7

584 60 1
                                    


Kyungsoo vertiefte sich in seine Arbeit, wie schon lange nicht mehr. Er verbrachte Stunden ohne Pause im Büro, besuchte Galerien und Sammler, die er kannte. Er zeigte die digitalen Aufnahmen, die Junmyeon gemacht hatte herum und wurde zumeist mit positivem Feedback überhäuft. Mehrere Galeriebesitzer, waren damit einverstanden Jongdae's Debut in ihrer Galerie zu unterstützen und so verbreitete sich das Gerücht wie ein Waldbrand, ohne das Jongdae jemals ein Bild aus der Hand gegeben hatte. Kyungsoo wusste wie man Marketing richtig gestaltete. Nun wartete er nur noch darauf, dass eine der großen und wichtigen Galerien in Seoul zugreifen würde. Normalerweise, war dies bei unbekannten Künstlern nicht wahrscheinlich, doch Jongdae hatte alles Glück auf seiner Seite. Unter Kunsthistorikern und Künstlern, hatte er, dank Kim Minseok und nun dank Kyungsoos Mithilfe, bereits einen guten Ruf – so starteten die wenigsten Künstler ihre Karriere.
Es war ein paar Tage später, als Kyungsoo endlich eine E-Mail von der Galerie seiner Wahl erhielt. Er hatte den Besitzer niemals wegen Jongdae angeschrieben, doch das Gerücht war bis zu ihm vorgedrungen. Kyungsoo war sich nicht sicher gewesen, ob er sich wirklich Hoffnungen bei der renommiertesten Galerie in Seoul machen konnte – vor allem, da sie noch nie eine eigene Ausstellung für einen Debutanten organisiert hatten, doch alles war gut gegangen.
Kyungsoo griff sofort zu seinem Telefon um Jongdae die Nachricht mitzuteilen.
‚Hallo?'
Kyungsoo zog verwirrt die Stirn in Falten, das klang nicht nach Jongdae. „Hier spricht Do Kyungsoo von ‚Fine Arts', ist das das Telefon von Kim Jongdae, oder habe ich mich verwählt?"
‚Oh, nein alles richtig', bestätigte die Stimme schnell. ‚Hier ist Kim Jongin, Sie erinnern sich vielleicht?'
Natürlich erinnerte sich Kyungsoo. Er hatte ihn oft genug betrachtet, noch häufiger, seit er die digitalen Aufnahmen von Jongdae's Bildern hatte. „Ich erinnere mich", Kyungsoo musste sich räuspern. „Ist Jongdae da?"
‚Hyung ist gerade unter der Dusche. Soll ich ihm etwas ausrichten?'
„Es geht um sein Debut und eine Galerie, die in Frage käme."
‚Er hat mir was in die Richtung erzählt', berichtete Jongin glücklich, worauf sich Kyungsoo für einen Moment verloren fühlte. ‚Sind Sie noch da?'
„Ja, klar, ich bin noch dran. Mh, wir haben auf jeden Fall eine geeignete Galerie gefunden, ich will jedoch sichergehen, dass er und wir da einer Meinung sind."
‚Er kann bestimmt zurückrufen, wenn er aus dem Bad kommt', lachte Jongin. ‚Ich bin euch da wirklich keine große Hilfe.'
„Schon in Ordnung. Danke."
‚Gern, bis dann Kyungsoo-sshi.'
Kyungsoo legte auf, neugierig was es mit diesem Kim Jongin auf sich hatte.
Nur einen Moment darauf, vibrierte sein Handy in seiner Hand. Eine SMS. Er hatte erwartet Jongdae hätte sich schon gemeldet, doch stattdessen erschien der Name seines älteren Bruders auf dem Bildschirm. Seungsoo.

‚Kommst du für Chae-Rin's Baek-il nachhause?'

Chae-Rin. Kyungsoo hatte ganz vergessen zu fragen, wie sein Neugeborenes hieß. Er seufzte leise und legte sein Telefon aus der Hand.
„Alles klar Kyungsoo? Du siehst aus als hätte dich ein Zug überfahren."
Baekhyun setzte seinen Hintern auf Kyungsoos ordentlichen Schreibtisch ab. In der Hand eine Tüte mit getrockneten Tintenfischstreifen „Pass auf, dass ich dich nicht gleich vor einen Zug werfe", murmelte Kyungsoo in sich hinein. Er mochte den Geruch, der aus der Tüte kam überhaupt nicht und das wusste Baekhyun.
Er steckte sich erneut einen Tintenfischstreifen zwischen die Zähne. „Man darf ja wohl fragen."
„Du hättest mich auch per SMS fragen können. Du riechst wirklich fischig Baekhyun, wie kannst du das essen?"
„Übung und Ausdauer."
„Das ist kein Leistungssport."
Baekhyun grinste ihn bloß an. „Sunny hat mich wegen Jongdae ausgefragt."
„Und?"
„Sie ist gespannt ihn eines Tages kennenzulernen. Sie bekommt von ihren Künstlerfreunden schon viel zu hören, nur weil die beiden in derselben Agentur sind."
„Jongdae ist großartig, der ganze Aufruhr um seine Person ist ihm nur gerecht." Kyungsoo hielt sich nun demonstrativ eine Hand vor Mund und Nase.
„Das habe ich gesehen. Wann ist sein Debut?"
„Es gibt noch kein festes Datum, ich muss alles erst noch mit ‚Implicit Galerie' absprechen."
Baekhyun sah ihn mit offenem Mund an. „Du hast ‚Implicit' bekommen?"
„Baekhyun ich werde gleich ohnmächtig, wenn du nicht..."
„Lenk nicht ab - du hast echt ‚Implicit' dazu bekommen Jongdae's Debut zu unterstützen?"
„Ja."
„Wow", Baekhyun sah ehrlich erstaunt aus. „Langsam verstehe ich, warum Junmyeon den Job dir und nicht mir gegeben hat."
„Baekhyun wirklich..."
„Ist gut." Zeitgleich klingelte Kyungsoos Telefon. Jongdae, erschien auf dem Bildschirm geschrieben. „Ich gehe zurück an die Arbeit."
„Schmeiß das Zeug aus dem Fenster!", rief Kyungsoo ihm hinterher. „Oder springt zusammen heraus", murmelte er leiser, bevor er tief einatmete und Jongdae's Anruf annahm.



Jongdae hatte Kyungsoo um Einzelheiten über die Vertragsbedingungen von ‚Implicit Galerie' gebeten, vor allem wie sein Debut überhaupt ablaufen würde und wie viele Bilder er auszustellen hatte. Kyungsoo hatte leider selbst noch nicht sehr viele Informationen, doch er hatte schon mehrere Künstler-Debutanten erlebt – Yixing nur einer davon. Er würde Jongdae zumindest das erzählen können. Sein Termin mit ‚Implicit Galerie' am Dienstag würde dann weitere Details zu Tage bringen.
Kyungsoo kam gut mit dem Bus zu Jongdae. Die Bushaltestelle befand sich direkt vor der Schule, die Kyungsoo schon bei seinem ersten Besuch aufgefallen war. Von dort aus, waren es nur noch fünf Minuten zu Fuß bis zu Jongdae.
Er wurde auf ein Neues nicht von Jongdae, sondern von Jongin gegrüßt. „Hi." Jetzt da Kyungsoo so direkt vor Jongin stand, fiel ihm erst auf, dass der andere fast einen Kopf größer war als er selbst. Wieso Kyungsoo in der Mittelstufe plötzlich aufgehört hatte zu wachsen, konnte er sich bis heute nicht erklären.
„Hallo, ist Jongdae da?", fragte Kyungsoo ein wenig verunsichert. Jongins Haare waren zerzaust, als wäre er gerade erst aus dem Bett gekommen. Es war zwei Uhr mittags.
„Hyung ist gerade einkaufen gegangen, er dachte er schafft es bevor Sie kommen. Er hat mich gebeten Sie schon einmal reinzulassen."
„Du."
Jongin hielt inne, schon halb am davongehen. „Was?"
„Wir können die Formalitäten weglassen – wenn das in Ordnung ist."
„Okay", Jongin schenkte ihm ein Lächeln bei dem seine Augen zu schönen Halbmonden wurden. „Dann Kyungsoo-hyung."
Kyungsoo war überrascht, dass er so einfach davon ausging, er sei älter als Jongin. Vielleicht hatte er Jongdae gefragt.
Kyungsoo folgte Jongin ins Wohnzimmer, wo eine Lavendelfarbige Decke unordentlich über die Couch drapiert war, ein Teil des Stoffs hing auf den Boden hinunter. Das und die zerzausten Haare, gaben Kyungsoo letztlich doch genug Anlass zu fragen: „Habe ich dich geweckt?"
„Vielleicht", antwortete er mit einem amüsierten Unterton. Jongin schob ein paar Kissen zur Seite, so dass Kyungsoo sich setzten konnte. „Willst du etwas trinken? Jongdae sollte alles da haben." Er verzog das Gesicht. „Außer Erdbeermilch, die ist gerade aus gegangen."
Kyungsoo musste unweigerlich lächeln. „Mach dir keine Mühe, ich brauche nichts."
Jongin stand kurz unsicher an Ort und Stelle, dann ließ er sich neben Kyungsoo auf das Sofa nieder. „Du bist Kunsthändler Kyungsoo-hyung...wie kommt man auf diesen Beruf?"
„Ein Freund von mir", begann Kyungsoo langsam. „Hatte schon immer großes Talent im Malen. Um ihn zu unterstützen, habe ich mich dazu entschieden Kunstgeschichte zu studieren...Es war die richtige Entscheidung."
„Jongdae hat mir erzählt das du ziemlich gut bist. Du hast anscheinend einen Ruf in der Kunstszene?"
„Das hat er gesagt?", fragte Kyungsoo belustigt.
Jongin nickte ernst. „Jongdae war sich nicht sicher bei welcher Agentur er anfangen sollte. Er hatte viel von ‚Fine Arts' gehört, deshalb hat er sich für euch entschieden."
„Du bist ziemlich gut informiert."
„Wenn Jongdae nicht malt, dann redet er meistens", Kyungsoo konnte sich gut vorstellen, dass Jongin gar nicht bemerkte wie sanft sein Lächeln wurde, während er über Jongdae sprach. „Er ist aufgeregt, seit ich sein Bild an Kim Minseok geschickt habe."
„Das bist du gewesen?", hakte Kyungsoo überrascht nach.
„Jongdae hätte es nie von sich aus getan."
„Interessierst du dich für Kunst oder wieso ist dir Kim Minseok ein Begriff?"
Jongin zuckte die Achseln „Jongdae hat manchmal von ihm erzählt, oder seine Artikel gelesen. Es war nicht schwer seine E-Mail-Adresse ausfindig zu machen. Deutlich schwerer war es, ein Bild von Jongdae's Gemälde zu machen, ohne dass er davon Wind bekam."
Kyungsoo musste an Junmyeons Frage, bei ihrem letzten Besuch denken. „Wieso gerade dieses Bild? Es hätte auch jedes andere sein können."
Jongin sah ihm direkt in die Augen, als würde er nach etwas suchen. „Ich habe vertrauen in jedes seiner Bilder. Daher war mir egal, welches ich abschicken würde."
„Du hast damit einen ziemlich großen Stein ins Rollen gebracht."
„Das kann man wohl sagen", Jongin blickte verlegen zu Seite. „Ich war mir nicht sicher, wie er reagieren würde, doch nachdem Kim Minseok ihn so gelobt hatte, hatte ich keine Zweifel mehr das Richtige getan zu haben."
„Ich denke wir alle sind dir ein bisschen dankbar dafür."
Jongin lachte und seine Stimme füllte jede Ecke des Raumes aus. „Es hätte auch anders kommen können. Er hätte wütend werden und mich rauswerfen können."
„Lebt ihr denn zusammen?" Die Frage war Kyungsoo nur so herausgerutscht, aber etwas, dass ihn schon beim letzten Mal verwundert hatte.
„Nein. Nicht wirklich zumindest. Ich habe den Zweitschlüssel seiner Wohnung und ich komme meistens wann ich möchte, aber ich bin noch nicht vollends eingezogen." Jongin zuckte die Achseln. „Das würden meine Eltern nicht so leicht durchgehen lassen."
Kyungsoo wunderte sich wie er das gemeint hatte, als ein Schlüssel in die Haustüre geschoben wurde.
„Das muss Jongdae sein." Gleichzeitig rief Jongdae nach Jongins Namen, vom Flur aus. „Ja", Jongin erhob sich. „Definitiv Jongdae."
„Hilf mir mit den Tüten", hörte Kyungsoo Jongdae zu Jongin sagen. Er stand ebenfalls auf.
„Hyung - Kyungsoo-hyung von ‚Fine Arts' ist hier."
„Schon? Es ist doch noch gar nicht zwei."
„Hyung, es ist schon deutlich nach zwei."
Jongdae fluchte, biss sich jedoch schnell auf die Unterlippe, als er Kyungsoo im Türrahmen erkannte. „Kyungsoo, entschuldige die Verspätung ich musste noch einkaufen gehen."
„Erdbeermilch?", fragte Kyungsoo mit verschränkten Armen vor der Brust und Jongin prustete los.
„Unter anderem, ja."
„Überhaupt nicht schlimm, ich bin froh in letzter Zeit mal aus dem Büro zu kommen. Kann ich euch behilflich sein?"
„Nein schon in Ordnung." Jetzt da Jongin ihm seine Einkaufstüte abgenommen hatte, versuchte Jongdae wieder zu Atem zu kommen. „Wollen wir uns in die Küche setzten? Dort können wir reden."
Die Küche hatte Kyungsoo beim letzten Mal nicht gesehen. Sie war groß und sauber mit viel Platz zwischen Kücheninsel und Esstisch. Kyungsoo konnte sich fast vorstellen, dass Jongdae nicht wirklich oft kochte. Sie war wirklich viel zu sauber.
Jongdae brühte Kaffee auf, während Jongin alle Lebensmittel verstaute. Kyungsoo behielt Recht. Die Tüten offenbarten vor allem Tiefkühlware und Snacks. Und Erdbeermilch.
„Du hast letztens am Telefon erzählt, dass sich eine Galerie für mein Debut interessiert?"
„Nicht ganz - danke", Kyungsoo nahm Jongdae eine Tasse ab. Mit der anderen ließ Jongdae sich ihm gegenüber nieder.
„Was meinst du? Also doch nicht?"
„Nein im Gegenteil, es waren so einige Galerien die sich für dich interessiert haben. Darunter eine, die ich dir sehr ans Herz legen würde. Hast du schon von ‚Implicit Galerie' gehört?"
Jongdae starrte ihn lange an. „Ist das dein ernst?"
Kyungsoo nickte. Zufrieden, dass Jongdae offensichtlich Ahnung hatte.
„Was ist das Problem?", meldete sich Jongin, der sich an die Küchenplatte gelehnt hatte, um ihnen zuzuhören. Eine Packung Erdbeermilch in der Hand.
„Das ist kein Problem", brachte Jongdae ein wenig überwältigt hervor. „Ich dachte ‚Implicit' unterstütz keine neuen Künstler."
„Das tun sie normalerweise auch nicht."
„Wow." Jongdae schüttelte den Kopf und nahm einen vorsichtigen Schluck von seinem Kaffee. „Dann machen sie eine Ausnahme?"
„So könntest du es nennen."
„Und wie wird das ablaufen?"
„Da wir von ‚Implicit' sprechen, werden wir wahrscheinlich viele Forderungen zu hören bekommen. Mein Plan ist, so viel wie möglich zu unserem Vorteil zu gestalten. ‚Implicit' wird versuchen dich als Marketing-Kampagne zu benutzen, um selbst in einem besseren Licht dazustehen. Wir werden versuchen es genau andersherum hinzukriegen." Kyungsoo zuckte die Achseln. „Aber letzten Endes wird es immer um den Künstler gehen, daher mache ich mir darum keine allzu großen Sorgen."
„Okay."
„Ich habe am Dienstag ein Gespräch mit dem Direktor von ‚Implicit'. Ich wollte zuerst bei dir vorbeischauen, um deine Meinung darüber zu hören. Wenn du von Anfang an gegen ‚Implicit' bist, dann hat das natürlich keine Zukunft."
„Nein, ich denke niemand würde ein Angebot von ‚Implicit' ausschlagen", bemerkte Jongdae belustigt.
„Ich hatte gehofft du würdest das sagen. Nach meinen Erfahrungen wird dir ein Raum zur Verfügung gestellt. Das sind sechzehn Bilder, die du ausstellen Könntest. Ob sich an der Anzahl etwas verändert, werde ich erst am Dienstag erfahren."
„Ist gut."
„Nicht alle deine Bilder sind gerahmt. Darum müssen wir uns noch kümmern, außerdem um Beschriftungsschilder und ein kurzes Resümee über dich als Künstler."
Jongdae nickte wieder. „Was ist mit einem Datum?"
„Soweit werden wir am Dienstag noch nicht kommen. Der Direktor wird erst darum bitten, dich kennenzulernen und dann werden wir gemeinsam über Tag und Zeit sprechen. Noch etwas-" Kyungsoo brach ab als sein Telefon in der Hosentasche klingelte. „Entschuldigung", murmelte er. „Ich habe vergessen es auf lautlos zu stellen."
Luhan, erschien auf seinem Bildschirm. „Würde es euch stören wenn ich schnell..." Die anderen schüttelten den Kopf, noch bevor er seinen Satz beendet hatte. Er nahm den Anruf an.
„Soo? Kyungsoo?"
„Luhan was gibt's, ich bin gerade-"
Er wurde unterbrochen von einem Schwall chinesischer Schimpfwörter. Überrascht hielt er sich das Handy ein Stückweit vom Ohr.
„Ganz langsam, ich verstehe kein Wort. Was ist passiert?" Luhan war zu aufgedreht, um einen ordentlichen Satz herauszubekommen. Kyungsoo konnte nur einzelne Dinge heraushören. „Was ist mit dem Direktor?"
„Das Schwein hat mich bloßgestellt!", schrie er. „Vor versammelter Crew!"
„Was hat er gesagt? Vielleicht hat er es nicht so gemeint?"
Luhan sog scharf Luft in seine Lungen ein, doch selbst das beruhigte ihn nicht. „Der miese Dreckskerl hat gesagt, ich wäre nur bekannt für mein Aussehen geworden – und in Korea hätte ich ohnehin nur gelernt wie man sich schminkt und verkleidet."
Kyungsoo erinnerte sich daran, dass Jongin und Jongdae noch immer im selben Raum waren und entschuldigte sich schnell ins Wohnzimmer. „Du weißt, dass das nicht stimmt, nimm es dir nicht zu Herzen."
„Mir ist egal, was die Leute hinter meinem Rücken über mich sagen, aber wie konnte er mir einfach ins Gesicht lachen und mir das an den Kopf werfen?"
„Luhan, beruhig dich."
„Wieso sollte ich, Soo?! Dieses Schwein hätte es verdient, wenn ich ihm an Ort und Stelle ins Gesicht geschlagen hätte."
„Das hast du doch nicht getan, oder?", fragte Kyungsoo mit Sorge in der Stimme.
„Nein", murmelte er. „Yifan hat mich zurückgehalten, meinte nur er sei es nicht wert. Direktoren heutzutage bilden sich viel zu viel in sich ein, wenn sie im Ausland studiert haben."
„Du hast auch im Ausland studiert", erinnerte Kyungsoo.
„Aber in Südkorea, nicht in den Staaten. Versteh mich nicht falsch, ich liebe Südkorea, aber hier nimmt dich keiner für voll, wenn du nicht in Amerika studiert hast."
„Dann erkennen sie dein Talent nicht und sind es nicht wert."
Luhan stockte, Kyungsoo hatte ihn endlich zum Schweigen gebracht. „Sorry Soo, das ich deswegen anrufe, mir sind die Nerven gerade ein wenig durchgegangen."
„Schon in Ordnung, du weißt ich höre dir immer zu."
„Ich weiß." Beide schwiegen für einen Moment, so viele ungesagte Worte zwischen ihnen. „Ich vermisse dich. Und Yixing natürlich auch."
„Dann komm bald hierher, um deinen Film zu drehen."
Luhan lachte. „Die Dreharbeiten beginnen in kürze. Ich bin wahrscheinlich da, noch bevor der Sommer vorbei ist."
„Das ist gut", es fiel Kyungsoo plötzlich schwerer hinunter zu schlucken.
„Kyungsoo...wenn ich wieder da bin, müssen wir beide über etwas reden, in Ordnung?"
Kyungsoo hörte sein Herz in der Brust schlagen. „Ist okay."
„Gut, ich muss dann mal, ich habe mich im Badezimmer vor Yifan eingesperrt. Ich sollte mich entschuldigen gehen."
„Tu das. Und liebe Grüße an Yifan."
„Richte ich aus."
„Bis bald."
Luhan legte auf und ließ Kyungsoo mit einer kalten Leere in der Brust zurück, die er nur allzu gut kannte.
Jongdae und Jongin hatten sich derweil an einer Tüte Schrimpchips vergriffen und schaufelten den scharfen Snack in sich hinein. „Alles in Ordnung?"
Kyungsoo nickte und versuchte sich an einem Lächeln. „Nur ein guter Freund von mir, der sich ein wenig aussprechen wollte, tut mir Leid für die Störung."
„Nicht tragisch, Freunde gehen vor", versicherte Jongdae. „Möchtest du auch ein paar Schrimpchips?" Kyungsoo lehnte dankend ab. Er aß wirklich gerne Fisch, aber er konnte Snacks mit Meeresfrucht Geschmack partout nicht leiden – der Geruch war ihm deutlich zu intensiv. Er hatte Glück, dass Schrimpchips mehr nach scharfen Gewürzen rochen, als nach Fisch. Was kein Grund für ihn war, das Zeug in den Mund zu nehmen.
„Worüber hatten wir gerade gesprochen?"
„Der Direktor will Jongdae erst kennenlernen, bevor ihr Tag und Zeit für sein Debut ausmachen könnt", berichtete Jongin mit Chilipulver auf der Unterlippe.
Kyungsoo war ein wenig erstaunt über Jongins Aufmerksamkeit, er hatte über ihr Gespräch hinweg keinen wirklich interessierten Eindruck gemacht. „Ja genau, danke. Am besten du zeigst mir deinen Terminkalender, damit ich ungefähr abschätzen kann, wann du Zeit hast, damit wir uns mal zu dritt hinsetzen können." Kyungsoo sah kurz zu Jongin. „Oder zu viert? Du meintest ihr arbeitet zusammen..."
Jongdae lächelte verschmitzt. „Ich bezahle Jongin für die Stunden in denen er mir Modellsitzt, das meinte ich mit Zusammenarbeiten."
„Verstehe", Kyungsoo hatte beinahe angenommen, das Jongin eventuell ebenfalls malte.
„Er schenkt mir für einen kurzen Augenblick seine Seele." Jongdae hatte so leise gesprochen, das Kyungsoo es fast nicht erfasst hätte. Sein Blick glitt kurz ins Leere und Kyungsoo überzog eine feine Gänsehaut. Jongin hatte ihn nicht gehört und kaute sorglos auf seinen Chips herum.

Blüten so kalt wie SchneeWhere stories live. Discover now