#22 Worst behavior

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Pov Jimin

Im Laufschritt lief ich in mein Zimmer. Mein Herz raste, meine Beine trugen mich kaum. Panisch riss ich die Schublade meines Nachttisches auf und packte die kleine Nagelschere. Ich starrte sie sekundenlang an, wirbelte dann herum und stürzte ins Bad. Meine Augen fokussierten nichts, mein Inneres geriet in Aufruhr. Ich knallte die Tür zu und schloss im selben Moment ab. Ich brach zusammen, ließ mich auf die Fliesen fallen. Auf allen vieren sah ich den weißen Boden an, der eine Träne auffing. Meine Unterlippe zitterte, so wie auch mein ganzer Körper.

Ich dachte über mein Leben nach.
Dachte an mich, mein so gehasstes ich und Yoongi, der mich so zerstörte. Was war ich wert? Ich fürchtete mich vor meinen Gedanken, fand sie hässlich. Sie zerstörten mich mehr, als alles andere. "Los Jimin, schneid dich, zerfetz dich, bring dich um." Redete ich mir ein.

Mein Kopf sträubte sich und kämpfte gegen diese Gedanken an. Sie waren nicht richtig, dass war mir bewusst. Ich starrte auf meinen rechten Arm. Ich hasste ihn, selbst einen Arm fand ich hässlich. Ich setzte mich hin und zog meinen Ärmel hoch. Es würde schnell vorbei sein, ich musste es noch nicht mal tun. Trotzdem setzte ich an, wann würde ich die Gelegenheit wieder bekommen.

Im nächsten Moment atmete ich durch, als ich ein schrilles Bellen und ein kratzen an der Tür hörte. Es hatte tatsächlich geklappt. Ich richtete mich auf und öffnete die Tür. Vor ihr standen Yoongi und Holly, letzterer sprang an mir hoch und bellte mich an. "Er hat es wirklich gespürt." Sagte der Schwarzhaarige und grinste. Ich lächelte zufrieden und bückte mich zu Holly runter. Er kuschelte sich an meine Hand, die ihn fürsorglich streichelte. Mein Lächeln verschwand jedoch wieder schnell. Wir wollten testen, ob Holly auf meine Stimmung reagierte, also musste ich versuchen, selbst meinen Verstand zu täuschen. Ich hatte meinen Kopf total unterschätzt. Wenn ich diese Gedanken erzwang, erwürgten sie mich und freuten sich über diese Einladung. Sie waren stärker, als jedes andere Gefühl in meinem Körper und machten sich über mich her. Mein Selbsthass war es, der mich zerfetzte und mich psychisch in Einzelteile riss. Ich wollte mich nicht so fühlen, doch beim Blick auf meine Hand empfand ich wieder alles. Sie war so klein, hatte so fette Finger, was sollte ich schon damit machen.

Ich hob meine andere Hand und betrachtete die silberne Klinge in ihr. Yoongi bemerkte meine Bedrücktheit und nahm mir die Schere aus der Hand. Achtlos schmiss er sie auf den Boden und ich sah ihr nach, er hockte sich zu mir. Oder sollte ich sagen, auf mein Niveau?

"Hey, ich weiß, dass das viel verlangt war. Geht es?" Er machte eine Pause zwischen seinen Sätzen. Denn er wusste nicht, wie sich das anfühlte. Innerlich tot zu sein und sich selbst zu bemitleiden. Andere Menschen zu sehen und neidisch auf ihren Körper zu sein. Plötzlich traurig zu sein, ohne einen bestimmten Grund, einfach nur weil man sein Leben hasst. Andere Menschen zu sehen und sich zu fragen, warum man nicht glücklich sein darf. Sprüche zu lesen, nach dem Motto, 'Love yourself' und sich zu denken, 'in diesem Körper kann man das nicht'. Es war schwer, es war kein Kampf, es war ein Krieg. Keine Rücksicht auf Verluste.

Ich sah Yoongi an und mein Gesicht verzog sich traurig von ganz allein. Ich brach in Tränen aus, während ich in seine Augen starrte und darin den Sinn meines gesamten Lebens suchte. Was hielt mich auf dieser verdammten Erde?
"Nein, nichts geht." Jammerte ich gequält und griff sein T-Shirt, um mich an etwas festzuhalten. Yoongi nahm mein Gesicht auf und streichelte es sanft. "Was hat das alles für einen Sinn? Ich bin zu nichts fähig. Das geht nicht mehr, das tut so weh." Ich erstickte fast an meinen plötzlichen Tränen. Mein Herz zog sich ungesund stark zusammen, es schmerzte so unendlich doll. Es schlug nur noch für Yoongi, nicht mehr um meinen Körper mit Blut zu versorgen.

"Entschuldige, wir hätten das anders testen sollen. Ich hätte dich nicht dir selber überlassen sollen oder dir aufbürden sollen, diese Gedanken zu erzwingen, das tut mir so leid." Es war das erste mal, dass er sich aufrichtig für etwas entschuldigt hatte. Meine Augen wurden groß, als er mich auch schon küsste und meinen Körper damit zum kribbeln brachte. Danach zog er mich direkt in eine Umarmung. "Hör bitte auf zu weinen."
"Ich kann nicht."

「 angel 」 - yoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt