Kapitel 22

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Percy

Eilig lief ich zur Großen Halle, in der Hoffnung noch jemanden zu finden, der einen Stundenplan für mich hatte.

Ich schaute die langen Tische entlang und fand die Schüler von heute Morgen, Harry, Ron, Hermine und Neville. Ich ging zu ihnen. Da ich in ihrer Klasse war, konnten sie mir bestimmt weiterhelfen.

»Hey, Leute. Kann mir einer von euch sagen, wo ich meinen Stundenplan bekomme?«, fragte ich verlegen mit meiner Hand am Hinterkopf kratzend.

Das Mädchen hüstelte und hielt mir ein Blatt hin. »Professor McGonagall hat mir einen für dich mitgegeben, da du ja nicht hier warst!«

Ich bedankte mich bei ihr und warf einen Blick auf das Pergament. Anscheinend hatte ich in der ersten Stunde Geschichte der Zauberei. Schon jetzt wusste ich, dass ich in dem Fach hoffnungslos versagen würde.

»Äh, wo muss ich denn jetzt hin?«

»Am besten kommst du mit uns mit«, nuschelte der Rothaarige mit vollem Mund.

Kurze Zeit später erhoben wir uns vom Tisch und gingen aus der Großen Halle. Der Klassenraum für Geschichte der Zauberei befand sich im ersten Stock.

Ich setzte mich neben Hermine und kramte wie sie Pergament und Federkiel hervor. Es war komisch die zarte Feder in der Hand zu halten. Ich fand es altmodisch mit einer Feder zu schreiben, für mich gehörte das in eine andere Zeit. Wie gerne würde ich meinen Kugelschreiber aus der Innentasche meines Umhangs ziehen und damit schreiben. Aber so würde ich nur unnötig auffallen. Bei allem hier ging es schließlich um Diskretion. Nur unerkannt konnten wir unsere Mission erfüllen.

Erstaunt stellte ich fest, dass dieses Fach von einem Geist unterrichtet wurde. Ich musste innerlich etwas kichern. Nico würde sich darüber ganz und gar nicht freuen.

»Das ist Professor Binns«, flüsterte Hermine mir zu.

Der Geist schwebte einfach durch die Tafel in den Raum rein und hielt vor dem Pult an.

Ich vernahm ein leises Stöhnen von Harry und Ron und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie sich die beiden zurücklehnten und ihre Blicke zum Professor richteten. Hermine rollte bei dieser Geste mit den Augen.

Professor Binns fing an zu sprechen und augenblicklich wusste ich, warum die anderen nicht gerade euphorisch waren. Der Geist hatte eine pfeifende, leiernde Stimme. Und je länger er ohne Pause redete, desto monotoner wurde es. Er erzählte von Riesen-Kriegen, die in einer hinteren Ecke meines Gehirns Interesse weckte. Doch es war schwer für mich, dem Professor zu folgen. Mit jedem Moment wurde ich immer schläfriger. Einen ausgiebigen Gähner konnte ich mir nicht verkneifen. Sogleich erntete ich einen bösen Blick von Hermine und sofort tat es mir leid. Wenn Annabeth hier wäre, hätte sie auch so reagiert. In gewisser weiße schienen Annabeth und Hermine in manchen Sachen sehr ähnlich zu sein. Dabei kannte ich Hermine erst seit diesem Morgen. Aber irgendetwas war da in ihrer Art, die mich zu diesem Gedanken brachte. Sie machte sich fleißig Notizen und lauschte jedem Wort über die Riesen, die der Professor von sich gab. So wie es sich anhörte, gab es nicht mehr so viele Riesen und diese lebten im Verborgenen, in einem Gebirge, wo Menschen nicht hinkamen. Komischerweise dachte ich an die Giganten. An Alkyoneos und Polybotes, die ich beide besiegt hatte. Aber auch an manchen riesigen Zyklopen. Wie Polyphem, meinen Halbbruder. Er war auch riesengroß und sein Gemüt war alles andere als freundlich. Ich war nur froh, dass Tyson nicht so groß war – noch nicht – ansonsten würde er nicht mehr in unsere Hütte im Camp passen. Vielleicht waren die Riesen dieser Welt so ähnlich wie Zyklopen und Giganten. Wenn ich dem Professor doch nur besser zuhören könnte. Doch ich beobachtete lieber, wie Ron und Harry Galgenmännchen spielten. Neville, der in unserer Nähe saß, gab einen leichten Schnarcher von sich. Und noch ein paar andere Schüler schienen eingeschlafen zu sein.

Ich war froh, als die Stunde endlich vorbei war. Meine Augen hatte ich kaum noch aufhalten können und ich wollte nur ungern in aller Öffentlichkeit in die Welt der Träume geraten.

»Und was steht als Nächstes an?«, fragte ich Hermine, während wir unsere Sachen zusammen packten.

»Nach der Pause haben wir Zaubertränke in den Kerkern. Komm da ja nicht zu spät, Professor Snape ist sehr streng!«, erklärte sie.

Ich nickte ihr nur zu und überlegte unterdessen, was ich während der Pause machen sollte. Vermutlich würde die Zeit nicht reichen, um Annabeth oder Nico zu finden. Vielleicht sollte ich einfach bei den anderen bleiben und mich von ihnen einfach etwas herumführen lassen. Schließlich verlief ich mich alleine immer noch. Dabei würde ich meine Freundin jetzt nur allzu gerne sehen, um zu hören, wie sie die erste Unterrichtsstunde überstanden hatte.

Die anderen drei hatten bereits den Raum verlassen und auch der Professor war wieder durch die Tafel entschwebt. Ich fragte mich, ob er seine Schüler überhaupt wahrnahm. Schnell trottete ich hinter Harry, Ron und Hermine her und geriet in ein Gespräch, in dem Hermine die Jungs sich alleine überlassen wollte. Anscheinend durften sie in der Vergangenheit immer ihre Notizen abschreiben. Kein Wunder, dass sie das wollten. Schließlich war Hermine die Einzige, die auch mitarbeitete.

»Würde es dir was ausmachen, wenn ich mir deine Notizen ausleihen würde?«, fragte ich vorsichtig. Einen Versuch war es zwar wert, aber ich hoffte inständig, dass ich bis zu den Prüfungen nicht mehr hier war.

»Du solltest ebenfalls versuchen, dem Unterricht zu folgen!«, ermahnte sie mich. »Du hast dich auch schnell ablenken lassen, Percy!«

»Ja, ich weiß. Es war aber auch wirklich schwer, ihm zu folgen!«

»Meine Rede«, warf Ron ein.

Wir traten hinaus auf den Hof. Das Wetter hatte mittlerweile umgeschlagen und ein feiner Nieselregen schlug uns entgegen. Harry wurde von einer Schülerin aus Ravenclaw angesprochen und sofort machte ich mir Hoffnungen, dass auch Annabeth in der Nähe war. Ich trat einige Schritte von ihnen weg und schaute mich im Hof um, doch nirgendwo war meine Freundin zu sehen. ›Oh man, Annabeth, wo bist du gerade?‹ Es war komisch, am gleichen Ort zu sein, der aber so groß war, dass man sich nur selten über den Weg lief.

Eine Glocke ertönte und im selben Moment liefen Harry, Ron und Hermine an mir vorbei. Hermine und Ron stritten sich, während Harry teilnahmslos hinterher trottete.

»Was ist los?«, fragte ich ihn.

»Ach, nicht so wichtig!« Harry zuckte mit den Schultern. Etwas schien ihn zu beschäftigen. Doch ich bemerkte ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen. Möglicherweise hatte das Ravenclaw-Mädchen etwas damit zu tun. Ich kannte diesen Ausdruck. Auch ich hatte ihn in meiner Anfangszeit mit Annabeth oft gehabt. Zu einer Zeit, wo wir uns unsere Gefühle für einander noch nicht gestanden hatten. Harry war verliebt in das Mädchen. Ich hoffte für ihn, dass es eines Tages zwischen ihnen klappen würde.

Noch immer liefen Harry und ich den anderen beiden hinterher, die sich noch immer stritten. Wir folgten ihnen durch eine Tür und eine Treppe hinunter. Es wurde dunkler und die Gänge waren nur spärlich durch Fackeln beleuchtet. Das waren also die Kerker. Ich hoffte der Lehrer für Zaubertränke würde nicht so einschläfernd sein, wie Professor Binns.

Treffen der Helden (Percy Jackson/Harry Potter Crossover)Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz