18| schokoladenbraun

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Genovefa

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Genovefa

Das laute Klopfen ließ mich von meinen Hausaufgaben hochfahren.

Wer war das? Soweit ich wusste, würden die anderen doch erst morgen abends wieder anreisen. Also hatte ich angenommen, dass ich am Samstag immerhin Ruhe haben würde. Aber Fehlanzeige.

Ich schob meinen Drehsessel vom Tisch weg und erhob mich. Meine Gelenke knacksten zum Dank. Vielleicht sollte ich doch eine Pause einlegen.

Obwohl das Klopfen nicht aufhören wollte, sah ich keinen Grund mich zu beeilen. Letztendlich war es nur irgendjemand, der sich einen Streich erlauben wollte. Oder jemand von den anderen, der etwas vergessen hatte. Und da musste ich mich nicht beeilen, schließlich waren sie alle alt genug, um selber klarzukommen.

Als ich aber schlussendlich die Eingangstür im Vorraum aufriss, stand dort mein bescheuerter Zwillingsbruder und neben ihm unsere kleine Schwester Sophie. Wie erstarrt blieb ich im Türrahmen stehen.

„Das kam...nun...unerwartet", sagte ich, in Ermangelung anderer Worte.

Valentin verdrehte die Augen. „Schon klar, aber dachtest du, dass ich meiner heißgeliebten Zwillingsschwester einen freien Tag gönne, während ich babysitten muss? Sicherlich nicht."

Sophie neben ihm schnaubte und schüttelte zickig den Kopf. „Ich bin alt genug, um auf mich selbst aufzupassen."

„Sollte man annehmen, aber Mum sieht das natürlich nicht so", fügte Valentin sicherheitshalber seiner vorherigen Erklärung hinzu. „Und wenn du eine gute Gastgeberin bist, solltest du uns womöglich hereinlassen, denn draußen zieht es."

Ich zog die Tür mit Schwung auf und trat einige Schritte zurück, um sie hereinzulassen. „Ziemlich schade", meinte ich dann. „Eigentlich hatte ich mich schon auf einen so schön ruhigen Samstag gefreut, an dem ich dich nicht sehen muss."

Ohne im Mindesten auf meine Worte zu achten, schlüpfte Valentin aus seinen Schuhen und pfefferte sie in irgendeine Ecke unseres Vorraums. Mit seiner Jacke verfuhr er ebenso. Sophie hingegen machte sich die Mühe ihre Schuhe ordentlich abzustellen und hängte ihre Jacke auf unsere Garderobenhaken, oder sie versuchte es zumindest. Schließlich musste Valentin es für sie erledigen.

„Und was ist mit mir?", durchlöcherte mich Sophie, ungeduldig wartend auf eine Antwort. „Freust du dich auch nicht mich zu sehen?"

Die Antwort lag schon auf meiner Zunge, als ich es mir doch anders überlegte. Es konnte gut sein, dass ich von der Woche ausgelaugt war, und einfach nur meine Ruhe wollte, aber andererseits waren das meine Geschwister. Das war nicht dasselbe.

„Wenn ich ehrlich bin, freue ich mich doch über euch beide", erklärte ich und deutete vage in Richtung Küche und Wohnzimmer. „Wollt ihr irgendetwas zu trinken?"

Sophie schüttelte bestimmend den Kopf und ihre braunen Zöpfe flogen durch die Gegend. „Im Moment nicht."

Mein Zwillingsbruder hingegen konnte es schon wieder nicht lassen, meinen Service in Anspruch zu nehmen. „Was du nicht sagst", begann er gedehnt und beobachtete mich mit einem Funkeln in seinen Augen. „Ich hätte gerne Wasser, das genau die richtige Temperatur hat. Und es soll nicht verkalkt sein. Zumindest nicht allzu sehr."

Für einen Augenblick überlegte ich, ob ich seinen Wunsch nicht einfach ignorieren sollte, aber dann entschied ich mich dagegen. „Du mit deinen Extrawünschen." Kopfschüttelnd holte ich ein Glas aus unserem Geschirrschrank und füllte es mit Leitungswasser. Das würde schon reichen.

Valentin ließ sich auf irgendeinen der Stühle rund um unseren Esstisch fallen, der zufälligerweise meiner war. Er streckte seufzend die Beine aus und sah mich mitleidig an, wie wenn er gerade dazu gezwungen worden wäre, einen Marathon zu rennen. Dramaqueen.

Meine kleine Schwester hatte hingegen beschlossen uns überhaupt nicht mehr zu beachten und hatte sich auf unser Sofa verkrümelt und schon den Fernseher eingeschalten. Kurz überlegte ich, ob ich sie nicht doch überreden sollte, sich zu uns zu gesellen, aber ich wusste auch so schon, dass das ein hoffnungsloses Unterfangen sein würde. Also nahm ich gegenüber meines Zwillingsbruders Platz und stellte unsanft sein bestelltes Glas mit Wasser auf den Tisch. Das hätte er sich ruhig auch selber holen können.

„Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, dass du mich unbedingt besuchen musst?", fragte ich ihn und beobachtete missbilligend, wie er mit seinem Stuhl hin und her wippte.

Valentin setzte erst zum Sprechen an, als er seinen Stuhl wieder zum Stillstand gebracht hatte und der mit allen vier Stuhlbeinen den Boden berührte. Immerhin etwas. „Ich dachte mir, ich durchlöchere dich etwas mit Fragen. Bezüglich Seraphin." Sein Grinsen war fast schon diabolisch.


[690 Wörter]


Why not...Where stories live. Discover now