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Ich befinde mich in einem, wie es scheint, sterilen kalten Raum mit einem in der Mitte stehenden Metalltisch und jeweils einem Stuhl auf beiden Seiten. Neben der Tür ist eine verspiegelte Glasscheibe und an der Decke hängen ein Lautsprecher und eine Kamera. Der Raum ist hell beleuchtet.

Ich fühle mich überhaupt nicht wohl und ich habe keine
Ahnung, was zur Hölle hier los ist.

Die Tür wird lautlos geöffnet, und der FBI-Typ kommt herein. Er hat sein Jackett und die Krawatte ausgezogen, die Ärmel hochgekrempelt und die ersten zwei Knöpfe aufgemacht.

Der ist heiß.

Ja, er sieht gut aus.

Ganz schön attraktiv, meinst du.

In seiner rechten Hand hält er eine Aktenmappe und mit seiner Linken zieht er den Stuhl zu sich. Er knallt die Mappe auf den Tisch und setzt sich mir gegenüber.

Ohne etwas zu sagen, blickt er mich mit seinen meerblauen Augen an. Mit seinen ›heißen‹ meerblauen Augen, wenn ich bitten
darf.

Autoritär öffnet er die Mappe und liest vor: »Macey Hope
Collins, 22 Jahre alt, IT-Absolventin der George Washington
University, Wohnhaft in D.C., IT-Analystin in der Firma Primes
Technology Enterprises.«

Sein Blick hebt sich von der Mappe, und er sieht mich erstaunt an. Was ist bloß los mit dem Typen?

Vielleicht ist er davon fasziniert, dass so jemand Dummes wie du überhaupt studieren konnte. Geschweige denn einen Bachelor hat.

Ach sei still.

Doch dann scheint er sich wieder zu fangen. »Also, dann
erzählen Sie mal, warum Sie sich nicht auf den Boden gelegt
haben.« Warum ich mich nicht auf den Boden gelegt habe? Was meint er damit?

In der Halle, Dummerchen. Als das FBI reingestürmt ist.

Ach das ...

»I-Ich war geschockt«, versuche ich, die Situation klar zu
stellen.

»Sie waren geschockt?«, er verzieht sein Gesicht.

Ach was, nein, es ist doch völlig normal, dass das FBI eine Hochzeitsparty stürmt. Ja, natürlich war sie geschockt, Mister wunderschöne Augen.

»Ja, ich war geschockt. Davon, was Jasper gesagt hat und dass ihr, mit euren ganzen Waffen, einfach die Party überfallen
habt, hat es nicht besser gemacht. Ich meine, Sie fuchteln mit Ihrer
Waffe herum und machen Leuten Angst. Darf man da nicht
überrascht und desorganisiert sein?«, gebe ich genervt von mir.

Mir reicht es, meine Wangen glühen, und ich bin wütend auf all das. »Was soll das alles eigentlich? Warum werde ich hier befragt?«

So wütend, wie du bist, könntest du glatt der Coach einer Kinder-fußballmannschaft sein.

»Sie haben nicht das Recht, zu erfahren, was hier geschieht ...« und bevor er weitersprechen kann, öffnet jemand die Tür. »Flamming will mit Ihnen reden«, informiert die Dame im
Hosenanzug und begibt sich wieder nach draußen. Der Typ steht auf, beäugt mich kurz und verschwindet aus dem Raum.

Ich habe nicht das Recht, es zu erfahren? Ist das sein Ernst? Das kann doch nicht wirklich sein Ernst sein, oder?

Doch, ich denke, es ist sein Ernst.

Sei still, ich muss mich konzentrieren.

Aber es ist so schön, mit dir zu plaudern.

Ich verdrehe mental die Augen. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als abzuwarten.

Also warte ich ...

Und warte.

Und warte.

Bis schließlich die Tür wieder aufgeht, und die Dame, die
vorhin den Typen rausgerufen hat, reinkommt. Sie geht um den Tisch, tätschelt mir die Schulter und sagt: »Alles in Ordnung, Sie dürfen gehen, Miss Collins. Wir haben keine Fragen mehr an Sie.« Sie begleitet mich aus dem kalten Verhörraum. Wofür habe ich jetzt die ganze Zeit gewartet? Vielleicht mussten sie irgendwas
checken und haben dabei rausgefunden, dass du zwar verrückt bist,
aber nicht diejenige, die sie gesucht haben.

Ich schließe die Augen, atme tief durch und sehe ihn etwas weiter weg im Flur stehen, als ich sie wieder öffne. Der FBI-Typ. Er redet mit einem Mann im Anzug.

Mal ernsthaft hat hier wirklich jeder einen Anzug an? Sogar die Frauen tragen Hosenanzüge.

Ich drehe mich schnell wieder der Dame zu, als ich bemerke,

dass er mich genervt ansieht. Sie berührt meinen Arm. »Ein Agent wird Sie nach Hause fahren, warten Sie hier«, weist sie mich an und lässt mich dann im Flur stehen.

Ich gehorche und bleibe an Ort und Stelle, denn ich habe keine Ahnung, wo genau wir hier sind. Während ich warte, sehe ich mich um. Der Flur ist irgendwie kahl, mit nichts außer einem Wasserspender dekoriert. Ich wende mich wieder dem Typen und dem anderen Mann zu, der viel älter zu sein scheint. Sie reden so leise, dass ich kein Wort verstehen kann. Versteht mich nicht falsch, ich will sie nicht belauschen oder so. Nur bin ich ein sehr wissbegieriger Mensch.

Wissbegierig? Ich würde eher sagen, dass du an kurioser Neugier
leidest.

Also versuche ich, ihre Lippen zu lesen.

Du kannst doch gar nicht Lippenlesen?!

Ja, das stimmt leider. Mir bleibt nichts anderes übrig, als die beiden anzustarren, bis dieser gewisse Agent kommt, um mich nach Hause zu fahren.

Der ältere Mann zeigt mit seinem Kinn in meine Richtung.
Sofort erstarre ich. Ich erröte, wie ein Teenager, der bei etwas
Verbotenem erwischt wurde. Warum verdammt zeigt er auf mich?

Vielleicht wirst du doch eingebuchtet.

Weshalb denn bitte?

Wegen zu großer Neugier.

So ein Schwachsinn.

Dann kommen beide auf mich zu. Ich gerate beinahe in Panik, doch der ältere Mann lächelt mich nett an.

»Director Flamming«, stellt er sich vor und streckt mir seine Hand hin. Mit zitternder Hand ergreife ich diese und drücke sie

fest. Wenigstens hat er keinen schlaffen Händedruck.

Stimmt, Menschen mit viel Selbstbewusstsein haben einen starken Händedruck. Und er scheint sehr viel Selbstbewusstsein zu haben, denn seine Hand zerdrückt meine regelrecht.

»Ich entschuldige mich für die Unannehmlichkeiten, Miss
Collins«, sagt er und sieht den Typen autoritär an. »Agent Primes wird Sie nach Hause fahren.«

Agent Primes?

Primes, wie in Primes Technology Enterprises?

Blue in my HeartWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu