Kapitel 08

1.3K 81 8
                                    

Percy

Wir gingen ein Stück in den Wald hinein und fanden eine Stelle, wo zwei umgestürzte Bäume uns einen Platz zum Sitzen gaben. Nico und Annabeth nahmen neben mir Platz und Grover blieb an einem Baum gelehnt stehen. Ich beobachtete die Göttin, wie sie zu dem anderen Stamm ging und sich dort setzte. Mit ihrem dunklen, ärmellosen Gewand, welches aus der Antike zu stammen schien, sah es so aus, als ob sie schweben würde. Ich musterte sie weiter und stellte fest, wie wenig Ähnlichkeit sie mit ihren Kindern hatte. Hekate hatte gold-blonde Haare, Lou Ellen oder die kleine Jessica Willson hatten im Gegensatz dunkle Haare. Auch konnte man die Göttin leicht mit einer Leiche verwechseln, so bleich war ihre Haut. Aber das würde ich ihr gegenüber natürlich nicht erwähnen. Das Letzte, was ich brauchte, war der Zorn einer Göttin.

»Nun, ihr wollt also wissen, wer diese Leute mit den Stöcken waren?«

Ich nickte eifrig und sah aus den Augenwinkel, dass es mir die anderen gleich taten.

»Also gut. Das alles hat vor sehr vielen Jahren seinen Anfang genommen. In der Alten Welt, zu der Zeit, als wir noch von den Menschen angebetet wurden. Es gab die Zeit, da wurde ich als Magna Mater verehrt. Ich war die große Mutter. Man brachte mir Opfer dar und wurde dennoch respektvoll gefürchtet. Mit den Jahrzehnten nahm die Verehrung jedoch ab. Eure Eltern jedoch ...«, Hekate deutete auf Annabeth und mich, »... erfreuten sich stetig wachsender Beliebtheit. Irgendwann kam es dazu, dass ich als Dämonin geächtet wurde. Dennoch gab es immer noch jene, die um meine Gunst beteten. Sie wollten von mir in der Magie unterwiesen werden, also machte ich sie zu meinen Schülern. Aber sie waren nur Menschen, sie waren nicht aus meinem Leibe oder des einer anderen Gottheit entsprungen. Keine Halbgötter, einfach nur Sterbliche, so wie Prometheus sie geschaffen hatte. Sie konnten den Nebel nicht so manipulieren, wie es meine Kinder können. Sie benötigten etwas, um den Nebel zu bändigen. Einen Katalysator.« Hekate erhob sich und entfernte sich einige Schritte von uns.

Ich wollte, dass sie weitererzählte. Die anderen schienen das auch zu wollen. Keiner machte einen Laut und schauten alle gespannt auf die Göttin. Wir waren zu begierig darauf, der Geschichte weiter zu folgen.

Uns den Rücken zugewandt, den Blick gen Himmel gerichtet, sprach die Göttin weiter. »Ich weiß nicht mehr, warum ich so weit ging. Mag es die Eifersucht gewesen sein, die ich den Gottheiten auf dem Olymp entgegenbrachte?! Das Einzige, was ich wollte, war, dass meine Anhänger Magie erlangten. Also schlich ich mich auf den Olymp und stahl Äste der dort wachsenden Bäume, Demeters ganzer Stolz als Erdgöttin. Die Äste brachte ich meinen Schülern und lehrte sie, mithilfe simpler Sprüche und den den Zweigen, Magie zu wirken. Sie entwickelten sich weiter, wurden stärker und eigneten sich mehr Wissen an. Ich hatte die Befürchtung, dass wenn die anderen Götter von ihnen erfuhren, sie meine Schüler vernichten würden. Also gab ich ihnen eine Art eigene Welt mit Zugang zu der menschlichen. Sie lernten, wie man sich im Verborgenen hält und bis heute wissen die anderen Gottheiten nichts von ihnen. Einen dichten Schleier habe ich mithilfe des Nebels um sie gelegt, damit niemand sie findet. Und so hätte es auch bleiben sollen. Die Halbgötter hätten nie auf die Hexen und Zauberer treffen dürfen.«

Wieder Stille. Der Bach rauschte und übertönte das Rascheln der Blätter.

Erstaunen erfüllte mich. Es war kaum zu glauben. Ich hatte schon so viel erlebt und gesehen und doch gab es noch eine ganze Welt voller Magie, die mir unbekannt war. Es war interessant zu hören, dass Hekate es geschafft hatte, etwas vor dem Olymp geheim zu halten. Und dies über Jahrhunderte hinweg. Ich zollte der Göttin meinen Respekt. Eines Tages würde ich sie fragen, wie ich es schaffte, etwas vor Zeus zu verbergen. Das könnte mir sehr nützlich sein.

»Welchen Grund hatten diese ... Zauberer uns anzugreifen? Wieso jetzt?« Annabeth sprach das Wort nur zögerlich aus. Zauberer. Wie absurd, dass es so etwas gab. Was dachte ich nur da? Im Grunde genommen gab es uns auch nicht. Uns dürfte das also nicht allzu verwundern. Wir waren Halbgötter. Kämpften gegen Furien, Mantikore, Bronzestiere und andere mythologische Monster.

»Ich weiß es nicht, Tochter der Athene. Sie dürften eigentlich nicht über eure Existenz Bescheid wissen, so wie ihr über sie. Für sie seid ihr nur Legenden und Mythen. Die wenigsten – vielleicht auch keiner – von ihnen wissen, dass ich ihr Ursprung bin. So wie alle Götter bei den normal Sterblichen in Vergessenheit gerieten, so nahm auch meine Bekanntheit bei den Zauberern ab. Nur zwei Mal ...« Die Göttin stockte. Ihre schwarzen Augen wurden trüb und leer. Als sie weiter sprach, zitterte ihre Stimme unaufhörlich. »Es ist meine Schuld. Ich bin schwach geworden, habe gegen die Regel verstoßen, die ich mir selbst auferlegt habe. Es sind meine Fehler!«

Treffen der Helden (Percy Jackson/Harry Potter Crossover)Where stories live. Discover now