Tag 22 // Tag 21

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Tag 22

Wo gehst du hin?

Jo? Wo bist du?

Das ist unser Abschlussball, wieso lässt du mich einfach sitzen?

Ernsthaft, wieso bist du einfach abgehauen?!

Das ist nicht lustig!

Antworte doch bitte mal

Jo?

?

Als ich am nächsten Morgen bei Nathalie aufwachte, las ich die Nachrichten, die unablässig auf meinem Handy eingingen. Sie waren alle von Kyle. Natürlich hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich Kyle sitzen gelassen hatte. Aber ich war eine große Verfechterin dafür, dass Freundschaften vorgingen. Das hatte mich die Zeit mit Zoey und Bianca gelehrt, als Zoey drei Monate mit Matt Doyle ging und in dieser Zeit kaum ein Wort mit uns wechselte. Als sie ihn mit einer Collegestudentin zu Hause erwischte, kam sie schließlich wieder. Also ja, wenn meine beste Freundin ein Problem hatte, ließ ich alles stehen und liegen und fuhr den Fluchtwagen für sie.

Ich quälte mich aus dem Bett, das Nathalie und ich uns die Nacht geteilt hatten, und schrieb ihm eine kurze Nachricht zurück. Dann sah ich auf Nathalie hinab.

»Nat«, flüsterte ich und rüttelte sie sanft an der Schulter, »Nat, steh auf.« Sie grunzte und wälzte sich herum. Ich seufzte und suchte schon mal mein Ballkleid, ehe ich es erneut probierte. Diesmal schlug sie die Augen auf.

»Wie spät ist es?«, fragte sie irritiert.

»Fast neun Uhr«, antwortete ich und schlüpfte aus meinen provisorischen Schlafsachen, die Nathalie mir geliehen hatte, in mein Kleid hinein.

»Kannst du mich nach Hause fahren?«, fragte ich und stupste Nathalie an, die im Begriff war, schon wieder einzuschlafen.

»Nimm doch dein Auto«, murmelte sie und drehte sich wieder herum.

»Das steht zu Hause«, erinnerte ich sie. Nat öffnete wieder die Augen.

»Ach ja«, meinte sie. Dann stemmte sie sich hoch und kroch endlich aus dem Bett. Benommen fuhr sie sich über die Augen und seufzte.

»Okay, los geht's«, sagte sie und lief vor mir die Treppe runter.

»Äh, Nathalie?«, fragte ich leicht irritiert.

»Hm?«

»Willst du so raus gehen?« Nat schaute an sich herunter. Sie trug eine graue Jogginghose und ein weißes Shirt mit einem Comicaufdruck eines Marvel-Helden. Sie hatte nicht mal einen BH an. Dann zuckte sie lässig die Schultern.

»Klar doch.« Gut okay. Ich grinste in mich hinein und folgte ihr zu ihrem Auto.

Als sie mich zu Hause absetzte, frühstückten Mum und Dad gerade. Sie saßen zusammen am Esstisch und musterten mich vielsagend als ich in meinem Ballkleid und barfuß in das Haus rauschte. Ertappt blieb ich stehen.

»Es ist nicht das, wonach es aussieht«, meinte ich. Dad hob nur eine Augenbraue und Mum überlegte offenbar, ob sie mir glauben sollte oder nicht.

»Komm her und erzähl uns von deinem Abschlussball«, sagte Dad und winkte mich auf seinen Nebenplatz.

»Und davon, wo du die Nacht verbracht hast«, schob Mum hinterher. Sie grinste aber, also glaubte ich, dass sie mir nicht böse war. Ich plumpste auf den Platz neben Dad und bauschte mein Kleid so, dass ich nicht versehentlich mit dem Stuhl drüber schrammte.

»Der Abschlussball an sich war recht schön, aber viel Drama um nichts. Aber das gehört nun mal dazu. Ich bin sicher, für irgendjemanden war es richtig gut. Ich bin aber recht schnell mit Nathalie abgehauen. Es ging ihr nicht so gut.« Mum stand auf und holte mir ein Glas Wasser. Dankbar lächelte ich und nippte dran.

The Bucket ListWhere stories live. Discover now