4. Kapitel

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Lukes Sicht:

"Sag mal, hast du schon wieder geraucht? Hab ich dir nicht gesagt, dass du damit aufhören sollst, bevor es zu spät ist? Aber was soll's, mach dir doch dein Leben kaputt, du wirst schon sehen was du später mal davon hast. Das kann mir ja egal sein!" Nach diesen Worten hob meine Mutter die Schnapsflasche an die Lippen und trank einen großen Schluck. Mir Vorschriften machen und dabei ihr eigenes Leben nicht auf die Reihe bekommen. Ich stand vom Küchentisch auf, räumte unsere Teller in die Spülmaschine und verschwand mit einem "Bin um zehn zurück" aus unserer kleinen Wohnung. Seit mein Vater Selbstmord begangen hatte war meine Mutter nicht mehr wie früher. Es gab keinen Tag an dem sie nüchtern genug war, um den Haushalt zu machen oder einzukaufen deshalb es bei uns auch immer schmutzig und unaufgeräumt. Ich weigerte mich diese dreckige, vor Schmutz starrende Wohnung in einem der heruntergekommensten Viertel der Stadt als mein zuhause anzusehen, auch wenn meine Mutter das gerne hätte. Aus diesem Grund zog die meiste Zeit durch das kleine Wäldchen, das sich hinter unserem Block erstreckte. Da ich aber vormittags in der schule war und den Rest des Tages Hausaufgaben machen und dafür sorgen musste, dass wir etwas vernünftiges zu essen bekamen blieb mir nur abends Zeit, um Luft zu holen. Es zog mich den ganzen Tag nach draußen und endlich konnte ich auch raus und atmen, frei sein. Klare Luft, keine Alkoholdünste, kein Zigarettenrauch. Meine Mutter irrte sich indem sie dachte ich rauche. Ich hatte es einmal ausprobiert, aber es war abstoßend. Der Rauch, den sie roch, kam von den Skinheads, die immer vor unserem hauseingang herum hingen.

Aber jetzt war ich draußen. Endlich! Manchmal hatte ich wirklich das Gefühl zu ersticken, auch in der Schule oder in der Stadt. Hier konnte ich frei atmen. Der einzige Nachteil war, dass mich hier die Erinnerungen einholten. Die Erinnerungen an jene Nacht, die ich am liebsten vergessen würde, doch das war unmöglich. Jedes kleine Detail hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Ich brauchte nur die Augen zu schließen und alles war wieder da.

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Dieses Kapitel widme ich onlyreadingguest (heli) weil sie immer für mich da ist und ich ohne sie diese Geschichte vermutlich gar nicht schreiben würde.

StalkerWhere stories live. Discover now