Kapitel 02

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Percy

»Percy? Algenhirn?«, erklang eine liebliche Stimme in meiner Nähe. Aber irgendwie klang sie traurig und verzweifelt. »Tu mir das nicht an, Percy! Hast du mich verstanden? Du darfst mich nicht verlassen. Bitte, Algenhirn! Ich brauche dich.« Annabeths Stimme versagte.

Ich wollte meine Augen öffnen, über ihr Gesicht streicheln und ihr sagen: ›Hey, Neunmalklug, mir geht es gut.‹ Doch ich brachte kein Wort heraus. Ich war wie gelähmt, kein Muskel regte sich.

Neben mir spürte ich Bewegung, jemand war an mich herangetreten.

»Er ist nicht tot, Annabeth«, sagte Chiron.

»Aber ich finde keinen Puls! Und atmen tut er auch nicht!« Sie schluchzte, was mir im Herzen wehtat.

Eine süße Flüssigkeit benetzte meine Lippen, den Geschmack kannte ich gut: Nektar. Das Getränk der Götter. Fast im selben Augenblick spürte ich, wie Leben zurück in meine Glieder schoss. Ich schaffte es, meine Finger zu bewegen und schließlich Annabeths Hand in meine zu nehmen.

»Percy, kannst du mich hören?«, fragte sie sanft.

Ich öffnete die Augen und schaute direkt in ihre sturmgrauen Augen. Ihr Gesicht hing tief genug über mir, ich müsste nur meinen Kopf etwas anheben, um sie zu küssen, aber dieser fühlte sich noch schwer an. Die langen, blonden Haare kitzelten sanft über meine Wange. Ich räusperte mich und versuchte, mich aufzurichten. Jedoch schaffte ich es nur mit Annabeths Hilfe.

Plötzlich schlug sie mich und sofort fing mein Oberarm an zu brennen.

»Aua!«, beschwerte ich mich und schaute sie vorwurfsvoll an. Hatte ich an diesem Tag nicht schon genug durchgemacht? Jetzt wurde ich auch noch von meiner Freundin verprügelt.

»Tu! Mir! Das! Nie! Wieder! An!« Dies sagte sie mit voller Stärke und besonders viel Nachdruck.

Als Antwort beugte ich mich langsam zu ihr und gab ihr einen liebevollen Kuss. Dies ließ sie als Entschuldigung durchgehen, denn kurz darauf lächelte sie mich schon wieder an.

Chiron war weiter gegangen und verteilte Nektar und Ambrosia an die verwundeten Halbblute. Nicht nur ich war bewusstlos gewesen, noch anderen war es so ergangen wie mir. Sogar Clarisse war nach mehreren Treffern ohne Bewusstsein zu Boden gegangen, erzählte mir Annabeth.

»Wer waren diese Gestalten?« Ich murmelte die Worte mehr in mich hinein, versuchte alles zu erörtern und mir die Frage selbst zu beantworten. Doch Annabeth konnte nicht anders als mir zu antworten.

»Genau weiß ich es auch nicht. Aber eines ist klar: Es waren weder Monster, noch hatten sie Göttliches in sich. Sie müssen Sterbliche sein, nur mit Kräften. Denn unsere Waffen konnten sie nicht verletzen.«

»Aber wir konnten sie mit den Waffen berühren. Wären es ganz normale Sterbliche, dann wäre Springflut durch den Körper des Mannes gefahren, ohne dass er etwas spürt.«

Annabeth gab mir recht. Was selten vorkam, denn meistens hatte sie die Dinge schon viel schneller geschlussfolgert als ich.

Sie half mir auf die Füße, sie hielt es für das Beste, wenn ich erst einmal in meiner Hütte etwas ausruhte. Und auch hier behielt sie recht. Ich war immer noch nicht ganz bei Kräften und noch sehr wackelig auf den Beinen.

Der Ruf eines Horns ertönte und Chirons Stimme erhob sich über das ganze Camp Half-Blood. »Heroen, versammelt euch beim Haupthaus!«

›Das war es wohl mit Ausruhen‹, dachte ich. Mit Heroen waren Annabeth und ich ebenfalls gemeint. Schließlich waren wir Hüttenälteste. Irgendwie war es mir klar gewesen, dass der Rat der Heroen noch an diesem Tag zusammentreten würde. Wir hatten es nun mit einem unbekannten Feind zu tun.

Zusammen liefen wir zu dem hellblauen Haupthaus in der Nähe vom Half-Blood Hill. Das Haus hatte den Kampf ebenfalls nicht unbeschadet überlebt, an einer Seite fehlte ein großes Stück Wand. Auf dem Platz davor hatten sich schon ein paar Heroen versammelt. Doch ein paar würden fehlen. Jason Grace, Piper McLean und Nico di Angelo befanden sich momentan im Camp Jupiter. Jason gab seinen Abschied aus der Legion, schließlich hatte er schon mehr als zehn Jahre gedient. Im Gegensatz zu mir, ich hatte erst einen Strich unter dem S.P.Q.R.-Tattoo und war somit gerade mal ein Anfänger in der Legion. Piper hatte ihn zur Unterstützung begleitet und Nico besuchte seine Schwester Hazel. Und dann fehlte auch noch Leo Valdez. Seitdem wir vor einem Monat gegen Gaia gekämpft hatten, wussten wir alle nichts über Leos Verbleib. Wir alle vermissten ihn sehr und glaubten alle, dass er noch am Leben war.

Chiron trat aus dem Haupthaus heraus und die Aufmerksamkeit von uns Heroen richtete sich auf ihn. Annabeth und ich stellten uns zu Will Solace, dem blonden Sohn des Apollo.

Ich schaute mich in der Runde um und bemerkte, dass noch nicht alle Hüttenältesten anwesend waren.

Chiron wollte gerade beginnen und ich wollte ihn aufhalten, als ein schwarzhaariges Mädchen zu uns gestolpert kam. Ihr Name war Jessica Willson, sie war dreizehn Jahre alt und lebte erst seit drei Wochen hier im Camp Half-Blood. Die Tochter der Hekate war völlig aus der Puste, sie keuchte und konnte kaum sprechen. »Sie... sie haben sie mitgenommen. Die Maskierten...«

»Wen haben die Eindringlinge mitgenommen?«, fragte Chiron sanft und ruhig.

»Meine Schwester«, hauchte Jessica. »Lou Ellen!«

Treffen der Helden (Percy Jackson/Harry Potter Crossover)Where stories live. Discover now