23| honiggelb

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Serapin

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Serapin

„Soll das ein Aprilscherz sein, oder so?" Pauls Stimme klang gehässiger als sonst. Zumindest um eine kleine Spur. Ich verdrehte kaum merklich die Augen und überlegte, welche äußerst schlagfertige Erwiderung ich ihm darauf zurückgeben sollte. Zu seinem Glück fiel mir absolut nichts ein, was meine dunkelvioletten Haare rechtfertigte.

Dieser Montag war verdammt.

„Was geht dich das an?", entgegnete ich schließlich, um immerhin irgendetwas zu sagen. Vielleicht hätte ich mich auch einfach nicht aus dem Klassenzimmer wagen sollen, dann wäre ich vor ihm sicher gewesen. Andererseits würde ich das hier schon noch überleben und ich hatte das Klassenzimmer auch aus einem guten Grund verlassen. Um mich mit Gen zu treffen.

Er zuckte mit den Schultern und schenkte mir ein diabolisches Lächeln. „Wer weiß, vielleicht wolltest du nicht mit voller Absicht wie irgendein hirnrissiger Künstler aussehen. Ich meine, wer will das schon freiwillig?"

Mir fiel wieder ein, warum ich ihn nicht leiden konnte.

Ich warf Gen einen schnellen Seitenblick zu, die stumm mit den Schultern zuckte. Sie war es höchstwahrscheinlich schon gewohnt, dass seine Kommentare etwas waren, worauf die meisten Menschen getrost verzichten konnten.

„Tja, dir würde es wahrscheinlich eh nicht in den Sinn kommen. Wie denn auch, wenn dein Horizont so beschränkt ist?", schoss ich zurück.

Eigentlich hatte ich gehofft, dass er jetzt so beleidigt sein würde, dass er abzischen würde. Noch länger würde ich es nicht mit ihm aushalten.

„Moment einmal", die weibliche Stimme, die sich in unser Gespräch einmischte, kam mir nur zu vertraut vor. „Seraphin, was hast du mit deinen Haaren angestellt?"

Schon klar, dass mir wieder einmal nichts erspart, bleiben würde. Warum konnte ich nicht im Boden versinken?

„Sie gefärbt, Susan", antwortete ich ihr und sah ihr dabei in die Augen. Ansonsten würde sie sich nur wieder bei Papa darüber beschweren, dass ich sie nicht leiden konnte. Was nicht stimmte. Für eine Stiefmutter war sie wirklich okay, aber sie besaß das Talent in den unpassendsten Momenten aufzutauchen.

Susan legte ihre Stirn in Falten und musterte mich mit ihren perfekt geschminkten Augen. Mir war es absolut unverständlich, wie sie neben dem Leiten einer ganzen Abteilung und dem ganzen anderen Kram immer so perfekt aussehen konnte. „Weiß Gerhard davon?" Sie sagte immer Gerhard. Auch wenn ihr mittlerweile klar sein sollte, dass ich meinen Vater eigentlich nicht mit seinem Vornamen ansprach.

Wahrheitsgemäß schüttelte ich den Kopf. „Nein, war eine spontane Entscheidung."

„Sind Sie seine Mutter?", meldete sich Paul mit charmanter Stimme zu Wort.

Mein Blick glitt wieder zu ihm. Zwar hatte ich gehofft, dass er sich inzwischen schon wieder aus dem Staub gemacht hätte, aber das würde wohl nicht so schnell passieren.

„Seine Stiefmutter, um genau zu sein", meinte Susan und musterte Paul von oben bis unten. „Bist du mit ihm befreundet?" Susan klang äußerst abweisend. Wahrscheinlich hoffte sie, dass sie Paul nie bei uns zuhause sehen müsste. Sie hatte nicht gerne Besuch.

Paul schüttelte den Kopf und sah mich abschätzig an. „Nicht wirklich. Ich rede nur notgedrungen mit ihm, um ihn darauf hinzuweisen, dass diese Haarfarbe echt scheiße aussieht. Finden Sie nicht auch?"

„Ist der immer so unverschämt?", zischte ich Gen zu. Sie nickte. „Bedauerlicherweise schon. Glaubst du, er kommt damit bei deiner Stiefmutter durch?", fragte sie interessiert.

Eher nicht, denn Susan wandte sich einfach ab und stolzierte den Gang weiter entlang. Unterricht abhalten und so.

„Naja, deine Mutter scheint nicht besonders begeistert zu sein", sagte Paul und fixierte wieder mich. „Ups, ganz vergessen, dass ist ja deine Stiefmutter." Er trat einen Schritt näher. Ich ahnte Schlimmes. „Wieso eigentlich? Warst du für deine Mutter so eine Enttäuschung, dass sie dich abgeschoben hat?" Das breite Grinsen in seinem Gesicht war nicht zu übersehen.

Das konnte doch nicht sein Ernst sein.

„Weißt du eigentlich, dass du ausgesprochen respektlos bist?" Gens Tonlage klang gefährlich ruhig. „Offenbar hat dir nie jemand Manieren oder so beigebracht."

Paul sah nicht im Geringsten betroffen aus, während ich immer noch bei seinen Worten hängen geblieben war.

„Du würdest uns allen einen Gefallen tun, wenn du ganz schnell von der Bildfläche verschwinden würdest. Und wag es ja nicht noch einmal irgendjemanden zu beleidigen, nur weil er in einen anderen Zweig geht als du." Ihre Stimme war scharf, ihre Worte waren hart.

„Dass ausgerechnet du einmal sowas sagen würdest, damit hätte ich auch nicht gerechnet", gab Paul zurück. „Aber ihr habt Glück, dass der Unterricht schon fast wieder anfängt und ich es mir nicht leisten kann schon wieder zu spät zu kommen. Er drehte sich während seiner Worte um, um zu verschwinden.

Fürs erste hatte er wohl genug.


[737 Wörter]

Why not...Where stories live. Discover now