Kapitel 21

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Annabeth

»Wie hast du geschlafen?«, fragte Percy mich vorsichtig.

Obwohl wir bereits aus dem Getümmel der zum Frühstück eilenden Schüler in der Eingangshalle heraus waren, hielt Percy noch immer meine Hand. Leicht drückte ich diese bei der Erinnerung der letzten Nacht. Es war schrecklich gewesen. Albträume hatten mich aus dem Schlaf gerissen und ich war einfach nicht wieder zur Ruhe gekommen.

Ich hatte leicht geschrien, während ich schlief, denn als ich die Augen aufschlug, saß ein Mädchen mit dunklerer Haut und schwarzen Haaren auf meiner Bettkante. Ihre dunkelbraunen Augen hatten mich besorgt gemustert. Ich wusste, dass ihr Name Padma Patil war. Sie hatte sich am Abend gut um mich gekümmert und hatte mich durch die Ravenclaw-Räumlichkeiten geführt. Ich wusste nicht, ob es aus Freundlichkeit war oder weil sie ihre Aufgabe als Vertrauensschülerin pflichtbewusst nachkam. Jedenfalls musste ich ihr in der Nacht versichern, dass es mir gut ginge und sie sich keine Sorgen machen musste. Vielleicht wäre sie sonst nicht stillschweigend wieder in ihr Himmelbett gekrochen.

Plötzlich wurde ich nach hinten gezogen und ich fand mich an Percys Brust wieder. Er gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn und drückte mich fest an sich. Ohne ihm zu erzählen, was in der Nacht vorgefallen war, wusste er doch, wie es mir ging. Er wusste von meinen Träumen, die immer wiederkehrten. Die Arai, die auch seine Nächte heimsuchten. Dieses Mal war es aber etwas anders gewesen. Zwar war ich wieder blind gewesen und war durch die Dunkelheit geirrt, jedoch war ich nicht alleine gewesen. Ein Zischen hatte mich umgeben und ein Raunen schlich sich in mein Ohr. Ganz nah bei mir hatte ich jemanden gespürt. Stoff streifte meine Beine und die Luft um mich herum war immer kälter geworden. Ich hatte nach Hilfe gerufen, nach Percy, aber keiner hatte mir geantwortet. Eine dunkle, zischelnde Stimme flüsterte mir zu. »Du bist zu spät. Alle, die dir am Herzen liegen, sind tot. Du bist alleine!« In diesem Moment konnte ich nicht anderes mehr tun, außer zu schreien. Mir war es eiskalt den Rücken hinunter gelaufen.

Ich schmiegte mich mehr an meinen Freund und vergaß alles um mich herum. Mir war egal, dass wir mitten in einem Gang standen und einige Schüler mit hochgezogen Brauen an uns vorbei liefen. Percy war meine Welt. Ohne ihn hätte ich es niemals bis hierhin geschafft, geschweige denn den Tartarus verlassen.

In diesem Moment fing Percys Bauch an zu knurren und augenblicklich musste ich lächeln.

»Lass uns zu Nico gehen, Algenhirn«, forderte ich ihn auf.

Percy nickte nur und gemeinsam gingen wir in den Innenhof.

Nico saß in einer Ecke auf einer Steinbank. Einige Leckereien waren auf der Sitzfläche ausgebreitet, aber so, dass Percy und ich dort noch Platz fanden. Aus der Großen Halle hatte ich Brot, Rührei mit Bacon, Pfannkuchen und noch einige Süßigkeiten geholt.

Ohne lange zu zögern, setzte Percy sich neben Nico und fing an das Essen in sich zu schaufeln. Ich konnte bei dem Anblick nur mit dem Kopf schütteln und süffisant lächeln. Auch Nico langte genüsslich zu.

»Und, wie lief es bei dir so Nico?«, nuschelte Percy mit vollem Mund.

Nico reagierte mit einem einzigen »Mhm!«

»So gut also«, nahm es Percy zur Kenntnis.

Der Sohn des Hades schluckte das Essen herunter und sein Blick wanderte zur Seite. »Hab mir nicht gerade Freunde gemacht.«

»Ach, sag doch nicht so was«, entgegnete ich.

»Bin heute Morgen so einem komischen, blonden Jungen begegnet, der sich jedenfalls für etwas Besseres hält.«

»Solche gibt es doch auf jeder Schule!«, rief Percy.

»Da hat Percy ausnahmsweise mal recht.«

»Was soll das denn heißen, Annabeth? Ich habe doch immer recht!«

»Träum weiter, Algenhirn!«

Augenblicklich mussten wir alle losprusten und Nico bekam sich vor Lachen kaum noch ein, als ich mich spaßeshalber mit Percy weiter kabbelte. Es tat gut den Jungen lachen zu sehen, da er sonst immer in sich gekehrt war.

»Ich durfte mir gestern Abend noch einen Streit mit anhören«, erzählte Percy kurze Zeit später, als sich unser Essen in Luft aufgelöst hatte. »Irgendwas ist wohl vor den Ferien passiert. Und das hat irgendwas mit diesem Harry Potter zu tun.«

Ich setzte mich gerader hin und legte meine Finger nachdenklich an die Schläfe. »Von dem Schüler habe ich auch schon gehört. Als man mir das erste Mal seinen Namen genannt hat, hatte ich das Gefühl, man erwarte jetzt von mir, dass ich in Ehrfurcht zusammenzucke.«

»Das war bei mir auch so«, sagte mein Freund. »Aber wer ist der Kerl?«

»Eine aus meinem Haus hat mir erzählt, dass es letztes Jahr ein Turnier zwischen drei Schulen hier gab. Dieser Harry und ein anderer Namens Cedric sind für diese Schule angetreten. Bei der letzten Aufgabe in einem Irrgarten ist Harry wieder mit dem toten Cedric aufgetaucht.«

Still trat ein. Auch hier hatte es Tote gegeben. Für uns war das nichts Ungewöhnliches. Bei dem Kampf um Manhattan und gegen Gaia hatten wir gute Leute und Freunde verloren. Freunde wie Beckendorf und Leo.

»Ich hoffe, dass wir Lou Ellen bald finden. Ich will so schnell es geht wieder ins Camp zurück.« Nico schaute immer noch zu Boden und verschränkte seine Hände im Schoss.

»Glaub mir, das will ich auch«, sagte Percy. »Am Ende dieses Schuljahres sollen irgendwelche Prüfungen stattfinden, habe ich gehört. An denen will ich ganz sicher nicht teilnehmen.«

Ich kicherte leicht. Das war typisch Algenhirn. Er hasste die Schule und alles, was sie mit sich brachte. Aber ich war auch nicht so begeistert von den Prüfungen. Padma hatte mir erzählt, dass dort viel abverlangt werden würde. Ich war gerade erst hier angekommen und wusste kaum etwas über die magische Welt. Professor Dumbledore hatte uns einfach in den fünften Jahrgang gesteckt. Er hatte gemeint, wir würden mit dem Stoff schon irgendwie hinterherkommen. In der Zeit, in der wir schon hier waren, hatte ich einige Zeit in der Bibliothek verbracht. Meistens hatte ich Percy gegen seinen Willen mitgeschleift. Ich bezweifelte, dass ich bei den Prüfungen gut abschneiden würde, dennoch wollte ich sie irgendwie bestehen. Versagen, das ließ mein Stolz nicht zu.

Der Himmel verdunkelte sich und Wolken schoben sich vor die paar Strahlen der Sonne. Ein kalter Wind zog auf und ich schloss meinen Umhang mehr um meinen Körper.

»Wir sollten uns so langsam auf den Weg machen, die erste Stunde fängt gleich an«, merkte ich an.

Nico zog ein Blatt aus seiner Umhängetasche und warf einen Blick darauf. »Mhm, ich muss in die Kerker zurück. Ich habe eine Stunde Zaubertränke.«

»Ich habe Verwandlung bei Professor McGonagall.«

Percy schaute verwirrt zwischen Nico und mir hin und her. »Ähm... Woher wisst ihr das? Was habe ich?«

Nico hielt das Pergament hoch. »Durch den Stundenplan. Die Hauslehrer haben die in der Großen Halle verteilt.«

»Leute! Ich war doch gar nicht in der Großen Halle!« Percy sprang auf, warf sich seine Tasche um die Schulter und stürmte los. »Hoffentlich finde ich noch jemanden aus Gryffindor!«, rief er noch, bevor er durch die Tür zum Schloss verschwand.

Kopfschüttelnd schaute ich ihm hinterher und ging ebenfalls gemeinsam mit Nico zurück zur Eingangshalle. Ich war schon auf meinen ersten Unterrichtstag gespannt.

Treffen der Helden (Percy Jackson/Harry Potter Crossover)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt