Kapitel 62

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-SHIVA

Fuck, ich habe zwei Männer umgebracht... zwei! Ich bin ja gemein gefährlich! Ich hätte eindeutig besser darüber nachdenken sollen. Dieses Recht hätte ich mir nicht rausnehmen dürfen. Ich hätte sie nicht umbringen dürfen, auch nicht, wenn sie es verdienen. Naja, aber andererseits, was hätte ich auch tun sollen? Sie haben auf Levin gezielt. Auf meinen Levin. Und was mache ich? Ich lasse ihn zurück, stoße ihn von mir weg. Wie Paradox ist das bitte? Ich liebe ihn, habe die ganze Zeit auf seine Rettung gehofft, habe sein Leben gerettet und dann stoße ich ihn weg von mir? Das passt ja mal so gar nicht zusammen.

Mit Tränen überströmten Gesicht laufe ich in den Wald. Ich will, nein ich muss, alleine sein.

Erst als ich vor einem riesigen Baum stehe, der umgekippt zu sein scheint, stelle ich erschrocken fest, dass ich so sehr in Gedanken vertieft war, dass ich gar nicht bemerkt habe, wo ich langgelaufen bin. Aber bevor ich noch weiter im Wald herumirre scheint es mir sinnvoller zu sein, mich auf den Baumstamm zu setzen.

Ich richte meinen Blick stur geradeaus, als ich höre, wie sich mir jemand nähert. Ich würde mich ja gerne umdrehen, aber ich habe keine Interesse. Es wird Levin sein. Ich meine, wer denn auch sonst? ,,Will nicht mit dir reden..." sage ich. ,,Gut, dann setzte ich mich dazu... wenn ich darf?" Warte. Das ist nicht Levin! Es ist eine Frau.

Ich erwidere der Frau nichts, weshalb sie sich, mit einem relativ großen Abstand zu mir, ebenfalls auf den Baumstamm nieder lässt.

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,,Hey, Lola." sagt sie. Wahrscheinlich, um die Stille zu durchbrechen. Lola springt auf den Baumstamm und legt ihren Kopf auf mein Oberschenkel. Ich streichle sie. Gott, was habe ich dieses flauschige Fell vermisst! Meine Hände vergraben sich in ihrem schneeweißem Fell. ,,Sie ist ein großartiger Hund." Die Fremde sieht mich abschätzend an. Ich nicke bloß. Ich habe Angst, wenn ich jetzt rede, dass meine Stimme wieder versagt oder ich stottere oder was weiß ich nicht noch alles. Das wäre ja sowas von peinlich! ,,Ich bin Liz." stellt sie sich wage vor. Wieder nicke ich nur.

,,Levin macht sich Sorgen um dich." Achselzuckend sehe ich sie an. Das erste mal. Ich habe sie zuvor nicht wirklich beachtet. Ich sehe ihre Ähnlichkeit zu Levin... diese Haare... das muss seine Schwester sein. ,,Ich habe Fragen... diese musst du nicht beantworten. Aber dennoch möchte ich sie dir stellen." Argwürdig sehe ich sie an. ,,Ich weiß, dass du mir nicht so schnell vertrauen wirst. Alles gut, ich habe keine Erwartungen." Ich nicke, um ihr signalisieren zu wollen, dass sie ihre Fragen ruhig stellen kann. ,,Was haben die mit dir gemacht?"

Schon beim kleinsten Gedanken an die vergangenen Tage oder Wochen spüre ich, wie meine Augen zu brennen beginnen. ,,Sie-" setzte ich zum reden an, aber meine Stimme bricht. Schon wieder. Ich schließe meinen Mund wieder und drehe mich weg von ihr. Meine Lippen zittern, auch wenn ich versuche, sie so ruhig wie möglich zu halten. Mein eigener Körper will nicht auf mich hören!

Ich will es ihr ja sagen, wirklich, aber irgendwie will meine Stimme das nicht so ganz.

,,Du darfst Levin nichts sagen..." flehe ich sie an, ohne sie anzusehen. ,,Sicher. Aber wenn du jetzt nicht reden möchtest, ist das auch in Ordnung. Du sollst dich absolut nicht unter Druck gesetzt fühlen, Shiva." Wieder bringe ich nur ein einzelnes Nicken zustande.

,,Sie haben..." Ich sehe Lola an. Sie sieht mich auch an, hat sich aber bisher keinen Zentimeter bewegt. ,,... mit mir Dinge gemacht..." Ich spüre ihre Blicke auf mir ruhen, aber sie drängt mich absolut nicht. ,,Sie... Sex... also nicht so-" stammle ich unbeholfen. Tränen rennen mir in Massen über die Wangen. ,,Sie haben dich vergewaltigt...?" flüstert sie mir zu und fasst gleichzeitig den Gedanken, den ich nicht aussprechen konnte. Ich schlucke stark. Ich will ihr mit Wörtern antworten, doch ich schaffe es einfach nicht. Also nicke ich wieder einfach nur.

,,Bitte sag Levin nichts..." bringe ich nur traurig heraus.

,,Komm. Wir haben Anziehsachen für dich mitgenommen. Du kannst dich dann umziehen und wir fahren dann nach hause." versucht sie mich zu überreden, als sie zu bemerken scheint, dass ich zittere. Ich habe keine Kraft zu reden. Nicht einmal, um ihr zu erklären, dass ich nicht zittere, weil mir kalt ist. Ich weiß nicht, warum ich zittere. Ich stimme mit ein, indem ich aufstehe und mich zu ihr stelle, um mit ihr zu gehen.

Enemys to LoversWhere stories live. Discover now