#45 Except 1

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Pov Jimin

Wir setzten uns an den Esstisch, die Sitzordnung wie immer. Nur wurde nun der Platz an der einen Ecke, an der ich saß, frei, einer fehlte.
"Wir sind jetzt nur noch zu sechst." Sprach Tae aus, was wir alle gedacht hatten.
"Sollen wir aufrücken?" Fragte Jungkook.
"Nein," hielt ich die beiden auf, "Ich möchte zu euch in die Reihe kommen." Denn am Kopf des Tisches war ich ihren Augen immer so ausgeliefert gewesen. Ich trug immer ihre Aufmerksamkeit, alles was ich tat, konnte man sehen, wenn ich also zu ihnen rückte, würden sich die Blicke verteilen. Außerdem würde ich in die schönsten Augen schauen können, die dann gegenüber von mir saßen.

"Wir müssen glaube ich einiges erstmal klären." Begann Jin, als ich den Platz wechselte. Ich legte meine Hände gefaltet auf den Tisch, sie fingen leicht an zu schwitzen. Ich war nicht nervös, aber dennoch würde sich jetzt alles um mich drehen.
"Jimin, verändert sich irgendwas für dich oder willst du, dass sich etwas ändert?"
Ich überlegte und ging gedanklich im Haus umher. Wollte ich wirklich, dass sich etwas änderte? Oder wollte ich, dass alles so wie immer blieb?
"Ich will nicht mehr in meinem Bett schlafen." Sie konnten sich vorstellen, warum. Mein Blick wurde leer, meine Hände verkrampften sich und ich hatte plötzlich Schwierigkeiten, richtig Luft zu bekommen. Würde ich mich genau so fühlen, wenn ich in mein Zimmer trat? Eine Hand, die von Jungkook ausging, strich mir über den Rücken. Ich zuckte auf und wölbte den Rücken, bevor ich realisierte, dass es seine Hand war. "Sorry." Nuschelte ich.

"Du- ihr, wie auch immer, könnt bei mir schlafen, dann schlafe ich bei Tae-Hyung." Bot mir der jüngste an. Er hatte nicht vergessen, dass auch Yoongi die letzten Nächte bei ihm im Bett verbracht hatte. Ich spürte, dass allein der Fakt, dass jemand anderes an seiner Seite geschlafen hatte, mich schon eifersüchtig machte. "Danke." Sagte ich und sah Jungkook an. Ich war ihm wirklich dankbar und das nicht nur ihm. Ich war dankbar dafür, dass ich gerade mit ihnen hier saß, dass ich noch fähig dazu war, mit ihnen zu sprechen. Das alles hätte ich nicht, ich würde nicht hier sitzen, wenn ich tatsächlich gestorben wäre.

"Gut, wie ist das mit deinen Verletzungen?" Ging es weiter.
"Ich habe Schmerztabletten bekommen und so eine Salbe oder so, für meinen Rücken. Alles andere wird so abheilen, meinte der Arzt, der sich das in drei Tagen nochmal anschaut." Sagte ich.
"Kannst du denn richtig liegen? Wegen deinem Rücken, meine ich." Fragte Jungkook.
Ich lächelte sarkastisch, "Ich versuch's. Auf der Seite kann ich wieder halbwegs schlafen, auf dem Bauch sollte es langsam auch wieder gehen, aber auf dem Rücken..." ich sah, dass Yoongi die Zähne aufeinander biss, seine Miene wurde hart. "Und das alles nur wegen diesem Bastard, ich hätte ihn wirklich töten müssen-" stieß er hervor. "Na," Stoppte ihn Namjoon, "Über tote Leute lästert man nicht."
Jungkook: "Er ist doch nicht-"
"Für uns ist er gestorben." Bestätigte Taehyung. Und ich musste schmunzeln. Da hatte jemand gute Arbeit geleistet und dem jüngeren beigebracht, dass Hoseok nicht der beste Umgang war.

Obwohl wir alle zusammen saßen, so wie wir es immer getan hatten, spürte man, dass in der Luft eine Spannung, eine gewisse Behutsamkeit lag, die von mir verursacht wurde oder wegen mir auftrat. Sie wussten alle, bis auf Yoongi, nicht, wie sie richtig mit mir umgehen sollten. Obwohl, vielleicht wusste es Yoongi auch nicht, ich war nur davon ausgegangen, da er mir am nächsten stand.
"Ihr solltet es nun eigentlich alle wissen, habe ich recht?" Sagte ich leise. Ich wollte nicht darüber sprechen, wollte es niemandem mehr sagen, andernfalls wollte ich das Thema endlich vom Tisch haben.
"Was genau?" Fragte Jin.
"Dass... ich mich selbst verletzt habe?"

Eine stille breitete sich aus kurzzeitig aus.

"Es wurde mal erwähnt." Taehyung räusperte sich.
"Weißt du, was weh tut?" Namjoon sah mich an, "Dass wir es die ganze Zeit anscheinend nicht bemerkt haben. Oder dass wir unwissend drüber hinweg gesehen haben. Natürlich, jetzt macht alles Sinn. Du wolltest nie raus, nie deine Arme zeigen... Es tut weh, dass wir so vieles verhindern hätten können." Die Mehrzahl nickte.
"Man kann vieles einfach nicht verhindern." Flüsterte ich.
"In niemandes Schicksal liegt es, sich selbst Leid zuzufügen, selbst, wenn du das denkst." Und damit hatte er so recht, dennoch hatte ich nichts anderes für mich gesehen.

"Worauf müssen wir achten?" Fragte nun wieder Jin.
"Ich weiß es nicht. Vielleicht, wenn ich mich abkapsle oder ich ruhig bin, sehr genervt, komisch- Ich weiß es nicht, von außen merkt man es nie, auch wenn ich immer denke, dass ich so offensichtlich bin. Aber ich werde das nicht mehr tun, ich verspreche es."
"Danke." Sagte Jungkook. Diese Worte wollte er wohlmöglich schon so lange hören, ich hatte ihn damit so sehr belastet.
"Ich habe eine Aufgabe für dich," Namjoon klang nun fröhlicher und zuversichtlich, "Jeden Abend schreibst du mindestens drei Sachen auf, die am Tag schön waren oder die dich glücklich gemacht haben. Probier das einfach mal aus."
Ich seufzte nur. "Wir schaffen das alle zusammen. Du bist nicht alleine." Erinnerte mich Jungkook und schenkte mir ein warmes Lächeln. Und ich begriff es endlich. An den Personen hatte sich nichts geändert, ich hätte nur um Hilfe bitten müssen. Denn in dieser Welt war wirklich jeder alleine, auch von Menschen umgeben, konnte man sich einsam fühlen und wir alle brauchten irgendwann einmal Hilfe, wenn wir vom weg abkamen.

"Ich habe eine Bitte."

Yoongis raue Stimme ertönte zum ersten mal in diesem Gespräch und er war ernst, dies war ihm wichtig.

"Ich möchte, dass wir ab jetzt nie wieder Lügen, voreinander nichts verstecken und immer mit der Wahrheit antworten.
Immer."

Ich sah ihn an, hatte so etwas nicht erwartet. Auch nicht, dass ihm sowas so nah stand, wenn man bedachte, dass wir die anderen über Monate hinweg belogen hatten, wenn es um unseren Beziehungsstatus ging. Diese Worte sollten mir noch etwas anderes vermitteln, doch ich wusste nicht was, bemerkte in dieser Situation nicht, wie wichtig diese Sätze eigentlich schienen und wie alarmierend sie wirklich waren. Und ich fragte mich, ob ich dies je früher bemerken hätte können.

"Ich schwöre." Sagte Jungkook, lächelte sicher und legte seine Hand in die Mitte des Tisches. Er sah uns an, wollte, dass wir es ihm gleich taten. "Ich werde auch immer die Wahrheit sagen." Grinste Taehyung und legte seine Hand über die Jungkooks. "Ich auch." Stimmten Namjoon und Jin zu, während sie das gleiche mit ihren Händen taten. Vorsichtig legte ich meine ebenfalls auf den Händestapel und sagte, "Ich schwöre, dass ich euch nie anlügen werde, vor euch nichts verstecken werde und immer die Wahrheit antworten werde."
Da Yoongi nur leicht lächelte, griff ich mit meiner freien Hand an seinen Ärmel und zog somit seine Hand auf den Tisch, bevor ich sie fasste und unter meine andere legte. "Und du auch." Wahrscheinlich war mein Lächeln an diesem Tag das ehrlichste, welches ein Engel je getragen hatte.

Und seins zugleich das teuflischste, welches Satan je hätte fälschen können.

He's got a smile like a scar
- Anderson Laurie

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"Got advice from my dad and he told me
that family is all I'll ever have and need
I guess I'm unaware of it
Success is nothing if you have no one left to share it with"
- The Man (Ed Sheeran)

Einen schönen Tag und einen guten Start in die Woche ♡

「 angel 」 - yoonminWhere stories live. Discover now