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Drei Tage ... 72 Stunden ... 4320 Minuten ... plus/minus.

Darren ist nun schon so lange weg, dass es mich innerlich
zerreißt.

Seine nicht vorhandene Nähe ist so schmerzvoll.

Ich vermisse seine meerblauen Augen, sein Lächeln, das er viel zu selten zeigt, seinen Beschützerinstinkt und ja, sogar, dass er mich vor den anderen Miss Collins nennt.

Es ist sechs Uhr morgens und wäre ich nicht so traurig, würde ich jetzt tief und fest schlafen. Ich liege im Bett, während ich die Decke anstarre und über Darren nachdenke, als meine Zimmertür leise aufgeht. Schnell setze ich mich auf und sehe in genau die Augen, die ich die letzten Tage so sehr vermisst habe.

Meerblau.

Er hat tiefe dunkle Ringe unter seinen müde aussehenden
Augen, die dennoch auffunkeln, als sie meine treffen.

»Miss Collins.« Seine Stimme ist einfach wundervoll.

Wie er deinen Namen ausspricht ...

Es hört sich an, als wäre er genauso erleichtert, mich zu sehen wie ich ihn.

»Agent Primes«, erwidere ich und sehe in seine erschöpften meerblauen Augen.

Darren lächelt, wobei er die Augen schließt und seinen Kopf entlastend in den Nacken legt.

»Special Agent Primes«, korrigiert er freudig.

»Darren!« Wir schrecken beide auf und schauen die Person an, die seinen Namen ruft.

Abigail umarmt ihren Sohn stürmisch. Genau das will ich auch machen: Darren fest in die Arme nehmen, seinen Geruch einatmen und seine Nähe spüren. Ja, genau das würde ich jetzt am liebsten machen ...

»Wann bist du gekommen, Darling? Warum hast du nicht
angerufen?«

Er löst sich von der Umarmung und gibt seiner Mutter einen leichten Kuss auf die Wange.

»Guten Morgen. Ich bin gerade erst angekommen.«

Mrs. Primes sieht ihn lächelnd an und schaut dann verwirrt zu mir. Doch bevor sie etwas sagen kann, versucht er, die Situation aufzuklären.

»Ich – Ich bin hier, um Miss Collins zu sagen, dass Sie eine
Tasche packen soll.« Er sieht mich für den Bruchteil einer Sekunde an und dreht sich gleich wieder Abigail zu.

Weshalb sollte ich eine Tasche packen? Verwirrt schaue ich ihn an, doch er entgeht gekonnt meinem suchenden Blick und sieht stattdessen in das ebenfalls verwirrte Gesicht seiner Mutter.

»Miss Collins muss mit mir nach D.C. Sie-Sie muss –« Diesmal schaut er zu mir. »Sie muss nochmal aussagen.«

Abigail nickt lächelnd und legt ihre Hand auf seine Wange. »Hast du schon gefrühstückt, Darling?«, fragt sie ihn und beantwortet sich selbst die Frage, indem sie sich umdreht und im Flur »Ich mache Frühstück« ruft.

Darren lächelt ihr hinterher und dreht sich dann wieder zu mir, wobei sein Lächeln sofort erstirbt, als er mich sieht.

Mittlerweile bin ich vom Bett aufgestanden und starre ihn perplex an.

»I-Ich muss nochmal aussagen?« Tränen schießen mir in die Augen, aber ich blinzle sie schnell wieder weg. Darren vergräbt sein Gesicht beinahe verzweifelt in die Hände und reibt sich seine todmüden Augen.

»Es tut mir leid, Macey«, flüstert er kaum hörbar.

Ich will nicht nochmal aussagen müssen, geschweige denn nochmal über meinen Vergewaltiger reden müssen. Ich will das alles nicht. Ich will diesen Mann gemeinsam mit meiner Ver-gangenheit hinter mir lassen. Und das kann ich nicht, wenn ich immer wieder darüber reden muss.

»Warum?« Das Wort kommt nur schwerlich aus meinem nun trockenen Mund.

Darren sieht mich ein letztes Mal an, bevor er sich zur Tür dreht und rausgeht.

»Ich brauche ...«, höre ich den Anfang seiner leisen, kaum wahrnehmbaren Aussage, aber bekomme den letzten Teil des Satzes nicht mit, denn da ist er schon auf den Flur getreten.

»Frühstück!«, ruft Abigail aus der Küche, und ich löse mich von meiner Starre. Schnell ziehe ich mir eine dunkle Jeans und meine weiße Bluse und gehe ins Bad.

Fertig angezogen schlendere ich ins Esszimmer, wo Seth, Ryan,

Darren und Abigail am Tisch sitzen. Ich setze mich neben Seth, gegenüber von Ryan und Darren, wobei ich versuche, ihn nicht anzusehen, denn wenn ich das mache, kann ich nicht mehr
wegsehen. Deshalb starre ich auf meinen leeren Teller.

»Liebes, hast du denn keinen Hunger?«

Ich lächle Abigail aufgesetzt freundlich an und nehme mir ein Vollkornbrot aus dem Brotkorb, obwohl ich überhaupt keinen Appetit verspüre. Beziehungsweise ist mir der Hunger vergangen, als Darren mir von meiner erneuten Aussage erzählt hat. Ich freue mich zwar wirklich sehr, dass er wieder da ist, aber die Neuigkeit, die er mitgebracht hat, ist nicht so toll.

Mit meinem Griff zum Marmeladenglas kommt Mr. Primes ins Esszimmer und setzt sich am anderen Tischende gegenüber von Abigail hin.

»Guten Morgen«, grüßt er in die Runde und ignoriert dabei Darren, der ihm ebenfalls keine Aufmerksamkeit schenkt.

Warum hassen sich die beiden so sehr? Mich interessiert echt,

was zwischen ihnen geschehen ist. 

»Miss Collins, ich habe überlegt, Sie heute mit nach D.C. zu nehmen um Ihnen eine neue Technologie zu zeigen, die wir entwickelt haben«, versucht Mr. Primes, ein Gespräch mit mir anzufangen, doch Darren funkt dazwischen.

»Du weißt ganz genau, dass sie nicht unbeaufsichtigt sein darf!«

Doch Anthony geht nicht auf Darrens kleinen Ausraster ein und redet weiter.

»Was meinen Sie, Miss Collins. Würden Sie gerne unsere neue Technologie sehen?« Mr. Primes sieht mich erwartungsvoll an, aber ich schweige und schaue zu Darren, der wütend die Augen schließt und laut einatmet. Langsam sehe ich von ihm weg und richte meinen Blick zu seinem Vater.

»Danke Mr. Primes, doch ich kann nicht, weil ich nochmal aussagen muss.« Dankend setze ich ein nettes Lächeln auf, das ich nicht ernst meine, da dieser Mann irgendetwas zu verbergen scheint.

Etwas an ihm wirkt komisch und hinterhältig.

Und sein scheinbar nettes Angebot, mir die neue Technologie von Primes Technology Enterprises zu zeigen, wirkt auch eher scheinheilig.

Er nickt verständlich und fängt an, zu frühstücken. Die an-deren haben sich zum Glück rausgehalten, sodass es kein größerer Streit zwischen Vater und Sohn wurde. Auch Darren hat sich
zurückgehalten, dennoch merkt man ihm seine Wut deutlich an.

Aber ein kleiner Blick in meine Richtung und seine Wut scheint wie weggeblasen zu sein.

Blue in my HeartΌπου ζουν οι ιστορίες. Ανακάλυψε τώρα