Tabasco

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Harry starrte aus dem Fenster, hinaus in den Garten. Er musste zugeben, dass er froh war, hier drin zu sein. Ihm war immer noch etwas schwindelig von seinem protestierenden Magen, der sich auch nur langsam beruhigen wollte, er hatte immer noch das Gefühl, jederzeit zum Klo rennen zu müssen, doch er beherrschte sich. In seinen Armen lag sein Teddy und wieder einmal überlegte er, ob er nicht doch... nur ein bisschen... mit Tom reden sollte, eine kleine Weile dessen Stimme hören, wenn auch nur in seinem Kopf. Er wusste, danach würde es noch schlimmer sein, die Augen zu öffnen und zu wissen, dass er wieder allein war, doch er brauchte es, die Stimme seines Geliebten.

Andererseits war Tom auf einer wichtigen Konferenz der Staatsoberhäupter und vielleicht würde er Andere verärgern, die Tom für schwach halten würden, weil er so ein Jammerlappen war. Also sah er wieder mal davon ab. Heute Abend, Tom würde sich heute Abend wieder bemerkbar machen. Bis dahin konnte er noch durchhalten.

Harry spielte sogar mit dem Gedanken, sich ins Bett zu legen, doch er mochte nicht allein da liegen, selbst, wenn die Hauselfen ihm immer Wärmflaschen ins Bett legten, damit es nicht so kalt war, er fühlte sich trotzdem so, als würde er frieren. Wortlos streckte er seine Hand aus, sah, wie die Decke auf ihn zuflog, wickelte sich dann in sie ein.

War das alles wirklich diese Bindung? Musste wohl so sein, obwohl... er hatte sich auch damals so miserabel gefühlt als er dachte, dass Tom ihn weggegeben hatte. Na ja, so schlimm fühlte er sich noch nicht, aber viel schien auch nicht mehr zu fehlen. „Ich wünschte, du wärest hier", flüsterte er müde, küsste seinen Grizzly und starrte wieder in den Garten. Er war müde, ihm war zum Heulen, er verstand sich selbst nicht mehr. Es war Irgendwie Alles zu viel. Er war so müde, aber seit Tom weg war, hatte er wieder jede Nacht schlechte Träume. Wirklich schlechte Träume.

Und doch... er konnte sich nicht wehren, als seine Augen ihm schließlich zufielen, mehrfach kämpfte er sie noch auf, doch dann blieben sie geschlossen. Sein Kopf rollte gegen die Scheibe, doch der Griff um Decke und Teddy lockerte sich um keinen Deut.

So fand Tom ihn, als er in das Zimmer seines Gefährten hastete. Er war froh, dass er der Sekretärin unter Todesdrohungen verboten hatte, jemanden, der ihn wegen Harry sprechen wollte, abzuwürgen. Er hatte sofort Gewissensbisse bekommen, als er gehört hatte, wie es seinem Kleinen ging. Er selbst hatte gewisse Probleme gehabt, nicht konstant mit dem Jüngeren zu reden, manchmal hatte er gemerkt, wie einsam sich Harry fühlte, vor allem Abends hatte er ihm dann eine Art mentaler Umarmung geschickt, aber das schien nicht wirklich genug gewesen zu sein.

Er hatte - mal wieder - vergessen, wie jung Harry war und wie anhänglich durch seine gewaltgeprägte Vergangenheit. Lautlos schloss er die Tür hinter sich, trat zu der Fensterbank auf der Harry halb lag, halb saß und strich vorsichtig mit einem Finger über dessen Wange. Kein Fieber, er war nur etwas bleich.

Sanft hob Tom das kleine Bündel hoch, trug Harry zum Bett, legte ihn hinein, richtete die Decke um ihn, streifte sich die Schuhe ab, befreite sich von Robe und Weste und legte sich dann zu seinem Geliebten, strich zärtlich über dessen Handfläche. Augenblicklich wandte der Schlafende sich ihm zu, der Teddy rollte auf die andere Seite und stattdessen legte sich der bisher eingerollte Schwanz um Toms Bein, während der Jüngere sich eng an ihn drückte, leise seufzte und sich langsam entspannte. „Dummkopf", flüsterte Tom zärtlich: „Du hättest doch nur was sagen müssen..."

Daran, dass er die Konferenz verlassen hatte, dachte er noch nicht mal. Es war ihm eigentlich herzlich egal, wenn er ehrlich war. Wenn er morgen zurück sein würde, wäre es immer noch früh genug, denn heute hatten sie, wie die letzten beiden Tage, nur über Nebensächlichkeiten geredet und Höflichkeiten ausgetauscht. Etwas, wofür er noch nie die Nerven gehabt hatte. Viel lieber beobachtete er die noch so kleinen Regungen auf dem vertrauten, schmalen Gesicht. Wenn die Stirn der Jüngeren sich im Traum in Falten legte, wenn seine Ohren immer mal wieder zuckten.

Durch die ZeitenWhere stories live. Discover now