Kapitel 15

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Einen Monat später hat sich nicht viel verändert. Leider hatte ich nicht viele Möglichkeit um meine neue Fähigkeit auszutesten in der Öffentlichkeit. Meistens übte ich nur alleine in meinem Zimmer.
Rohan und ich sprechen noch immer nicht. Immer, wenn ich ihm begegne, mache ich auf dem Absatz kehrt und suche mir eine Versteckmöglichkeit. Manche würden das wahrscheinlich erbärmlich nennen, aber es funktioniert für mich am besten. Ich weiß einfach nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll. Meine Gefühle für ihn sind immer noch anwesend und wachsen stetig. Wäre ich alleine mit ihm in einem Zimmer, könnte ich mich höchstwahrscheinlich nicht mehr beherrschen.

„Kalia?", ruft mich Valaia von ihrem Badezimmer. Sofort eile ich zu ihr. Sobald sie meine Gestallt erblickt, winkt sie mich zu ihr rüber. „Ich brauche deine Meinung. Was denkst du über dieses Kleid?" Als ich ihr Ankleidezimmer betrete, liegt ein wunderschönes Ballkleid auf einem Sofa ausgebreitet. Überwältigt öffne ich meinen Mund, doch keine Worte bilden sich.
„Deine Sprachlosigkeit nehme ich jetzt mal als ein gutes Zeichen", kichert sie.
„Auf jeden Fall", sage ich schließlich. „Ist das für den Ball übermorgen?", frage ich neugierig.
„Mhm." Freudig hupft sie zu dem Kleid und nimmt es in ihre Arme. Es ist bestimmt unglaublich schwer. So viel Stoff wie es hat, könnte man glatt zwanzig andere Kleider schneidern.
Mit dem weinroten Kleid kommt sie auf mich zu. Sie hält es vor meinen Körper. „Mit deinen Haaren sieht das sicherlich wunderschön aus. Wie würde es dir gefallen, dieses Kleid zu tragen?"
„Guter Witz. Du weißt, dass ich nicht eingeladen bin", sage ich und schiebe das Kleid wieder zu ihr. Valaias jüngere Schwester Tova feiert ihren Geburtstag und da sind natürlich hauptsächlich adelige eingeladen.

Sie wirft mir ein geheimnisvolles Lächeln zu und streckt mir wieder das Kleid entgegen. „Es hat schon seine Vorteile mit dem Geburtstagskind verwandt zu sein. Ich habe mit Tova gesprochen und sie hat dich ebenfalls auf die Gästeliste gesetzt. Daher habe ich mir die Freiheit genommen dir ein Kleid anfertigen zu lassen."
„Das Kleid wurde für mich angefertigt?", frage ich fassungslos.
„Jap", bestätigt sie mit einem riesigen Grinser auf ihrem Gesicht. Sie drückt mir das Kleid in meine Arme.
„Das kann ich unmöglich annehmen."
„Ach papperlapapp." Mit einem Handwedeln bringt sie mich zum Schweigen. „Bist du dir sicher, dass es in Ordnung ist", frage ich unsicher.
„Hundert Prozent."

Zwei Tage später läuft Valaia gestresst durch ihr Zimmer. „Hast du meine silbernen Schuhe gesehen? Ich hatte die doch heute schon in der Hand", murmelt sie verwirrt.
„Auf deinem Bett", rufe ich ihr zu.
Sie nimmt sie in die Hand und lässt sich wieder auf ihrem pompösen Stuhl nieder. Ich muss nur noch ihre Haare frisieren, dann wäre sie bereit für den Ball.
Die goldenen Locken befestige ich auf ihrem Hinterkopf mit Hilfe von unendlich vielen Haarspangen. Zufrieden mit ihren Haaren, schlüpft Valaia in ihre Schuhe und dreht sich zu mir. Sie verzieht ihren Mund mit deutlicher Abneigung. „Wieso hast du noch nicht dein Kleid an? Wir wollen doch nicht zu spät kommen."
„Ich musste dich herrichten. Das kann ich wohl schwer in einem riesigen Ballkleid machen", kontere ich.
„Na dann husch, husch." Damit scheucht sie mich in ihr Badezimmer und reicht mir das weinrote Kleid.

Nach einer gefühlten Ewigkeit ist es mir endlich gelungen das Kleid erfolgreich überzuziehen. Sobald ich es zuschnüre, fällt mir das Atem schwer, das Kleid ist unglaublich eng. Nach einigen flachen Atemzügen habe ich mich aber auch schon daran gewöhnt.
Zuletzt schlüpfe ich in meine goldenen Schuhe und trete aus dem Zimmer.
Valaia wartet schon gespannt davor. Als sie mich erblickt staunt sie mit offenem Mund. „Wusste ich's doch. Es passt perfekt zu deinen Haaren." Zufrieden klatscht sie mit ihren Händen.

Wir sind einer der Letzten, die im Ballsaal eintreffen. Sobald wir durch die offenen Doppeltüren treten, erstarre ich. Mir bleibt nichts anderes übrig als den riesigen Saal zu bewundern. Schon vor Wochen haben sie angefangen den Saal herzurichten. Aber was ich hier nun sehe, übertrifft meine Erwartungen um einiges. Der ganze Saale wird durch tausende von Kerzenlichter ausgeleuchtet und im Hintergrund spielt ein Streichtorchester. Auf der Tanzfläche tummeln sich schon etliche Pärchen, welche verliebte Blicke tauschen.
Plötzlich bleibt mein Blick an jemanden hängen. Rohan. Als hätte er meinen Blick gespürt, finden seine Augen meine. Seine Verlobte und er sind ebenfalls eines der Pärchen auf der Tanzfläche.
Gerade eben hat er sie noch angelächelt, doch nun verweilt sein Blick auf mir. Auch von der Weite sehe ich, wie er sichtbar schluckt als ich die Stufen herabschreite. Jetzt bloß nicht stolpern.
Sicher unten angekommen lobt mein inneres Ich mich erfreut darüber, dass ich mit diesen unpraktischen Schuhen nicht gestolpert bin.

The Queen of SecretsWhere stories live. Discover now