Kapitel 19

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Nico

Der Gemeinschaftsraum schimmerte in einem grünen Licht. Er war nur spärlich durch die Fackeln an den Wänden beleuchtet. Auf den altertümlich wirkenden Möbeln saßen zahlreiche Schüler in ihren schwarzen Roben gekleidet. Ich drückte mich in einer Ecke herum, versteckt im Schatten, wo mich niemand bemerkte.

Ich hatte die Nacht nur sehr unruhig geschlafen. Träume von Bianca hatten mich immer wieder geweckt und das Schnarchen eines Jungen neben mir, hatte mich dann wach gehalten.

Ein Seufzen entkam mir und ich legte den Kopf in den Nacken. Ich betrachtete die Decke, in der Hoffnung, dass diese noch lange halten würde. Da der Gemeinschaftsraum von Slytherin unter dem See lag, war alles in einem Grün getaucht. Aber hier war alles in dieser Farbe. Polster, Kissen, Decken, Banner und noch ein paar andere Dinge. Ich schaute mir die silber-grüne Krawatte an und stopfte sie dann in die Strickjacke hinein, die ich trug. Mein Umhang lag über einer Stuhllehne und wartete darauf, dass ich ihn überwarf.

Laute Geräusche lenkten meine Aufmerksamkeit auf eine kleine Gruppe, die gerade aus Richtung der Schlafsäle kamen. Ein junge mit hellblonden Haaren führte sie an. An seiner Brust prangte ein silbernes Abzeichen. Keiner der anderen hier hatte so eines, bis auf das Mädchen neben ihm.

Ich hatte meinen Blick wohl zu lange auf ihn gerichtet, denn plötzlich kam er mit einem Grinsen auf mich zu. Die anderen folgten ihm. »Du bist wahrscheinlich der Austauschschüler aus Ilvermorny. Man hat mir von dir berichtet. Ich hoffe, dass du unserem Haus keine Schande bereitest«, sagte der Blonde.

Ich schnaubte. Er war ja mal richtig freundlich. »Ich werde mir Mühe geben.«

Ein heiseres Kichern kam von dem braun haarigen Mädchen. Sie starrte mich mit ihren braunen Augen an und musterte mich von oben bis unten. »Bist du ein Rein- oder Halbblut? Ich will ja nicht hoffen, dass du ein Schlammblut bist!«

Verwirrung. Ich verstand nicht so recht, was sie von mir wissen wollte. Was waren denn Rein- und Schlammblüter. Ich dachte nicht allzu lange darüber nach und antwortete mit Halbblut. Es war ja auch nicht gelogen, nur mussten sie ja nicht wissen, dass ich zur Hälfte von einem Gott abstammte.

Das Grüppchen war mir nicht sympathisch und ich bezweifelte, dass wir jemals Freunde wurden.

»Tu, was wir dir sagen und du wirst mit uns nie ein Problem haben. Ich scheue nicht davor, fiese Strafen zu verteilen.«

»Gut gesagt, Draco«, himmelte die Schülerin.

»Ach, und wenn du mal etwas nicht weißt, frag nicht uns!«, sagte Draco.

»Keine Sorge, ich werde mich um ihn kümmern.« Eine Schülerin mit dunklen Haaren trat auf uns zu. Sie lächelte nicht, doch ihre grauen Augen wirkten freundlich. Sie schien älter zu sein, als ich und auch als Draco.

Der Blonde verdrehte seine Augen und ging ohne ein weiteres Wort. Er verließ den Gemeinschaftsraum und die anderen aus der Gruppe, liefen ihm wie Entenküken hinterher.

»Danke«, sagte ich zu ihr.

»Nicht nötig. Obwohl er der Vertrauensschüler ist, weiß er nicht, wie man diese Aufgabe verantwortungsbewusst ausübt. Dabei ist er eigentlich nicht so. Doch vor seinen Freunden gibt er gerne mit seiner Macht an und sieht auf andere herab. Wenn er doch nur so sein könnte, wie ich ihn kennengelernt habe.«

»Du scheinst ihn zu mögen.«

»Ach, was! Nicht so richtig«, murmelte die Schülerin und schüttelte ihren Kopf. »Er hat mich letztes Jahr nur aus einer brenzlichen Situation befreit. Ich bin übrigens Evelyn Seaver. Und du?«

»Nico di Angelo!« Ich reichte ihr die Hand und ein leichtes Lächeln huschte über ihre Lippen. »Kannst du mir zeigen, wie ich wieder zurück zur Eingangshalle komme. Ich bin gestern nur den anderen hinterhergelaufen. Den Weg finde ich nie wieder alleine.«

»Natürlich. Ich wollte eh zum Frühstück in die Große Halle.«

Gemeinsam verließen wir den Raum. Ich schaute zurück und blickte auf die kahle Steinwand. Man ahnte nicht, dass sich dahinter noch Räumlichkeiten erstreckten.

»Ähm... und wie genau komme ich da jetzt wieder rein?«

»Mit einem Passwort. Dir hat man wirklich wenig Informationen gegeben, oder?«

Ich grinste und kratzte mich verlegen am Kopf. Ich hätte irgendwann wohl jemanden gefragt, doch ich war nicht gerade gut darin, mit anderen in Kontakt zu treten.

»Das aktuelle Passwort ist Schlangenhaut! Merk es dir gut, ansonsten musst du im Gang schlafen.«

Ich nickte. In diesem Moment bogen wir um eine Ecke und ich lief durch irgendetwas durch. Schlagartig wurde mir kalt und mir lief es eisig den Rücken hinunter. Eilig schaute ich mich um. Eine perlweiße Gestalt in einem blutbefleckten Umhang und mit Ketten um sich gewickelt, schwebte einige Zentimeter über dem Boden.

»Guten Morgen, Blutiger Baron!«, sagte Evelyn respektvoll.

Meine Augen verengten sich. Schon seit meinem ersten Tag hier lief ich immer wieder diesen Geistern über den Weg.

Der Blutige Baron, mit seiner hohen lockigen Perücke, drehte sich zu uns um. Er schreckte etwas zurück, als er mich sah. Ich war diese Reaktion schon gewöhnt. Alle anderen Geister hier im Schloss hatten Angst vor mir. Vielleicht wussten sie ja, dass ich der Sohn des Hades war. Oder sie spürten irgendetwas von meinem Vater in mir. Jedenfalls hatte mir bis jetzt noch niemand gesagt, warum sie Angst vor mir hatten. Aber so würden sie wenigstens einen weiten Bogen um mich herum machen, wenn ich jedem von ihnen begegnet war. Der Geist schaute mich schockiert an und verschwand dann schnell durch die Wand.

»Was war das denn?«, fragte mich Evelyn. Sie schien ziemlich verwirrt zu sein. Anscheinend war das nicht die normale Reaktion von diesem Geist gewesen.

»Ich glaube, die Geister mögen mich nicht«, scherzte ich.

Skeptisch schaute sie mich an. »Der Blutige Baron hat eigentlich vor niemanden Angst.«

Ich zuckte nur die Schulter und ging die Treppe hoch, die vor uns lag und zur Eingangshalle führte. Ich hatte noch keinen großen Hunger, also verabschiedete ich mich erst einmal von Evelyn und machte mich auf den Weg in den Innenhof. Ich brauchte jetzt etwas frische Luft, denn unten in den Kerkern war es leicht muffig.

Draußen reckte und streckte ich mich in alle Richtungen. Ich hoffte, dass die Nächte bald wieder ruhiger wurden und ich etwas mehr Schlaf bekam.

»Hey, Nico!«, hörte ich eine Stimme hinter mir. Ich wand mich um und sah Annabeth auf mich zukommen. Ich lächelte ihr zu. Endlich jemand, mit dem ich mich unbeschwert unterhalten konnte und den ich gut kannte.

»Ich habe dich gerade in der Halle gesehen und bin dir gefolgt«, sagte sie, als sie endlich vor mir stand. »Ich hatte da schon nach dir gerufen.«

»Oh, tut mir leid. Ich hab dich nicht gehört.«

»Kein Problem. Wie wäre es, wenn wir uns etwas aus der Großen Halle schnappen und hier draußen essen. Der Morgen ist so schön herrlich.«

Annabeth hatte recht. Ein laues Lüftchen wehte zwischen den Säulen hindurch, die den Innenhof flankierten. Die Sonne schaute zwischen den hohen Türmen hindurch und ließ den Hof erstrahlen. Ich fand die Idee gut. So konnte ich bei meinen Freunden sein und musste nicht zwischen lauter Fremden sitzen.

»Gut. Dann such du uns ein schönes Plätzchen und ich besorge unser Frühstück und suche Percy.« Freudestrahlend eilte Annabeth davon und ich suchte uns eine schöne Bank in einer Ecke. Hier würden wir uns in Ruhe unterhalten können, ohne dass neugierige Ohren mithörten.

Treffen der Helden (Percy Jackson/Harry Potter Crossover)Where stories live. Discover now