#29 Broken wings

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Pov Yoongi

Wenn Jin mir nicht durch und durch über den Rücken streichen würde, wäre ich schon längst zusammengebrochen. Schon mehrere Stunden saßen wir hier, Jimin wurde notoperiert. Ich hatte meine Tränen und meine Atmung in den Griff bekommen, lenkte mich mit den anderen Besuchern in der Notaufnahme ab. Ich betrachtete sie und bewertete ihr Outfit, so, wie ich es mit Jimin immer getan hatte, wenn wir dann einmal aus dem Haus waren. Ich hatte eingesehen, dass es nichts brachte, wenn ich rumschrie und laut war. Ich stellte mir die gleichen Fragen wie zuvor, ich würde keine Antwort auf sie finden.

Ihn so zu sehen, es tat weh. Seinen Körper so am Ende zu sehen, mein Herz wurde gebrochen, zerrissen in tausend Stücke. Dennoch, wenn ich es Revue passieren ließ, hatte er so friedlich ausgesehen. So, wie er da lag, so wollte er es. Er wollte nicht mehr leben und ohne Bewusstsein war er dem Tod am nächsten. Er hatte nicht gelächelt, aber er hatte auch nicht geweint.

Es wurde die Tür zur Notaufnahme aufgestoßen und mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich Jungkook und die fehlenden Jungs sah. Er sah sich um, lief dann panisch zu uns. Ich stand auf. Während Jin schon anfing zu erzählen, blieben ich und der jüngste wie erstarrt voreinander stehen. Mein Blick sprach Bände und er nahm mich in den Arm. Es war genau das passiert, wovor Jungkook die ganze Zeit so Angst hatte. Und dann war er noch nicht einmal zuhause.

"Hast du ihn gefunden?" Fragte er leise. Ich nickte und er drückte mich fester. Er wusste, was für einen Dolch mir das ins Herz gejagt hatte.

Die anderen setzten sich auf die Stühle, Jungkook und Taehyung jedoch auf den Boden, da nichts mehr frei war. In diesem Moment wäre auch mir der dreckigste Boden lieb gewesen. Der einzige, der nun noch stand war Hoseok und er machte auch keine Anstalten sich wieder hinzusetzen. Er sah auf seine Armbanduhr, wie heute morgen, als hätte er es eilig. Wie konnte er nur.

"Musst du noch irgendwo anders hin?" Fragte Jin verwundert, denn auch er hatte es bemerkt. Hoseok kratzte sich am Hinterkopf, schaute noch einmal auf seine Uhr.
"Ich denke nur, dass sich jemand um Holly kümmern sollte. Ich glaube, ich fahre nach Hause." Er schenkte uns sein falsches Lächeln.
"Wer hat dir denn ins Hirn geschissen?" Rief ich, bei ihm und dieser Bemerkung würde ich mich nicht zurückhalten. "Du willst Jimin also einfach alleine lassen?"
Er sah genervt aus, er war so anders als sonst. War er nicht derjenige, der mir sein Bett angeboten hatte? Wie man sich in Menschen täuschen konnte, wenn es drauf ankam.
"Nein-"
"Nur so by the way, wo warst du eigentlich, als er ein Bad nehmen wollte? Fandest du es nicht komisch, nachdem er gestern 'geduscht' hatte?" Ich hob meine Stimme, stand auf.

"Yah, ich wusste nicht, dass es in einem 'Blutbad' endet." Verteidigte er sich. Ich verlor die Fassung, wie konnte er nur so fahrlässig darüber reden?
"Jungs." Warf Namjoon ein.
"Nein, bist du noch bei verstand?" Ich ging auf ihn zu und schubste ihn grob, "Weißt du, wie er sich hasst? Weißt du, was er durchgemacht hat?!"
Anstatt mir aus dem Weg zu gehen, kam er meinem Gesicht näher und sah mir furchtlos in die Augen, "Ja."

Doch bevor ich darüber nachdenken konnte, gesellte sich eine Ärztin zu uns und drückte uns auseinander.
"Guten Tag, ich bin die leitende Ärztin in diesem Fall." Sie war älter, schwarze Haare, jung geblieben. Sie gab jedem von uns die Hand, sah dann auf ihr Klemmbrett. "Park Jimin, wer steht dem Patienten hier am nächsten? Verwandte oder hat er eine Freundin?"
"Wir sind alles Freunde von ihm." Ich nahm sie schnell zur Seite, bevor jemand fragen stellen konnte. Dann sprach ich leise, sodass es niemand anderes hörte. "Hören sie, wir sind beinahe zusammen. Park Jimin und ich, meine ich, er ist bisexuell. Seine Eltern waren nicht für ihn da, deswegen sind wir alle quasi zu einer Familie geworden, also sind wir wie Angehörige."

Sie lächelte freundlich, verstand aber anscheinend wenig. "Ich darf nach seinen Verwandten nur wirklich nahen Angehörigen etwas über seinen Gesundheitszustand sagen. Wenn ihr also nicht zusammen seid, dann-"
"Wir sind zusammen! Es ist nur noch nicht offiziell.." Ich deutete auf die wartenden Jungs. In diesem Fall log ich etwas. Wir waren nicht zusammen, aber wir behandelten uns als wären wir das, also war es in diesem Moment das gleiche. Endlich verstand sie es und schaute auf ihre Zettel.
"Nun, wie soll ich es sagen.."
"Wenn Sie mir jetzt sagen, dass alles nach Selbstmord aussah, das weiß ich schon."
Sie schaute verwundert zu mir auf, diesen Blick erwiderte ich schnell. "Das wäre unsere zweite Vermutung gewesen."
"Zweite?"
"Hast du seine Wunden gesehen? So würde noch nichtmal ein psychisch Kranker mit sich selbst umgehen." Sie starrte mir in die Augen, als würde ich ihr eine ganz andere Welt zeigen. "Entschuldigen Sie, sie sprechen von seinen Handgelenken?"
"Und Hüften, Schultern, sowie Brust und Nacken. Das Gesicht mal außen vor gelassen. Habt ihr ihn alle zusammen geschlagen?" Bei ihrem ernsten Gesicht musste ich schlucken.
"Ich weiß nicht, was bei euch vorgeht, aber selbst in der Liebe hält man solche Schmerzen nicht aus."
"Was zum Henker wollen sie mir gerade sagen?" Ich verstand ihre Andeutungen und verschleierten Worte nicht. Sie seufzte tief, nun redete sie Klartext.

「 angel 」 - yoonminWhere stories live. Discover now