Kapitel 12

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Letzte Nacht war ich kaum in der Lage meine Augen zu schließen. Meine Gedanken kehrten immer wieder zur Bibliothek zurück. Mehrmals musste ich meine Fähigkeit testen um sicherzugehen, dass es auch wirklich passiert ist. Meistens wurde mein Polster zu meinem Opfer auserwählt. Immer wieder befahl ich meinem seidigen Polster sich umzudrehen und jedes Mal funktionierte es. Was einerseits ein freudiges Kribbeln in meinem Bauch auslöste, aber andererseits auch panisches Herzrasen verursachte. Nach etlichen Stunden bin ich dann doch schließlich eingeschlafen.
Sehr erholt bin ich nun aber trotzdem nicht und kann mir nur schwer ein Gähnen verkneifen.

„Schlecht Geschlafen?", fragt mich Valaia. „Mhm", stimme ich ihr murmelnd zu während ich mir wieder ein Gähnen verkneifen.
Wie jeden Morgen bin ich gerade dabei die Haare der Prinzessin zu frisieren. Momentan bin ich noch nicht so gesprächig, mein Gehirn braucht noch etwas länger um normal funktionieren zu können.
Um meine verschlafene Stimme zum Sprechen vorzubereiten, räuspere ich mich kurz. „Valaia, Ich wollte mich noch bei dir bedanken", sage ich mit rauer Stimme.
Auf ihre Stirn bilden sich Falten als sie durch den Spiegel zu mir nach oben blickt. „Bedanken?", fragt sie verwundert.
„Naja, du weißt schon. Dafür, dass du deine Mutter davon überzeugt hast, mich hier auszubilden, damit ich nicht nach Paaralan gehen muss.
„Da hast du dich, glaub ich, verhört", teilt sie mir mit, „das war die Idee meiner Mutter, dich hier zu lassen. Sie meinte es wäre unpraktisch schon wieder eine neue Zofe zu suchen, da es ja letztes Mal so lange gedauert hat."
Dies verschlägt mir erstmal die Sprache. Ich bin mir ziemlich sicher, sie meinte, dass ihre Tochter sie dazu überredet hatte, weil sie mich bereits ins Herz geschlossen hatte, oder nicht? Welchen anderen Grund könnte sie haben mich nicht nach Paaralan zu schicken?

Den Rest des Morgens schweige ich größtenteils, viel zu Beschäftigt mit meinen eigenen Gedanken um mich auf fröhliches Plaudern einzulassen. Abgelenkt verabschiede ich mich von Valaia und mache mich auf dem Weg in den Trainingsraum. Bis jetzt hatte ich nur die Tür davon gesehen, mir war es nie erlaubt die Prinzessin zu ihren Trainingsstunden zu begleiten.
Langsam baut sich die Anspannung in meinem Körper auf. Ich muss meine Beine förmlich dazu zwingen sich zu bewegen. Wie ein Roboter wandere ich durch die Gänge. Schon wieder muss ich an das dubiose Gespräch mit der Königin denken.
Irgendwas hat die Königin mit mir geplant. Wieso sonst, würde sich mich unbedingt hierbehalten wollen. Wahrscheinlich will sie mich lediglich im Auge behalten. Aber wozu? Ich bin doch nur ein gewöhnliches Mädchen.

Plötzlich finde ich mich auch schon vor der Tür, die in den Trainingsraum führen. Das Kribbeln in meinem Bauch wird noch intensiver, als würden hunderte von Schmetterlingen verzweifelt einen Weg nach draußen suchen. Ich atme tief ein und aus und Klopfe auf die graue Metalltür. Wieso genau hier die Tür aus Metall und nicht aus Holz ist, weiß ich nicht. Vielleicht dient sie zur Sicherheit. Aber keine der Fähigkeiten ist gefährlich genug um eine Metalltür zu benötigen.

Ein gedampftes „Herein" erklingt von der anderen Seite, also öffne ich die schwere Tür. Am liebsten würde ich mich vor Nervosität verstecken, oder mich übergeben. Vielleicht auch beides, da bin ich mir noch nicht ganz sicher.

Hinter der Tür befindet sich ein riesiger Raum, oder eher schon Halle, ausgestattet mit einem dunklen Holzboden. Etlicher Fenster, mit Blick auf den grünen Garten, verzieren die hohen Wände des Zimmers. Ich fixiere meinen Blick in die Mitte der Halle. Dort sitz ein weißhaariger alter Mann mit geschlossenen Augen im Schneidersitz auf einem flauschigen Teppich. Als ich mich nähere, öffnet er seine Augen und beobachtet mich genau.
„Kalia, ich habe dich bereits erwartet. Komm setzt dich zu mir", sagt er mit einem freundlichen Lächeln und winkt mich zu sich rüber. Zögerlich setzte ich mich gegenüber von ihm ebenfalls im Schneidersitz auf den Teppich. Als ich sein freundliches Gesicht inspiziere, verfliegt meine Nervosität sofort, stattdessen breitet sich ein wohlig warmes Gefühl in meinem Bauch aus.

The Queen of SecretsWhere stories live. Discover now