10. Kapitel

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Katies Sicht:

"Claire, ich brauche dringend deine Hilfe. Es ist wahnsinnig wichtig. Schnell. Ich brauche unbedingt deine Mathehausaufgaben. Ich hab komplett vergessen die zu machen." Meine Stimme überschlug sich fast, so schnell redete ich. Aber es waren ja auch nur noch fünf Minuten bis zum Stundenanfang. Und unser Mathelehrer verstand keinen Spaß, was vergessene oder nicht gemachte Hausaufgaben betraf. Man musste sofort nachsitzen. Claire reichte mir ihr Heft und ich begann hastig die Lösungen hinzukritzeln. Erst als Claire ungefähr zum fünften mal leise meinen Namen rief, sah ich auf. Vor mir stand mein Mathelehrer und beobachtete mich ein abschreiben. Erschrocken starrte ich ihn an. Er starrte lange zurück, dann sagte er: "Nachsitzen!" Das war's. Mehr musste er auch nicht sagen, denn es war unmissverständlich. Na toll. Frustriert ließ ich mich in meinen Stuhl zurückfallen. Dieser Nachmittag würde ich also in der Schule sitzen und wahnsinnig schwere Matheaufgaben lösen müssen. Der Tag war für mich gelaufen. Und an allem war eigentlich nur dieser "Stalker" schuld, schließlich hatte ich nicht lernen können, weil ich die ganze Zeit überlegt hatte, wer er sein könnte.

Nach der Mittagspause, die ich ganz alleine verbringen durfte, weil alle meine Freunde schon nach Hause gegangen waren, macht ich mich auf den Weg zum Lehrerzimmer. Dort sollte ich auf die Aufsicht warten, die mir meine Aufgaben geben würde. Als ich dort ankam, wartete bereits ein junge vor der Tür. Anscheinend hatte er auch was ausgefressen. Ich warf ihm einen kurzen Blick zu, doch das reichte, um festzustellen, dass er wahnsinnig gut aussah. Er hatte blonde Haare, die ihm in die Stirn fielen. Seine Augen strahlten so blau und intensiv, dass es schwer war, nicht in ihnen zu versinken. Um das Schweigen zu überbrücken sagte ich kurz: "Hi!" Er nickte mir zu. Na dann halt nicht. Toller Gesprächspartner. Aber selbst wenn er hätte reden wollen, hätte es nicht viel gebracht,

denn gerade in diesem Augenblick kam die Aufsicht. Innerlich stöhnte ich auf. Es war niemand anderes als meine Englischlehrerin Mrs. Müller. Großartig. Das würde das schlimmste nachsitzen meines Lebens werden.

Endlich war es vorbei. Das war die schlimmste Doppelstunde meines Lebens gewesen. Aber

jetzt war ich frei. Doch genau in dem Moment, als ich die rettende Tür erreicht hatte, stellte

sich der gut aussehende Typ, der mit mir Nachsitzen hatte, mir in den Weg.

"Entschuldigung, dass ich mich vorhin nicht vorgestellt habe. Ich heiße Paul. Paul Truman."

StalkerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt