Stück weiter bis zu seinem Stamm, auf den er seine Hand legt, ehe er seinen Blick wieder über die Umgebung schweifen lässt.

Ich trete näher an ihm heran und berühre ihn behutsam an der Schulter. Irgendwie wirkt er... Ich weiß auch nicht. Ich kann es gerade wirklich nicht einschätzen, was komisch ist, da mir das in letzter Zeit eigentlich immer ziemlich leicht fiel.

„Kuno", hauche ich leise und hoffe, dass er sich mir zuwendet, doch immer noch starrt er lieber in den Wald, als mich anzusehen. Stattdessen sehe ich, wie er seine Lippen zusammenpresst und er generell ziemlich angespannt wirkt. Ist er etwa wütend? 

Ich schlucke. Wieso ist er so ruhig? „Ist es wegen Tyrian?", frage ich vorsichtig und kann dabei feststellen, wie mein Herz von der Aufregung noch wild pocht. Ich kann es immer noch nicht ganz glauben, dass diese Begegnung gerade wirklich stattgefunden hat. 

Jetzt hat Kuno ihn endlich auch kennengelernt. Vielleicht hätte ich ihn allerdings wirklich schon früher darauf vorbereiten sollen. 

Wieder zuckt es in seinem Kiefer. 

„Ist es, weil ich Tyrian umarm..." „Nein", unterbricht er mich knapp. Seine Stimme klingt klar und... verdammt wütend. 

Oh...

So habe ich ihn noch nie erlebt. In dieser Art von Wut kenne ich ihn überhaupt nicht. Wieso sieht er mir nicht in die Augen? 

Ich lege fragend meinen Kopf schief. „Was dann?" 

Auch, wenn er mich nicht direkt ansieht, kann ich sehen, wie es in seinen Iriden blitzt. Er ist eindeutig sauer, doch worauf? Ich habe noch nie erlebt, dass Kuno auf diese Weise zornig auf mich ist. Normalerweise streiten wir dann, oder er regt sich irgendwie auf, doch jetzt... jetzt ist er ganz still. 

Zu still

Unruhig grabe ich meine Füße in die Erde. „Verrätst du mir, was los ist?" 

Nun schwenkt sein Blick endlich doch zu mir, während seine Zähne zusammengepresst sind. Es liegt so einiges in seinen braunen Zirkonen, doch pure Eifersucht ist es nicht, was ich sehe. Viel eher ein Mantel der Wut, welcher Trauer, Enttäuschung und Verzweiflung in sich verbirgt. Und doch auch irgendwie... Zärtlichkeit... ?

Was habe ich ausgefressen? Es fühlt sich nämlich genau so an. Als hätte ich irgendetwas gemacht, was ich nicht hätte tun dürfen. 

Nervös beginne ich mit meinen Händen den Stoff zu kneten und komme mir vor wie ein kleines Kind, welches heimlich die Süßigkeiten aufgegessen hat. 

Tanz mit dem Morgentau - Das Geheimnis der Tränen ~ Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt