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Zwischen Amsterdam, Berlin und Riga wurden Kyungsoos und Jongins Anrufe seltener. Jongins Prüfungsvorbereitungen nahmen seine gesamte Zeit ein und Kyungsoo wollte ihm nicht das bisschen Schlaf rauben, indem er ihn schon so früh am Morgen weckte, oder zu lange aufhalten, wenn er ihn am Morgen anrief.

Außerdem wurde auch Kyungsoo beschäftigt. In Berlin trafen sich Yixing und Kyungsoo auf der ‚Museumsinsel' mit einem begeisterten Kunstsammler, mit dem sie zunächst die Museen der Nähe abklapperten, bevor sie gemeinsam zu Abend aßen.

Bereits in seiner Email hatte Herr Rahmenmacher sein Interesse an Yixing Gemälden geäußert aber beide waren ein wenig aus dem Konzept gebracht, als der Mann ihnen auf Englisch verständlich machte, wie groß sein Interesse an Yixing tatsächlich war.

„Sie wollen eine neue Galerie eröffnen und dafür Herrn Zhangs Gemälde benutzen?", wiederholte Kyungsoo weil sein deutscher Akzent doch sehr stark war und Kyungsoo sichergehen wollte dass seine Wunschgedanken seine Stimme nicht übertönt hatten.

„So ist es", versicherte der Mann mit seinen strengen Gesichtszügen aber erstaunlich warmen, braunen Augen. „Die Geschichte unseres Landes ist grässlich und unsere Kunst ist von dieser Grässlichkeit geprägt. Unsere Kunst begegnet unserer Geschichte mit grotesken, farbenfrohen und kritischen Motiven. Graffiti und skurrile Skulpturen machen ihren Charme aus. Ich denke Herrn Zhangs Kunst passt gut in unsere verrückte Stadt."

Kyungsoo übersetzte Yixing was Herr Rahmenmacher ihm auf Englisch mitgeteilt hatte. „Wie soll diese Galerie aufgebaut sein?", fragte er dann.

„Nun es ist ein Projekt. Ich suche Künstler, die in unsere Stadt passen, die aber nicht aus Deutschland kommen. Sie sollen Berlin aus ihrer Perspektive neu erzählen, aus einem anderen Blickwinkel verstehen Sie? Ein Zeichen an die Bevölkerung, die, in unserer Vergangenheit, viel zu oft nur nach innen gesehen hat. Wir brauchen Eindrücke von außen, Eindrücke von uns selbst durch fremde Augen. Reflektionen. Ich will dass wir die Schönheit und Hässlichkeit von Berlin - von uns - neu erleben."

Kyungsoo war ein wenig Sprachlos. War dieser Mann genial oder wahninnig? Kyungsoo übersetzte wieder und Yixings Augen strahlten mit jedem weiteren Wort heller auf. „Sag ihm, dass ich es tun werde", erklärte Yixing sogleich.

„Bist du dir sicher?", fragte Kyungsoo und versuchte seinen Ton neutral zu halten um Herrn Rahmenmacher keine falschen Eindrücke zu liefern.

„Seine Idee ist großartig!"

„Wir wissen nicht, ob er dich überhaupt bezahlen kann. Außerdem was geschieht, wenn das Projekt scheitert? Mietkosten in Berlin sind bestimmt nicht ohne und wenn sein Startkapital zu gering ist, dann-"

„Kyungsoo ich will es tun." Yixing ergriff unter dem Tisch seine Hand und drückte sie. „Es klingt nach einem Projekt mit Bedeutung und ich will an ihm teilhaben. Unabhängig davon ob er mich bezahlen kann."

Kyungsoo musste sich ein Seufzen verkneifen. Yixing war wirklich begeistert, dass bedeutete Kyungsoo könnte zwar mit allen Mitteln versuchen es ihm auszureden, aber er würde es nicht tun, weil es Yixing unglücklich machen würde. Verflucht auch. Eigentlich bräuchte Yixing einen Kunstagenten, der weniger von ihm eingenommen war als Kyungsoo. Es würde ihn eines Tages noch in Insolvenz treiben...

Herr Rahmenmacher hatte geduldig zugehört, als sich Kyungsoo mit einem entschuldigenden Lächeln wieder zu ihm umwandte. „Wie viele andere Künstler nehmen an diesem Projekt teil?"

„Sie sind die ersten, die ich Frage."

Kyungsoo hatte Mühe nicht das Gesicht zu verziehen. „An wie viele haben Sie gedacht?"

Blüten so kalt wie SchneeWhere stories live. Discover now