15| amarant

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Genovefa

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Genovefa

Ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich ein Gespräch mit ihr unter vier Augen führen wollte. Andererseits blieb mir nicht wirklich etwas anderes übrig.

Also nickte ich nur und erhob mich vom Sofa, um meiner Mutter hinaus in den Vorraum zu folgen. Sobald sie sah, dass ich ihr auch gefolgt war, öffnete sie eine weißgestrichene Tür, die in irgendeinen Nebenraum führte. Im Inneren war er vollgestopft mit Spitzendeckchen und haufenweise Ramsch, der sich überall stapelte. Die einzigen Möbelstücke, die noch erkennbar waren, waren ein Teetischchen und ein dazu passender Sessel. Hinter mir schloss ich die Tür wieder.

„Worüber willst du mit mir reden?", sprach ich sie sogleich auf die Frage aller Fragen an und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

Sie sah mich zuerst mit ihrem typischen Mutter-Blick an, bevor sie mir antwortete. „Über deine Ausbildung."

Ich verdrehte die Augen. Das war wieder einmal so klar gewesen. Es schien ihr doch nur um das eine zu gehen.

„Wenn du jetzt wieder damit anfangen willst, dass ich den Zweig wechseln soll, dann kannst du dir das gleich abschminken", entgegnete ich bissig. Wir führten diese Diskussion schon so lange, dass ich langsam keine Lust mehr darauf hatte.

Ihr Blick wurde weicher und ihr Gesichtsausdruck sanfter. „Schätzchen, diese Diskussion hat unser gesamtes Miteinander als Familie ruiniert. Vielleicht ist es an der Zeit den Dingen mal ins Auge zu sehen." Was auch immer sie damit versuchte, bei mir funktionierte es nicht. Nicht mehr.

„Ich habe mich entschieden", verdeutlichte ich meinen Standpunkt mit fester Stimme. „Und egal wie oft wir diese Diskussion noch führen, ich bleibe dabei. Mein Herz schlägt für Maschinenbau und nicht für die Goldschmiede."

Sie sah in keiner Weise überzeugt aus. Ihre dunkelgrauen Augen funkelten und sie sah aus, als wäre sie bereit für eine neue Runde. Tja, ich nicht.

„Du weißt, dass das mein einziger Wunsch ist. Ich will es so, und Papa hätte es auch gewollt." Das waren sie. Die letzten Worte, um diese Diskussion zu beenden. Um sie im Keim zu ersticken, bevor sie sich wieder zu einem Feuer entfachte, das alles niederbrannte.

Anstatt, dass sie zumindest ansatzweise versuchen, würde meinen Wunsch zu respektieren, verschloss sich ihr Gesicht in Sekundenschnelle. Wahrscheinlich hatte ich Paps zu früh erwähnt. So wie es aussah, war sie immer noch nicht darüber hinweggekommen.

„Fräulein, erwähne am besten nie wieder Menschen in einer ernsthaften Diskussion, die nicht mehr dazu beitragen können, weil sie von uns gegangen sind." Ihre Stimme war scharf. Ihre Worte waren schärfer. Ich war es gewohnt.

„Aber Mutter-" Sie unterbrach mich mit einer unwirschen Handbewegung. „Nichts aber, lass mich zuerst einmal ausreden. Man sollte schließlich immer Respekt vor seinen Eltern haben."

Ich schluckte die Worte, die mir schon auf der Zunge lagen, hinunter, in dem Wissen, dass es wahrscheinlich besser so war. Sie würde ohnehin nicht darauf hören.

„Es kommt mir langsam vor, wie wenn du deine guten Manieren verlieren würdest", rügte sie mich streng und stemmte die Hände in die Seiten. Mitten in all dem kitschigen Teezubehör wirkte sie ziemlich fehl am Platz. Aber gut, ich sah hier drinnen wahrscheinlich nicht besser aus.

„Das liegt alles am Maschinenbau", stellte sie fest und ich machte schon meinen Mund auf, um zu protestieren, aber dann redete sie auch schon weiter. „Einer der Gründe warum ein Mädchen wie du nicht in eine Männerdomäne gehört."

Ich schaffte es noch gerade so mich zurückzuhalten und nicht mit den Augen zu rollen. Wäre in diesem Moment ein Fehler gewesen, weil das natürlich von noch mehr Respektlosigkeit gezeugt hätte.

„Du kennst jetzt doch eh diesen Jungen, der nicht so ganz in seinen Zweig zu passen scheint. Eine Goldschmiedeausbildung ist für einen Jungen schließlich ziemlich ungewöhnlich. Du könntest doch einfach mit ihm wechseln, dann seid ihr beide im richtigen Zweig."

Schockiert über ihren Vorschlag hob ich beide Augenbrauen. Es dauerte etwas, bis ihre Worte in allen Einzelheiten bei mir angekommen waren. Wie konnte sie so etwas nur mit so einer Überzeugung sagen?

„Mutter, das Leben besteht nicht nur aus riesengroßen Stereotypen", fauchte ich ungehalten. „Du musst auch mal einsehen, dass sich alles verändert und das ständig." Ich holte noch einmal tief Luft, bevor ich mich weiter in Rage redete. Auch wenn ich gehofft hatte, dass es dazu nicht mehr kommen würde. „Ich komme gut zurecht, also danke für deine Anteilnahme daran. Außerdem, lass Seraphin aus dem Spiel, er hat damit überhaupt nichts zu tun." Meine Stimme wurde mit jedem Wort lauter, aber ich wusste ganz genau, dass das nichts helfen würde. Wie sollte es denn auch? Zu schreien brachte mir absolut keinen Vorteil ein, und trotzdem konnte ich es nicht mehr zurückhalten.

„Und genau das ist es, was ich mit Respektlosigkeit meine", giftete Mutter zurück, ohne überhaupt irgendwie auf meine Worte einzugehen. „Wenn das so weitergeht, werden wir ernsthafte Probleme miteinander haben, Fräulein." Ihre Stimme klang gefährlich ruhig.

„Nenn mich nicht Fräulein", entgegnete ich bissig. „Außerdem, was willst du tun? Du kannst mich nicht mehr aus dem Haus werfen, wenn ich sowieso schon wo anders wohne. Und von dort kannst du mich nicht rauswerfen lassen, weil es Paps nicht so gewollt hätte."

Ich drehte mich mitten im Satz um und riss die Tür auf. Als ich wieder im Gang stand, konnte ich das Verlangen nicht unterdrücken sie dramatisch zuzuschlagen und dann ins Treppenhaus zu flüchten.

Dieses ganze Familientreffen war eine denkbar schlechte Idee gewesen.


[875 Wörter]


Why not...Where stories live. Discover now