#8 The devil was once an angel

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Pov Jimin

"Hyung!"

Ich krümmte mich vor schmerzen, hörte die dumpfen Schrittgeräusche auf der Treppe. Jetzt war alles vorbei, jetzt würde ich keinen einzigen Sinn mehr im Leben finden. Er würde mich sehen und er würde gehen. Er würde sich ekeln, würde mich hassen.
Konnte ich es noch aufhalten?
Wenn ich mein Leben jetzt beenden würde, müsste ich seinen enttäuschten Blick dann sehen?

Ich riss die Augen auf, schnappte unter Tränen nach Luft und griff die Schere, setzte an meinem Handgelenk an.
Bitte lass es schnell vorbei sein.

Doch es war zu spät.

Yoongis Gestalt stand schon in der Tür, nachdem Jungkook wie ein Baby mehrmals aufgeschrien hatte.

Es war kurze Zeit still.
Man hörte nur mein leises schluchzen.
Ich traute mich nicht, meine Hand zitterte.

"Jimin..."

Ich jaulte schmerzerfüllt auf. Mein Name, er tat so weh. Seine Stimme war so rau und tief, es tat so sehr weh. Ich weinte und weinte, drohte nie wieder aufzuhören. Der Selbsthass war stärker als jedes andere Gefühl in meinem Körper und fraß mich von innen auf. Ich wollte, dass es endlich ein Ende hatte. Ich festigte meinen Griff um die Klinge.

"Scheiße." Zischte der ältere, während er sich an Jungkook vorbei drückte und krabbelte zu mir.
Warum ging er nicht?
Warum kam er auf mich zu?
Ich war ein Opfer meiner selbst.
Ich war nichts mehr wert.
Vielleicht wollte er sich verabschieden.
Er kniete sich in meine Blutlache. Seine Hose wurde doch ganz dreckig. Es war alles wie in Zeitlupe, die Bewegungen des Schwarzhaarigen verflossen mit der Zeit.
Eine Hand fuhr an meinen Hinterkopf, eine andere um meine Schulter. Er drückte mich fest gegen seine Brust.
Stark,
Beschützend,
Besorgt,
Liebevoll.
Das passte doch gar nicht zu ihm.

"Kleiner, leg bitte die Schere weg." Flüsterte er und versuchte meinen vor Verzweiflung bebenden Körper festzuhalten. Meine Schmerzen waren wie verflogen, mein Körper war völlig taub und schwach. Der kleine Raum füllte sich mit meiner verzweifelt aufzuckenden Stimme.
Doch mein Körper gehorchte ihm, wie er es immer tat. Innerlich bedankte ich mich tausend mal dafür. Ich ließ die Klinge aus meiner zitternden Hand rutschen und tastete unbeholfen nach seinem Körper. Yoongi drehte mich ganz zu ihm und nahm mich in den Arm.

Meine Welt stoppte.
Warum bekam ich nur unter diesen Umständen, dass was ich wollte?
Er küsste mehrmals meinen Haarschopf und strich beruhigend über meinen Rücken. Komplett zerstört sank ich in seinen Armen zusammen, krallte meine Hände in seine Stoffjacke. Sein Stoff wurde feucht von meinen Tränen. Er kippte zurück und zog mich mit, lehnte gegen den kleinen Badezimmerschrank.
Yoongi schnalzte traurig mit der Zunge, "Was macht ihr denn nur.."

Und nun lag ich hier. Heulend und als Schwächling in den großen Armen meines Hyungs, der mir immer wieder küsse gab und mich tätschelte. Blutend, aber ich lebte. Und im Moment wollte ich nichts anderes. Und ich wollte nicht überleben, ich wollte verdammt noch mal leben. Ich wollte kämpfen, meine inneren Dämonen besiegen.
Ich wollte Yoongi stolz machen.
Er war hier, er beschützte mich.
Mein Yoongi.

"Geht's wieder etwas?" Fragte der ältere mit sanfter Stimme. Eine Stimme, die ich lieben gelernt hatte und nie wieder hassen würde. Ich nickte zaghaft. Bei ihm hatte sich mein Körper beruhigt, er hatte mich unter Kontrolle. Seine pure Nähe hatte so eine unfassbar beruhigende Wirkung auf mich.
"Gut, ich hole kurz Verbandszeug." Zärtlich wollte er mich wegdrücken, doch dann tat es wieder höllisch weh. Ich jaulte auf, "Nein! Bleib! Es tut so weh..." Mein Satz ertrank in Tränen. Ich versuchte seine Jacke noch mehr zu greifen, wollte ihn zu mir herunter ziehen. "Hey, hey, ich bin ja hier, alles ist gut. Komm her... Jungkook, erhm, in meiner Schublade am Bett müsste eine kleine schwarze Tasche liegen, hol die bitte und fass nichts anderes an, ich werde ihn in der Zeit irgendwie runterbefördern.."
Er seufzte als Jungkook aus dem Raum huschte. Er war nicht sonderlich stark, war einen Zentimeter größer als ich, doch durch seine fehlende Muskelmasse, leichter als ich. Irgendwie schaffte er es dann mich hochzunehmen, sodass ich meine Arme um seinen Hals und meine Beine um seine Hüfte schlingen konnte.

Vorsichtig trug er mich die Treppe runter. Ich weinte derweil an seiner Schulter weiter. Es tat gut, endlich alles rauslassen zu dürfen und so laut schreien zu dürfen, wie es nur ging. Das konnte ich noch nie. Einfach Jedem zu zeigen, wie schlecht es mir hinter diesem täglichen Lächeln ging.
Als er mich dann auf der Couch absetzte und sich vor mich hinhockte, sah ich zum ersten Mal wieder in seine Augen. Sie waren leer, doch wenn er mich mit ihnen ansah, funkelten sie auf. Er streichelte meine Wange und wischte sanft mit seinem Finger die Tränen weg. Mein Gesicht juckte von den getrockneten Tränen und brannte unter seiner Berührung. Ich schniefte mehrmals.
Er war immer noch nicht gegangen und saß immer noch vor mir.
Man, was hatte ich nur getan.

Jungkook übergab ihm die besagte kleine Tasche. In ihr erkannte ich Abtupftücher, Desinfektionsmittel, Taschentücher und Verbände - eben das, was man zum verarzten brauchte. Er musterte mich und nahm meinen Arm. Ich machte keine Anstalten mich gegen ihn zu stellen, denn das würde ihn nur reizen und die Situation unangenehmer machen, als sie schon war. Als er die Verletzungen sah, zog er scharf die Luft ein. "Sag, wenn etwas unerträglich ist." Flüsterte er und fing an, erst um die Wunden herum das Blut abzutupfen und danach in den Wunden selbst, worauf ich schmerzerfüllt mein Gesicht verzog. Die Schmerzen davor waren dennoch viel schlimmer gewesen, weshalb ich mich nicht viel bewegte und ihn einfach machen ließ.

"Verdammt, Namjoon wäre viel besser in so etwas." Fluchte er leise über sich selbst.
"Bist du nicht sauer? Willst du mich nicht alleine lassen?" Zitterte ich und konnte die Tränen bei meinen Worten wieder nicht zurückhalten.
"Kleiner, ich verlasse dich nicht. Wie kommst du auf sowas? Ich will dich beschützen..." Er stoppte und wandte seinen Blick ab, "Ich habe mich damit aber selber verraten oder? Hatte ich nicht gesagt, dass ich Denjenigen töten werde, der dir weh tut? Tja, ich kann dir nicht weh tun." Er sprühte das Desinfektionsmittel über die Wunden, wobei sie brannten.
"Keine Sorge, das habe ich schon übernommen. Innerlich bin ich schon tot." Meine Stimme war nicht viel mehr als ein Hauchen. Mein Blick lag leer auf seinen Händen. "Och.." Er band den Verband streng um meinen Unterarm.
"Wofür hast du all die Sachen in deinem Zimmer?" Fragte ich und deutete auf die schwarze Tasche. Er schaute mich verständnisvoll an, was mir mit einem Mal Hoffnung und Mut gab. "Du weißt schon, falls ich mich mal beim Nägelschneiden schneide." Er zwinkerte mir zu und stand auf, um nach der Decke zu greifen, die in der Ecke des Sofas lag. Mein Herz pochte kurz schneller.

Er legte sich zu mir auf die Couch und ließ mich wieder in seine Arme sinken. Dankbar sog ich seinen Duft ein, schloss die Augen. Nur eine kleine Lampe erhellte das Zimmer, in dem wir saßen. Jungkook war die ganze Zeit still gewesen, hatte sich auf das andere Sofa gesetzt und stand unter Schock. Doch seine Schuldgefühle übermannten ihn, als die Stille ihn zu erdrücken schien.
"Yoongi-Hyung, es tut mir so leid. Wir hatten gesagt, dass ich es niemandem erzähle, wenn es nicht schlimmer werde. Ich wollte heute Jin-Hyung anrufen, wenn er es dir nicht sagt. Es tut mir so leid."
"Beruhig dich, du hast ihn damit nur ziemlich unter Druck gesetzt. Und das mit Jin lässt du erstmal sein. Die sind zwei Stunden entfernt von uns und er würde sich nur unnötig viele Sorgen machen."

Yoongi verhielt sich auf einmal so erwachsen. Das kannten wir von ihm gar nicht. Es war immer Jin, der sich um alles kümmerte und Namjoon, der Ordnung in dieses Haus brachte. Yoongi maulte sonst nur an allem herum, verzog sich genervt in sein Zimmer, wenn etwas zu bunt wurde. Doch wenn man ihn nunmal brauchte, war er da.

"Unnötige Sorgen.." Murmelte ich betroffen und kuschelte mich näher an ihn.
"Ist Hyungs Gesundheit nicht etwas, worüber man sich Sorgen machen muss?" Fragte Jungkook und führte einen bissigen Unterton mit sich. "Doch, aber jetzt sind hier du und ich, die sich um ihn kümmern. Wenn wir Jin anrufen, kommen die anderen auch gleich alle mit und wie würdest du das finden, wenn sich alle fragen, warum sie nach Hause bestellt wurden, wenn du es nur Jin sagen wolltest?" Erklärte der ältere. Er wirkte so reif und erwachsen, ganz anders als wir.
"Jimin-Hyung, willst du etwas trinken?" Fragte Jungkook und ich nickte, als ich die Augen öffnete. Ich fühlte mich einfach nur klein, unerfahrener als Jungkook und schwächer als jeder Welpe. "Warte, ich mache dir einen Kakao!" Er schenkte mir ein wärmendes Lächeln und rannte aus dem Raum, höchstwahrscheinlich in die Küche.

"Es tut mir leid, ich bin so dumm. Ich habe mich nicht getraut, es dir zu erzählen." Nuschelte ich, worauf er meine Hand von oberhalb nahm und sie drückte.

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[Danke für's Kommentieren und Voten]

Sooo~
Damit dann eine gute Nacht schon mal♡
And bis morgen ;3

「 angel 」 - yoonminWhere stories live. Discover now