Wunder

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Es war wunderschön warm, als Harry erwachte. Die Luft duftete so schön, wie das erste Mal, als er die Augen hier geöffnet hatte, aber er wusste es sofort, seine Mutter war nicht mehr mit da. Es war so kühl. Er war wieder allein, mit all seinen Gedanken und dem neuen Wissen, das er kaum fassen konnte.

Langsam richtete Harry sich auf, froh, dass wenigstens die Schaukel noch da war. Er setzte sich, stieß sich vom Boden ab und lehnte seinen Kopf wieder an das Seil, schloss die Augen. Die wenigen Momente mit seiner Mutter waren so schön gewesen! Er wollte sie wieder haben, zurück zu ihr, doch sie war tot. Er konnte sie nur erreichen, wenn er sich für den Tod entschied.

Aber da war auch Tom. Tom, der ihn ebenfalls immer in die Arme genommen hatte, bei dem ihm warm gewesen war, wo er sich so willkommen gefühlt hatte. Der Mann, der ihm das erste Mal gesagt hatte, dass er ihn liebte, dass er bei diesem zu Hause angekommen sei, dass er immer kommen konnte. Tom hatte ihm so viel gegeben, die kleinen Geschenke, der Teddy, den er in ihrem gemeinsamen Bett bunkern konnte, die Zuckerwatte, der Ausflug ans Meer, der in den Zoo, wie der Andere ihn in den letzten Tagen immer wieder in den Wintergarten getragen hatte, wenn er selbst nicht hatte laufen können, weil entweder seine Knie schrecklich weh getan hatten oder er seine Füße nicht mehr spüren konnte.

Am Ende hatte Tom ihn sogar mit auf seine Sitzungen genommen und kein Wort gesagt, wenn er eingeschlafen war oder auf ein Mal hochgefahren, er hatte Leuten ihren Mund verboten, wenn die ihm etwas hatten sagen wollen, niemand hatte ihn ansprechen oder sich anders über seine Anwesenheit beschweren dürfen.

Und Sirius, der so geweint hatte, als er von seiner Erkrankung erfahren hatte, Draco, mit dem er sich gerade erst angefreundet hatte, der ihn angefleht hatte, nicht zu sterben. All die Anderen, die ihm gezeigt hatten, dass er wichtig war. Er hatte von Fenrir die Geschichten von Sirius erfahren, der ihn verzweifelt gesucht hatte, als er als Panther bei Tom gewesen war, dessen Freude, als sie sich wieder gesehen hatten.

So viele Leute, die ihn länger kannten, als er seine Mutter. Die ihn brauchten. Er wusste, wie Tom war, wenn er nicht da war oder wenn sie länger getrennt waren, er hatte es ja schon mehrfach erlebt und er wusste, wie schnell der Andere sich auch wieder beruhigte, wenn er sich dann zu diesem setzte.

„Ich vermiss dich", flüsterte er in den Blätterregen hinein, während er weiter schaukelte. Und es stimmte. Ja, er liebte seine Mutter, auch, wenn er sie nur kurz gesehen hatte. Aber sie war nun einmal schon lange tot, er hatte sie kaum gekannt und sie selbst hatte gesagt, dass sie auch noch da sein würde, wenn er jetzt zurück ging und starb, wenn er alt und grau war. Aber das Wichtigste war, dass er dann mit Tom hierher kommen konnte, dass sie nicht getrennt wurden. Denn so schön es hier auch zu sein schien, er konnte nicht bleiben, nicht ohne den Mann, den er so liebte.

Severus. Der Mann hatte ihn immer geschützt, selbst, als der noch angenommen hatte, dass er der lebende Beweis der Tatsache war, dass seine Geliebte ihn betrogen zu haben schien. Er hatte ihm geholfen, ihn immer wieder am Leben erhalten, obwohl er oft blind in schreckliche Gefahren gerannt war. Hatte der Mann nicht auch etwas Glück verdient? Nur ein kleines bisschen? Auch, wenn er gesagt hatte, dass Harry nie sein Sohn werden würde. Seine Ma hatte gesagt, er solle ihm helfen, wenigstens etwas glücklich zu werden, bis er zu ihr kommen würde und das er der Schlüssel dazu wäre.

Konnte er da so selbstsüchtig sein, hier zu bleiben? Während all die Anderen auch für ihn kämpften? Wollte er, dass Siri was Dummes tat, weil er sich an seiner Krankheit die Schuld gab? Er wusste doch, wie es war, sich für den Tod von Jemandem verantwortlich zu fühlen, wie es war, wenn man dachte, dass alle in der Nähe von einem starben. Er hatte gedacht, Schuld an dem angeblichen Tod seines Patenonkels zu sein, er glaubte bis jetzt, dass, wäre er nicht gewesen, Cedric noch leben würde, seine erste, kleine Verliebtheit und eine Freundschaft, die er eigentlich gern erhalten hätte.

Durch die ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt